FC Bayern München - Martin Demichelis im Interview: "Nebenher habe ich immer was verkauft: Zeitungen, Eis oder Eier"

Martin Demichelis wechselte 2003 für fünf Millionen Euro von River Plate zum FC Bayern München.
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Wie eng ist Ihr Austausch mit Profi-Trainer Julian Nagelsmann?

Demichelis: Julian und sein Staff sind sehr offen und wir stehen regelmäßig im Austausch. Ich versuche, jede Trainingseinheit von Julian anzuschauen. Wenn ich es zeitlich nicht schaffe, besorge ich mir nachher das Video. Julian hat großes Interesse daran, unseren jungen Spielern Chancen zu geben. Er kennt den Vornamen jedes U19- und Reservespielers. Das finde ich super.

Wie tickt Nagelsmann als Trainer?

Demichelis: Mich fasziniert seine Energie. Er gibt viele Kommandos, lässt sich aber auch auf Diskussionen mit seinen Spielern ein. Er will weniger lange Ballbesitz-Phasen, sondern ganz schnell vors Tor kommen.

Hat die Spielphilosophie des aktuellen Profi-Trainers beim FC Bayern Einfluss auf Ihre Arbeit und die der Nachwuchs-Trainer?

Demichelis: Alle Trainer des FC Bayern arbeiten nach dem gleichen Prinzip: Wir stehen für dominanten Fußball. Das taktische System kann sich jeder Trainer selbst aussuchen. Viele unserer Gegner in der Regionalliga spielen nur mit langen Bällen. Das ist vielleicht die beste Idee für ihre Mannschaften. Aber ich kann als Trainer der Bayern-Reserve nicht mit so einer Taktik spielen. Das bringt nichts für die Entwicklung der Jungs.

Wie ist der Ablauf, wenn ein Spieler aus Ihrer Mannschaft bei den Profis mittrainiert?

Demichelis: Manchmal braucht Julian einen Spieler für eine bestimmte Position. Manchmal darf sich ein Spieler unabhängig von seiner Position oben zeigen, nachdem er bei uns sehr gute Leistungen gezeigt hat. Das entscheiden wir immer gemeinsam. Vor der USA-Reise haben wir ihm zum Beispiel vorgeschlagen, David Herold mitzunehmen.

"Julian und sein Staff sind sehr offen und wir stehen regelmäßig im Austausch": Julian Nagelsmann trainiert beim FC Bayern die Profis, Martin Demichelis die Reserve.
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"Julian und sein Staff sind sehr offen und wir stehen regelmäßig im Austausch": Julian Nagelsmann trainiert beim FC Bayern die Profis, Martin Demichelis die Reserve.

Mit dabei war Gabriel Vidovic, der seit diesem Sommer fester Teil der Profimannschaft ist. Was zeichnet ihn aus?

Demichelis: Gabi hat unglaubliche fußballerische Qualitäten. Aber seine womöglich größte Stärke ist sein Charakter. Er hat eine unglaubliche Mentalität. Diego Simeone wurde mal gefragt, welchen Spielertypen er am liebsten hat, und er meinte: den Intelligenten. Gabi ist ein sehr intelligenter Junge mit einem geduldigen Umfeld. Viele Talente werden von ihren Eltern, Freunden, Beratern oder Sponsoren zu früh unter Druck gesetzt. Bei ihm ist das nicht der Fall. Er ist ein sehr bodenständiger junger Mann.

Was ist seine ideale Position?

Demichelis: Er ist in der Offensive sehr flexibel einsetzbar, kann auf den Flügeln und in der Mitte spielen. Intelligente Spieler wie er können sich an alle Systeme anpassen.

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Wie ist Ihr erster Eindruck vom hochgehandelten Neuzugang Lovro Zvonarek?

Demichelis: Vor eineinhalb Jahren war er zum Probetraining hier. Wie er sich in der Zwischenzeit entwickelt hat, ist super. Er hat sich sehr schnell integriert und spricht schon gut Deutsch.

Bei den Profis dürften die beiden zunächst nicht allzu viele Chancen bekommen, die Regionalliga unterfordert sie womöglich. Würden Sie Vidovic und Zvonarek Leihen empfehlen?

Demichelis: Für mich sind wir kein Regionalligist, sondern die zweite Mannschaft des FC Bayern. Das ist etwas anderes. Unsere Talente dürfen am gleichen Trainingsgelände wie die Profis trainieren, manchmal sogar mit ihnen. Hier können sie sich regelmäßig mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Lucas Hernandez oder Dayot Upamecano messen. Philipp Lahm, David Alaba oder Toni Kroos haben erst nach ihrer Leihe den Durchbruch in unserer ersten Mannschaft geschafft. Aber generell finde ich, dass diese Talente den FC Bayern nicht zu früh verlassen sollten.