BVB mit magischer Halbzeit gegen Inter Mailand: Bloß keine Ableitungen!

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© getty

Borussia Dortmund hat in der Champions League gegen Inter Mailand nach einer fabelhaften zweiten Halbzeit einen wichtigen Sieg eingefahren - den dritten innerhalb von sechs Tagen. Ob das der Brustlöser für den BVB nach bislang häufig mäßigen Auftritten in dieser Saison ist?

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Als der Schlusspfiff ertönte, ein ganzes Stadion vor Freude laut aufschrie und die Spieler die Hände jubelnd in die Höhe reckten, da machte sich Lucien Favre auf. Der zuletzt kritisch beäugte Trainer von Borussia Dortmund marschierte auf den Platz in Richtung seiner Mannschaft und gab wild gestikulierend einzelnen Akteuren noch ein paar taktische Hinweise mit auf den Weg.

Das meint alles, könnte man nach diesem Szenario mit einem seiner Lieblingssätze über Favre sagen. Der Schweizer, so wird ihm immer wieder vorgeworfen, könne eben nicht aus seiner Haut. "Sehr gut, ja, ja", meinte er kurz vor Mitternacht über die Leistung seiner Elf, als er plötzlich in der Mixed Zone auftauchte und ein paar wenige, schnelle Worte im Kreise der wartenden Journalisten fallen ließ.

Wer Favre mehr Emotionen an diesem dank der Dortmunder Leistungsexplosion im zweiten Abschnitt letztlich magischen Abend zugetraut hätte, der wurde in dieser Hinsicht wohl nicht das erste Mal von ihm enttäuscht. Für die kernigen Worte sind beim BVB andere zuständig.

War das 3:2 gegen Inter der Brustlöser für den BVB?

Zum Beispiel Hans-Joachim Watzke: "Das ist so ein Fußballabend, wie die Leute ihn lieben. Die Stimmung war überragend", sagte der Geschäftsführer der Borussia. "Das war richtiger BVB-Fußball", fand sogar Lizenzspielerchef Sebastian Kehl. "Sehr intensiv, sehr mutig. All das, was wir uns eine ganze Zeit lang erwünscht hatten."

Doch, um erneut mit Favre zu sprechen: Was meint dieses 3:2 nach 0:2-Rückstand gegen Inter Mailand jetzt für den BVB? Welche Auswirkungen haben drei Siege binnen sechs Tagen? War das nun der Brustlöser nach bislang häufig mäßigen Auftritten in dieser Saison?

Rein auf dem Papier betrachtet müsste diese Woche der Borussia einiges an Schub geben: Erst mit Gladbach den Bundesliga-Spitzenreiter nach Rückstand aus dem Pokal gekegelt, dann Wolfsburg die erste Niederlage in der Liga beigebracht, nun die Nerazzurri niedergerungen.

BVB-Spieler wollen nicht von Befreiungsschlag sprechen

Doch Dortmund trat unter Favre, nicht nur in dieser Spielzeit, immer wieder als Borussia Wundertüte auf. Die ersten Halbzeiten der drei genannten Spiele waren allesamt nicht besonders gut, die zweiten dagegen deutlich besser. Auch die Spieler wollten nach dem Sieg gegen Inter partout nicht von einem Befreiungsschlag oder ähnlich Euphorischem sprechen. Bloß keine weitreichenden Ableitungen treffen, schien ihre Devise.

"Wir sind nicht so schlecht gewesen, wie ihr uns vielleicht gemacht habt. Jetzt momentan sieht es wieder anders aus", sagte Watzke an die Medien gerichtet, ließ aber auch Realismus walten: "Das waren jetzt knappe Siege, die uns auch schwergefallen sind."

Dortmund fehlt aktuell weiterhin die Konstanz in den Leistungen, einigen Spielern wie Manuel Akanji, Nico Schulz oder Marco Reus auch schlicht die Form. Qualität ist ohne Zweifel in egal welcher Formation vorhanden, bei der Konsequenz in beide Spielfeldrichtungen hapert es jedoch an einem ausgewogenen Gleichgewicht. Und so kommen dann eben immer wieder solche wellenförmigen Jekyll-and-Hyde-Auftritte heraus.

Hummels mit bemerkenswerter Aussage

Das Wichtigste dabei bleibt: Bilanziert man die Dortmunder Saison zum jetzigen Zeitpunkt, ist alles in Butter. Platz zwei in der Liga, im Pokal im Achtelfinale, die Ausgangsposition in der Königsklasse wunderbar. Schon am Samstag beim Auftritt gegen den FC Bayern in München wird man jedoch sehen, wie viel Aufwind und Selbstvertrauen die Westfalen zuletzt wirklich tanken konnten.

Fünf Niederlagen in Serie mit einem beschämenden Torverhältnis von 3:22 hat Dortmund zuletzt beim ärgsten Rivalen um die Meisterschaft kassiert. "Es geht am Ende darum, dass wir wie gegen Inter dagegenhalten", sagte Ex-Bayer Mats Hummels bei DAZN - und verriet noch Interessantes: "In der vergangenen Saison beim 0:5 war ich noch auf der Bayern-Seite aktiv und da hat der BVB nicht dagegengehalten - da hatte Bayern von Beginn an das Gefühl zu gewinnen."

Genau darum wird es nun am Wochenende in München gehen: Wie energisch, wie offensiv, wie mutig wird Dortmund den zuletzt verunsicherten, aber nach dem Aus von Niko Kovac sicherlich hochmotivierten Bayern begegnen?

Bayern-Spiel für BVB größere Reifeprüfung als Inter

Es ist die letzte Partie vor der letzten Länderspielpause dieses Jahres und das Ende einer Serie von sieben Spielen in 21 Tagen für die Schwarzgelben. Ein positives Ergebnis könnte den BVB, der in den letzten 13 Pflichtspielen übrigens nur die Niederlage in Mailand hinnehmen musste, für den Rest der Hinrunde beflügeln. Das Spiel beim FC Bayern ist daher sowohl aufgrund der zuletzt enttäuschenden Darbietungen beim Rekordmeister, als auch nach den jüngsten drei Erfolgen eine größere Reifeprüfung als das Duell mit Inter.

"Wir sind davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Aber dennoch müssen wir alles kritisch analysieren. Denn wir wissen auch, dass wir unser Potenzial noch nicht vollständig ausgeschöpft haben", sagte Kehl.

Und er ließ zum Schluss seines Statements noch einen Satz folgen: "Das weiß auch der Trainer." Favres Theoriesitzung im Freien nach Spielschluss war der beste Beweis für diese Aussage.

BVB auf Platz zwei in Champions-League-Gruppe F

Pl.TeamSp.SUNDiff.Pkt.
1FC Barcelona422028
2Borussia Dortmund421117
3Inter Mailand411204
4Slavia Prag4022-32
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