Mats Hummels vom BVB im Interview: "Ich will ganz deutlich sagen: Es hat nichts mit der Trainerposition zu tun"

Von Sascha Staat
Borussia Dortmund, SC Paderborn 07
© Getty

Das 3:3-Unentschieden gegen Schlusslicht SC Paderborn 07 lässt bei Borussia Dortmund viele Fragen offen. Mangelhaftes Pressing, viele leichte Ballverluste und unerklärliche Fehler lassen den BVB immer mehr in die Krise schlittern. Entsprechend eindeutig fiel die Analyse von Abwehrchef Mats Hummels nach dem Spiel in der Mixed Zone aus.

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Im Interview spricht Hummels über die schwache Leistung der Borussia, die Pfiffe der Fans und die Zukunft von Trainer Lucien Favre.

Frage: Herr Hummels, der BVB lieferte gegen Paderborn eine grottenschlechte erste Halbzeit ab. Wie lässt sich diese Leistung erklären?

Mats Hummels: Erst einmal mit zu billigen Gegentoren: drei Konter beziehungsweise lange Bälle, bei denen sie uns einfach davonlaufen. Ganz simpel. Das war die einfachste Art von Fußball und unser ganz großes Problem - einfache Ballverluste. Wir verlieren Bälle in Situationen, in denen der Gegner nicht einmal Druck auf uns ausübt. Das ist unser größtes Manko. Auch sonst war nicht viel Gutes dabei.

Frage: Inwiefern lag es auch am schwachen Dortmunder Pressing und Anlaufverhalten?

Hummels: Wir haben das Pressing in der ersten Halbzeit nicht hundertprozentig durchgezogen. Respekt an Paderborn, wie sie das gemacht haben. Sie haben wirklich mit Ruhe da heraus gespielt und sich von unserem nicht guten Pressing nicht beeindrucken lassen, sondern sind ruhig geblieben. Dann hatten sie in allen drei Szenen, die zu den Toren geführt haben, einen Geschwindigkeitsvorteil. Das waren heute viele Mankos in der ersten Halbzeit. Es fällt schwer, gute Sachen zu finden. Das war in fast allen Belangen viel zu wenig von uns und das wissen wir auch. Ich glaube nicht, dass jemand mit irgendeinem anderen Gefühl hier raus geht.

Frage: Hat es denn in der Pause ein reinigendes Gewitter gegeben?

Hummels: Erst einmal hat der Trainer gesagt, dass wir aus dem Spiel noch nicht raus sind. Wir müssen nur ein Tor schießen und dann kommen wir wieder rein. Dann entwickeln wir vielleicht auch nochmal diese Dynamik, um das zu schaffen. Ich fand die Unterstützung der Fans in der zweiten Halbzeit heute bemerkenswert, weil wir auch nach dem 1:3 Phasen hatten, wo es nicht so gut funktioniert hat, obwohl wir wollten. Trotzdem war immer wieder der Support da und ist wieder aufgekeimt. Das hat uns noch geholfen, um am Ende die Tore zu machen. Ganz elementar war natürlich, dass wir auf ein 4-1-4-1 umgestellt haben. Mit dem Ball und gegen den Ball hat uns das sehr geholfen.

Frage: Marco Reus sagte, dass die Mannschaft nicht wüsste, wie sie richtig Pressing spielen müsse. Wie sehen Sie das?

Hummels: Sagen wir so, wir tun uns im 4-1-4-1 leichter zu pressen. Ich belasse es dabei.

Frage: Die Dortmunder Fehler wiederholen sich in dieser Saison. Warum kommt der BVB nicht von der Stelle?

Hummels: Weil sich jeder bewusst sein muss, dass das wichtig ist und diese Fehler der Mannschaft viel kosten. Ich rede vor allem von einfachen Ballverlusten und Unkonzentriertheit. Und von Situationen, in denen man ohne Druck des Gegners den Ball dem Gegner in den Fuß oder ins Aus spielt. Davon haben wir einfach zu viele. Ich war jetzt drei Jahre in München und da wird es ganz groß geschrieben, dass das nicht passiert. Es ist ein absolutes Qualitätsmerkmal für Topmannschaften, dass man einen Gegner mit dem Ball kontrolliert und dominieren kann. Das schaffen wir überhaupt nicht, weil wir den immer viel zu leicht hergeben.

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Frage: Wie schon gegen Inter in der Champions League kam der BVB nach Rückstand zurück. Muss der Mannschaft immer erst das Wasser bis zum Hals stehen, um besser zu spielen?

Hummels: Das lässt sich aktuell nicht ganz von der Hand weisen.

Frage: Es scheint ja auch kein fußballerisches Problem zu sein, wenn man die eklatanten Unterschiede zwischen den Halbzeiten sieht.

Hummels: Wir können das schon. Das ist Konzentration, Fokussierung. Manchmal sind es auch inhaltliche Dinge, wenn man sieht, dass wir uns nach der Umstellung von 4-2-3-1 auf 4-1-4-1 leichter getan haben. Aber Konzentration und Fokus auf die relevanten Dinge im Fußball sind bei allem Talent, das wir haben, ganz wichtig.

Frage: Es stehen ausreichend erfahrene Spieler auf dem Platz. Warum gelingt es denen nicht, den Rest der Mannschaft mitzureißen?

Hummels: Es ist nicht so, dass wir nicht auch Fehler machen würden. Ich glaube, dass wir das als Mannschaft insgesamt machen. Das kann man nicht von den Alten abwenden und auf die Jungen abwälzen.

Frage: Sehen Sie das Saisonziel gefährdet?

Hummels: Über große ganze Dinge muss ich jetzt nicht reden. Schauen wir mal, wie sich alles bis zur Winterpause noch entwickelt und auch danach.

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Frage: Von den Rängen gab es viele Pfiffe. Nachvollziehbar aus Ihrer Sicht?

Hummels: Ja, die gab es heute absolut zurecht. Die müssen wir nicht wegdiskutieren. Nach dem Abpfiff kann man auch pfeifen. Ein 3:3 nach einem 0:3 ist immer etwas wert, aber im Gesamtkontext kann man auch die Pfiffe nach Spielende nachvollziehen.

Frage: Es wurde nicht nur gepfiffen, einige Fans haben auch die Entlassung des Trainers gefordert. Was sagen Sie dazu?

Hummels: Das habe ich nicht gehört und das hat jetzt auch keinerlei Relevanz für mich. Wir müssen einfach besser spielen. Wir auf dem Platz sind es definitiv, die diese Fehler machen. Ich will ganz deutlich sagen, dass es nichts mit der Trainerposition zu tun hat, wenn wir ohne Druck die Bälle herschenken.

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