Benfica Lissabon und die Sache mit den Mitgliedern: Tanken für den Klub

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Wenn der FC Bayern München und Benfica Lissabon am Mittwoch (21 Uhr bei DAZN und im LIVETICKER ) in der Champions League aufeinandertreffen, duellieren sich die beiden mitgliederstärksten Klubs der Welt. Bei Benfica wurde dabei ein kleines bisschen nachgeholfen.

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"E pluribus unum", so lautet das offizielle Klub-Motto von Benfica, so prangt es sogar auf dem Logo unter dem goldenen Adler: "Aus vielen eines". Und sie sind verdammt viele bei Benfica, mit Stand 30. Juni 2021 nach eigener Angabe exakt 244.065. So viele Mitglieder hat der Klub aus der portugiesischen Hauptstadt Lissabon und ist damit der zweitgrößte der Welt.

Übertroffen wird Benfica in dieser Wertung lediglich vom anstehenden Gegner in der Champions League, dem FC Bayern München mit seinen rund 293.000 Mitgliedern. Während deren Anzahl über die Jahre einfach so munter vor sich hin wuchs, wurde bei Benfica ein kleines bisschen nachgeholfen.

Hauptverantwortlich dafür ist Luis Filipe Vieira. Ein portugiesischer Geschäftsmann, der Benfica von 2003 bis Juli dieses Jahres als Präsident vorstand - ehe er wegen Verdachts auf schweren Betrug, Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung und Veruntreuung verhaftet wurde. Seitdem muss sich der 72-Jährige mit Prozessen herumschlagen, zu seinem Nachfolger als Benfica-Präsident wurde vor wenigen Tagen der ehemalige Weltklassespieler Rui Costa gewählt.

Benfica Lissabon schaffte es ins Guinessbuch der Rekorde

Vieira übernahm 2003 einen Klub mit ruhmreicher Vergangenheit und trostloser Gegenwart, der letzte Meistertitel lag neun Jahre zurück. International gab es wegen des Guttmann-Fluchs sowieso nichts zu holen. Der legendäre ungarische Trainer Bela Guttmann hatte sich nach dem zweiten Gewinn des Europapokals der Landesmeister 1962 mit der Klubführung überworfen und bekanntlich prophezeit, dass Benfica "in Europa 100 Jahre keine Titel mehr gewinnen wird".

Wenn es international schon keine Trophäen zu holen gibt, so wollte Vieira aus Benfica wenigstens den größten Klub der Welt machen. Mehr Prestige, neue Einnahmequellen. Im Zuge des ersten Meistertitels nach elf Jahren unter Trainer Giovanni Trapattoni startete Vieira im Juni 2005 bei einem Mitgliederstand von rund 100.000 eine Kampagne mit dem offiziellen Ziel, auf lange Sicht die Marke von 500.000 zu knacken. Wenn es bis Oktober aber nicht mindestens 300.000 werden, wolle er zurücktreten. "Niemand stoppt Benfica, schon gar nicht mit dieser neuen Mitgliederkarte", tönte Vieria.

Luis Filipe Vieira fungierte von 2003 bis 2021 als Benfica-Präsident und war der Urheber der Mitgliederanwerbungs-Kampagnen.
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Luis Filipe Vieira fungierte von 2003 bis 2021 als Benfica-Präsident und war der Urheber der Mitgliederanwerbungs-Kampagnen.

Um den Fans eine Mitgliedschaft schmackhaft zu machen, dachten sie sich bei Benfica nämlich einiges aus. Ein Starterpaket für 55 Euro beinhaltete den Mitgliedsbeitrag für vier Monate, Tickets für zwei Ligaspiele sowie etliche Vergünstigungen bei diversen Partnern. Von Banken über Telekommunikations-Unternehmen bis hin zu TV-Anstalten und Tankstellen. Bei Repsol sparte man als Benfica-Mitglied pro Liter Benzin beispielsweise drei Cent. Der Einfachheit halber wurden die Starterpakete auch direkt in den Tankstellen angeboten, bald gab es landesweit 3796 Verkaufsstandorte.

Tatsächlich schnellte die Mitgliederzahl daraufhin in die Höhe, von der anvisierten Marke von 300.000 war Benfica im Oktober 2005 jedoch weit entfernt. Statt wie angekündigt zurückzutreten, machte Vieira aber einfach weiter - und rühmte sich mit den Erfolgen. 2006 bekam Benfica mit 160.398 Mitgliedern einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde als der am besten unterstützte Klub der Welt.

2014 überholte der FC Bayern München Benfica

Vieira sprach daraufhin davon, dass Benfica bis 2011 ein "europäischer Koloss, wenn nicht sogar ein weltweiter" sein werde: "Ich bin frustriert, mit Benfica noch keinen europäischen Titel geholt zu haben. Aber ich glaube, dass wir das bald nachholen werden." Bis heute wurde der Guttmann-Fluch jedoch nicht durchbrochen, 2013 und 2014 scheiterte Benfica jeweils erst im Europa-League-Finale.

Nach der zweiten Finalniederlage rief der Klub die "aggressivste" Kampagne zur Mitgliederanwerbung der Geschichte aus, beim damaligen Stand von bereits über 200.000 sprach Vieira wieder von der magischen Marke von 300.000. "Spieler werden ohne einen guten Trainer nicht Meister, der Trainer nicht ohne die Unterstützung der Direktoren - und der Klub ist nichts ohne seine Mitglieder", verkündete Vieira.

Im Rahmen der Kampagne wurden 4,5 Millionen Registrierungsbögen für Mitgliedschaften versendet. In dem Land mit seinen knapp zehn Millionen Einwohnern bekam also fast jeder zweite Post von Benfica. Dies dürfte sich auch mit der Anzahl an Sympathisanten gedeckt haben. Einer damaligen UEFA-Studie zufolge halten es 47 Prozent aller Portugiesen mit Benfica. Kein europäischer Klub habe in seinem Land eine höhere Quote.

Einen ähnlich großen Sprung wie die erste Kampagne bescherte dieser Vorstoß aber nicht mehr. Stattdessen überholte der FC Bayern Benfica im Herbst 2014 als mitgliederstärkster Klub der Welt ganz ohne aggressive Anwerbungen - und baute seinen Vorsprung seitdem aus.

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