BVB - Knieprobleme, Tempodefizit, fehlender Rhythmus: Warum eine Diskussion um Mats Hummels dennoch fehl am Platz ist

Von Stanislav Schupp
Mats Hummels erlebte zuletzt im Topspiel gegen die Bayern einen unglücklichen Abend.
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Nach seinem unglücklichen Auftritt gegen den FC Bayern stand BVB-Abwehrchef Mats Hummels stark in der Kritik. Der Weltmeister läuft seit Monaten seiner Top-Form hinterher. Dennoch ist eine Diskussion unangebracht.

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Als "extrem gebrauchten Tag" betitelte Mats Hummels auf Instagram seinen Auftritt gegen den FC Bayern München am vergangenen Samstag. Vor allem das verlorene Duell gegen Thomas Müller, das dem zwischenzeitlichen Münchner Ausgleich vorausgegangen war, hatte dem 32-Jährigen anschließend reichlich Kritik beschert.

Doch auch wenn Hummels an allen drei Gegentreffern - mindestens unglücklich - beteiligt war, ist eine Diskussion um den Dortmunder Abwehrchef derzeit fehl am Platz. Das hat mehrere Gründe.

"Es ist bekannt, dass Mats Probleme hat, wenn er in Laufduelle gehen musste - das ist dem Alter geschuldet", sagte Bayerns Ex-Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge nach dem Spiel bei Bild TV.

Tatsächlich belegt Hummels laut Opta mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30,5 km/h teamintern bei 28 eingesetzten Spielern in der bisherigen Bundesliga-Saison den 21. Platz. Die durchschnittliche Höchstgeschwindigkeit im Kader der Schwarz-Gelben liegt dabei bei 31,3 km/h - also nur 0,8 km/h über Hummels' Wert. Spitzenreiter Erling Haaland (35,9 km/h) bewegt sich in anderen Sphären. Der Norweger ist Offensivspieler und elf Jahre jünger als Hummels - und Letzterer baut logischerweise mit dem Alter in dieser Kategorie ab.

BVB: Hummels besticht durch Stellungsspiel und Antizipation

Im Vergleich zu seinen Positionskollegen Manuel Akanji (34,4 km/h) und Marin Pongracic (33,1 km/h) weist Hummels dagegen eine deutlich geringere Höchstgeschwindigkeit auf. Gleiches gilt für einen teamübergreifenden Vergleich mit Bayerns Innenverteidigern Niklas Süle (33,7 km/h), Lucas Hernandez (33,9 km/h) und Dayot Upamecano (34,2 km/h). Leverkusens Edmond Tapsoba kommt aber beispielsweise auf die gleiche Höchstgeschwindigkeit wie Hummels.

Und: Hummels war ohnehin nie als Sprinter bekannt. "Ich weiß, dass ich kein Sprinter bin. Aber ich bin nicht so langsam, wie es oft dargestellt wird", sagte Hummels 2019 der Sport Bild: "Wenn man 1 km/h langsamer läuft als der Gegenspieler, heißt das nicht unbedingt, dass man ein Laufduell verliert. Es geht auch darum, wann man startet."

Stattdessen besticht der Weltmeister durch starkes Aufbau- und Stellungsspiel, Antizipation und Luftzweikämpfe. Qualitäten, die ihm in der Regel unnötige Laufduelle ersparen. "Wenn das Spiel auf ihn zukommt und er in der Box ist, dann ist er noch gut", betonte auch Rummenigge.

Hummels gewann in der aktuellen Spielzeit bislang 63 Prozent seiner Liga-Zweikämpfe und blockte neun gegnerische Schüsse ab. Lediglich ein einziges Mal verschuldete er ein Gegentor - den Bayern-Ausgleich durch Robert Lewandowski.

BVB: Hummels-Einsatz alternativlos

Trotz seiner Fähigkeiten ist Hummels zweifelsohne derzeit nicht an seinem Leistungs- beziehungsweise Fitnessmaximum. Das hängt allerdings nicht mit seiner Qualität, sondern mit anhaltenden Knieproblemen und der aktuellen Personalsituation bei den Westfalen zusammen.

Den 76-fachen Nationalspieler plagen langwierige Patellasehnenprobleme, wodurch er bereits die komplette Vorbereitung verpasst hatte. Dennoch absolvierte Hummels in dieser Saison wettbewerbsübergreifend 17 von 22 möglichen Pflichtspielen, davon 15 von Beginn an und sieben über die volle Distanz. In einigen Partien wurde Hummels aus Gründen der Belastungssteuerung vorzeitig ausgewechselt.

Wie sehr ihn die Schmerzen beeinträchtigen, sei "tagesformabhängig", sagte Hummels nach dem Spiel gegen Arminia Bielefeld Ende Oktober bei Sky. "Natürlich ist es mit den ganzen Spielen nicht einfach", gestand er.

Da Dan-Axel Zagadou nach seiner Knie-OP noch nicht im Rhythmus ist und der als Backup verpflichtete Pongracic sowie Emre Can auf dieser Position bislang nicht überzeugten, ist Hummels' Einsatz neben Akanji (26), der im Vergleich zu letzter Saison deutlich konstanter ist, also alternativlos. Der 18-jährige Soumaila Coulibaly, der mit einem Kreuzbandriss im Sommer aus Paris kam, wird derzeit in der U23 aufgebaut und ist noch kein Kandidat für die Profis.

Hummels als Führungsspieler wichtig

Gleichzeitig fehlt den genannten Spielern die Präsenz, die Hummels als Führungsspieler an den Tag legt und die für den BVB von großer Bedeutung ist.

Der Rechtsfuß sorgt mit seiner Erfahrung für defensive Ordnung und ist für die Struktur mindestens genauso wichtig wie Haaland für das Angriffsspiel der Dortmunder.

Hummels muss also über ständige Einsätze, in die er vorbelastet geht, die verpassten Einheiten aufholen und wieder in den Rhythmus kommen. Gleichzeitig besteht bei Dortmunds Dreifachbelastung stets die Gefahr, dass er in seiner Fitness erneut zurückgeworfen wird.

Ein Teufelskreis, bei dem der Abwehrmann noch gar nicht in bester Verfassung sein kann. Hummels selbst sprach von einem "Durchgewurschtel, bis ich wieder in einem perfekten körperlichen Zustand bin".

Als mögliche Verschnaufpause könnte das sportlich unbedeutende Champions-League-Spiel gegen Besiktas Istanbul dienen (Dienstag, 21 Uhr im LIVETICKER).

"Ich muss nochmal mit ihm reden, ob es in seinem Sinn ist, direkt wieder auf dem Platz zu stehen und daran zu arbeiten, dass wir die Dinge wieder besser machen", ließ BVB-Coach Marco Rose Hummels' Einsatz am Montag offen.

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