BVB - Kommentar zur Saison 2020/2021 von Borussia Dortmund: Achtung, Verdunkelungsgefahr!

Der BVB beendete eine von vielen Krisen überschattete Saison auf dem dritten Tabellenplatz.
© getty

Mit einem starken Endspurt hat Borussia Dortmund aus einer lange enttäuschenden eine fast sehr gute Saison gemacht. Wichtig für den BVB wird nun sein, die Haare in der Suppe nicht zu übersehen. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Tittmar.

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Im Falle von Borussia Dortmund lässt sich nun, nach Abschluss der Saison 2020/21, sagen: Fußball ist nicht nur das viel zitierte Tages-, sondern auch Wochengeschäft. Vor sieben Wochen oder 50 Tagen noch stand der BVB nach der Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt vor einem Scherbenhaufen, die sportlich wie wirtschaftlich essentiell wichtige Qualifikation für die Champions League lag sieben Spieltage vor Schluss sieben Punkte entfernt.

Damals war weder für die SGE, noch die Borussia absehbar, wie extrem, konträr und damit überraschend die Entwicklungen der nächsten 50 Tage verlaufen würden. Die vorläufigen Fazite, die seinerzeit gezogen waren, kamen mit dem Wissen von heute verfrüht und müssen nun modifiziert werden - besonders beim BVB.

Die Bilanz der Westfalen lautet: Platz drei in der Liga inklusive CL-Qualifikation, mit dem Pokalsieg den ersten Titel seit vier Jahren in der Tasche und in der Königsklasse steht ein achtbares Aus im Viertelfinale gegen den potentiellen Sieger Manchester City. Die gesteckten Saisonziele sind somit alle erreicht worden, wenngleich 64 erzielte Punkte kein Ruhmesblatt für diesen Verein sind, der sich gerne näher an Dauer-Meister FC Bayern München wähnen würde.

Auch die Entscheidung der Verantwortlichen, Trainer Lucien Favre durch dessen Co Edin Terzic zu ersetzen, trug schließlich Früchte. Unter ihm legte Dortmund im Endspurt die längste Siegesserie aller Teams in dieser Bundesligasaison hin. Die Spielzeit des BVB verdient sich somit beinahe ein "Sehr gut" - wäre da nicht die Zeit vor diesen sieben Dreiern am Stück.

BVB-Schlussspurt erhöht Verdunkelungsgefahr

In diesem Teil der Saison muss die Bewertung nicht modifiziert werden: Für einen Verein wie den BVB ist ein Trainerwechsel immer eine Niederlage, so wie zehn Pleiten in 34 Partien zu viele Niederlagen sind. Die Zusammenstellung des Kaders ist zu kritisieren, denn viel zu selten harmonierten die Spieler miteinander und spiegelten so oft die Wankelmütigkeit vieler Auftritte des BVB wider. In zahlreichen Phasen trat die Mannschaft zudem weniger als Team und vielmehr als Ansammlung potentiell guter Einzelspieler auf, der eine gemeinsame Basis und Struktur fehlten.

Durch den starken Schlussspurt besteht nun eine gewisse Verdunkelungsgefahr: In erster Linie dürfen die Verantwortlichen des BVB, aber auch sein Umfeld, nicht schönreden oder gar glorifizieren, was in weiten Teilen des Jahres falsch lief. Denn diese Spielzeit war der nächste eindrucksvolle Beleg dafür, wie rätselhaft diese Mannschaft sein kann. Es muss nun dringlichste Aufgabe sein, dieses Rätsel zu entschlüsseln und zugleich aufzuklären, weshalb das Team erst dann lieferte, als es das Messer an der Kehle spürte.

Am Ergebnis dieser Ermittlungen werden die für diesen diffusen Umstand mitverantwortlichen Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc in der neuen Saison gemessen. Den Trend sportlich umkehren muss dann der künftige Cheftrainer Marco Rose, der nach seinem unrühmlichen Ende in Gladbach mit und ohne Terzic als Co-Trainer von Beginn an gewaltig unter dem öffentlichen Brennglas stehen wird.

BVB: Nach dem Druck ist vor dem Druck

Es ist nach dem Abgang von Jürgen Klopp 2015 das nächste neue Kapitel, das der BVB nun mit Rose, dem seither sechsten Trainer, aufzuschlagen versucht. Wie der Maßstab dafür aussieht und für einen Verein von dieser wirtschaftlichen Dimension auch aussehen muss, haben die vergangenen Wochen vorgegeben. Mittel- bis langfristig wird es gerade im Umgang mit der Pandemie und ihren finanziell verheerenden Auswirkungen auch darum gehen, den Klub zu stabilisieren und weiter in Richtung einer erfolgreichen Zukunft zu manövrieren, die in absehbarer Zeit ohne die beiden Urgesteine Watzke und Zorc bestritten werden muss.

Die 50 Tage seit Frankfurt haben beim BVB für Erfolg und bei den Protagonisten wohl wahr auch für eine gewisse Entspannung nach einem intensiven Jahr gesorgt. Mit Blick auf die Gemengelage in der neuen Saison ist jedoch klar: Nach dem Druck ist nur vor dem Druck.

BVB - Die Saison von Borussia Dortmund im Überblick

WettbewerbSpieleSiegeUnentschiedenNiederlagenTorverhältnisPlatzierung
Bundesliga342041075:46Dritter
DFB-Pokal660020:3Pokalsieger
Ch. League1052319:13Viertelfinale
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