FC Bayern: Julian Nagelsmann hat Kommunikation "vermutlich unterschätzt"

Von Justin Kraft
Julian Nagelsmann blickt kritisch auf seine erste Saison beim FC Bayern München zurück.
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Julian Nagelsmann blickt kritisch auf seine erste Saison beim FC Bayern München zurück. Im zweiten Jahr wolle er deshalb "etwas von meinem Weg abweichen", wie er im Interview mit der FAZ verraten hat.

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"Ich habe vermutlich unterschätzt, dass das Vieraugengespräch im Büro für manche Spieler bedeutender ist, als ich es mir als Trainer vielleicht vorgestellt hatte", analysierte der 35-Jährige: "Dementsprechend habe ich zu wenige Gespräche geführt, die für die Spieler bedeutend sind. Sie müssen spüren, dass sie wahrgenommen werden. Das ist ein wichtiges Learning gewesen."

Die Kommunikation mit den Führungsspielern sei das wichtigste Learning aus seinem Debütjahr gewesen: "Wie ich sie mitnehme, wie sich sie an meinen Ideen teilhaben lasse." Gleichzeitig wolle Nagelsmann auch im sportlichen Bereich Dinge verändern.

Als Trainer sei er bisher vor allem mit verschiedenen Übungen erfolgreich gewesen, die auch mal komplex oder bewusst überfordernd wären. Auch die Anpassung an den Gegner habe eine große Rolle gespielt.

"Beim FC Bayern waren die Spieler das so nicht gewohnt", sagte Nagelsmann: "In den ganz großen Klubs passt man sich auch eher nicht so sehr an den Gegner an." Die Gegnervorbereitung werde er deshalb in Zukunft verkürzen.

Julian Nagelsmann: Bayern hat "Glauben an den Weg" verloren

"In der Rückrunde haben wir den Glauben an den Weg des variablen Spiels ein bisschen verloren", erzählte der Ex-Leipziger. "Dieses FC-Bayern-Selbstverständnis - man steigt aus dem Bus aus und führt schon 2:0" sei etwas verloren gegangen.

Nagelsmann verlangt von seinen Spielern, dass sie "so viel Vertrauen in unsere Abläufe haben, dass wir sagen: Ein 0:3 holen wir auf!" Dann werde der Klub auch erfolgreich sein. Dass er auf diesem Weg vor allem medial in eine wichtige Moderationsrolle gerückt ist, störe ihn nicht so sehr. "Ich halte auch was aus", so der gebürtige Landsberger.

Lediglich die manchmal falsche Kontextualisierung seiner Aussagen sei ein Problem. "Was am nervigsten ist: dass die Fragen meistens nicht wiedergegeben werden", beschwerte sich Nagelsmann und nannte beispielhaft die Reaktionen auf seine Aussagen zu Harry Kane: "Ich habe eine harmlose Antwort gegeben. Dann hieß es: Das ist respektlos. Es hat aber keiner geschrieben, dass mein Vorstandsvorsitzender eben auch schon etwas zu Harry Kane gesagt hatte und dass genau das die Frage war."

Nagelsmann über öffentliche Interna: "Alle wollen Druckmittel"

Moderieren muss Nagelsmann auch viele Interna, die in der Öffentlichkeit auftauchen. Auf die Frage, wie er damit umgehe, dass nahezu alles früher oder später in der Bild stehe, antwortete der Bayern-Coach diplomatisch: "Im Fußball werden Informationen durchgesteckt, weil es viele Interessengruppen gibt. Alle wollen Druckmittel haben." Gut finde er das nicht, "aber damit muss man als Trainer leben können."

Ihm sei dabei auch klar, dass seine neue Beziehung mit einer Bild-Reporterin Angriffsfläche bietet. "Ich will sicher nicht meiner eigenen Karriere schaden", sagte Nagelsmann: "Als Trainer bist du zu 100 Prozent davon abhängig, wie deine Spieler deine Ideen umsetzen. Ich verstehe wirklich, dass dieser Vorwurf kommen kann. Aber in welchem Interesse sollte ich etwas erzählen?"

Und wenn er es doch tun würde, wäre er "der Erste, der entlassen wird." Er und die Spieler hätten alle das gleiche Ziel: "Wir wollen Erfolg. Ich habe deswegen kein Problem, Vertrauensverhältnisse aufzubauen."

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