FC Bayern München - Rico Strieder im Interview: "In der Bayern-Kabine gab es richtige Socken-Schlachten"

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Rico Strieder durchlief die Jugend des FC Bayern München und machte 2015 ein Pflichtspiel für die Profis, ehe er sieben Jahre in den Niederlanden verbrachte. Derzeit ist der 30-jährige Mittelfeldspieler auf Klubsuche - und nutzte die Zeit für ein ausführliches Interview mit SPOX und GOAL.

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Strieder erzählt von seinem Vertrauensverhältnis zu Trainer Erik ten Hag, von Socken-Schlachten in der Bayern-Kabine, Versäumnissen seiner Ex-Klubs und von seinem Psychologie-Studium.

Herr Strieder, Sie sind seit Ihrem Abschied von PEC Zwolle zum Ende der vergangenen Saison vereinslos. Wie sieht ihr Alltag aus?

Rico Strieder: Aktuell bin ich mit meiner Frau und Familie zuhause in München. Ich halte mich nach einem individuellen Trainingsplan fit und bin motiviert für eine neue sportliche Herausforderung. Darüber hinaus treibe ich mein Psychologie-Studium voran. Wenn alles nach Plan läuft, bin ich in zwei Jahren fertig. Für die kommenden zwei bis drei Jahre möchte ich den Fokus aber auf meinen nächsten Verein richten und anschließend die Erfahrungen als Fußballprofi und aus dem Psychologie-Studium verbinden.

Wie läuft die Klub-Suche?

Strieder: Es gab schon einige Anfragen aus dem Ausland. Aber nichts, was mich völlig überzeugt hat. Nach sieben Jahren in Holland würde ich am liebsten nach Deutschland zurückkehren. Meine Frau hat kürzlich ihr Zahnmedizin-Studium abgeschlossen und könnte jetzt anfangen zu arbeiten. Da muss man sich gut überlegen, ob man nochmal ins Ausland geht. Das muss in unserer Überlegung berücksichtigt werden. Ein interessantes Abenteuer im Ausland, das auch einen kulturellen Anreiz bietet, könnte jedoch auch ein spannendes Projekt sein.

Käme eine Rückkehr zur Reserve des FC Bayern in Frage?

Strieder: Ich könnte mir gut vorstellen, nochmal für die Reserve zu spielen und den jungen Spielern dort zu helfen. Zu meiner Zeit hatten wir mit Stefan Buck und Tobi Schweinsteiger zwei Routiniers in der Mannschaft, von denen ich viel gelernt habe. Das fand ich cool.

Rico Strieder: Seine bisherigen Karriere-Stationen

ZeitraumKlubPflichtspieleToreAssists
2011 bis 2015FC Bayern II9435
2015FC Bayern1--
2015 bis 2020FC Utrecht10856
2020 bis 2022PEC Zwolle56-1

Zurück zu Ihrem Psychologie-Studium: Wie kamen Sie auf die Idee, sich ein zweites Standbein aufzubauen?

Strieder: Es war schnell klar, dass ich nach meiner aktiven Karriere nicht ausgesorgt haben werde. Und auch wenn, könnte ich mir nicht vorstellen, danach nichts mehr zu tun. Als Fußballer hat man relativ viel Zeit und kann nebenher ohne Zeitdruck ein Studium oder eine Ausbildung vorantreiben.

Wurden Sie von einem Ihrer Klubs dazu animiert, sich nebenher weiterzubilden?

Strieder: Nein, weder bei Bayern noch in Holland. Bei Bayern wurde zu meiner Zeit nicht besonders Wert darauf gelegt, dass jeder die Schule abschließt. Wer abbrechen wollte, konnte das ohne Widerrede tun. Ich habe die Schule eher wegen des Drucks meiner Eltern fertig gemacht. Bei der Reserve gab es mal eine Infoveranstaltung über mögliche Karrierewege neben dem Fußball. Meiner Meinung nach müssten die Klubs diesbezüglich viel mehr anbieten.

Was sind Ihre Pläne mit dem Psychologie-Studium?

Strieder: Meine Wunschvorstellung ist es, als Sportpsychologe zu arbeiten. Das finde ich spannend. Ich habe im Laufe meiner Karriere schon öfter die Erfahrung gemacht, dass der Kopf wichtiger ist als das Talent. Manchmal habe ich mich im Kopf müde gefühlt, obwohl meine Beine noch fit waren. Dann haben die einfachsten Sachen nicht funktioniert. Wenn man in so einer Situation etwas im Kopf umstellt, kriegt man neue Kraft.

Hatten Sie bei Ihren bisherigen Klubs Zugang zu Sportpsychologen?

Strieder: Bei Bayern gab es das in der Jugend gar nicht, bei den Profis nur unregelmäßig. In Utrecht hatten wir einen Sportpsychologen, der mehrmals pro Woche vor Ort war. Er hat Vorträge vor der ganzen Mannschaft gehalten. Danach durfte jeder individuell Termine mit ihm ausmachen. Ich habe das gerne wahrgenommen, die meisten Kollegen aber eher nicht. Es ist ein Problem im Fußball, dass die Arbeit mit einem Psychologen oft als Eingeständnis von Schwäche gesehen wird.

Zuletzt spielte Strieder zweieinhalb Jahre lang für PEC Zwolle in der niederländischen Eredivisie.
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Zuletzt spielte Strieder zweieinhalb Jahre lang für PEC Zwolle in der niederländischen Eredivisie.

Inwiefern hilft Ihnen Ihr Psychologie-Studium?

Strieder: Dank meines erlernten Wissens bleibe ich in schwierigen Situationen ruhiger. Das hilft natürlich auch in der aktuellen Situation.

Welche Auffanghilfen gibt es für Profis, deren Verträge auslaufen?

Strieder: Wenn dein Vertrag in Holland ausläuft, bekommst du als Überbrückungsgeld ein Drittel deines letzten Gehalts multipliziert mit der Anzahl der Jahre, die du bei deinem letzten Klub gespielt hast. Für mich von Vorteil war darüber hinaus, dass meine Frau und ich bei unseren Familien kurzfristig unterkommen konnten.

Haben Sie in Ihrem alten Zimmer noch Fußball-Poster an der Wand gefunden?

Strieder: Vor ein paar Jahren wurde etwas umgestellt und da wurden alle abgenommen. Aber ich habe Autogrammkarten von Giovane Elber und Carsten Jancker gefunden - das ist schon eine kleine Zeitreise.

Inwiefern unterstützt Sie in Ihrer aktuellen Situation Ihr Berater?

Strieder: Der fokussiert sich aktuell in erster Linie auf die Vereinssuche. Natürlich bietet die Agentur dahinter auch weitere Leistungen an. Manche Spieler lassen sich von ihren Beratern den Großteil abnehmen, aber ich behalte gerne den Überblick und die Kontrolle. Um Dinge wie Krankenversicherungen oder Bank-Konten kümmere ich mich lieber selber.

Wann hatten Sie Ihren ersten Berater?

Strieder: Als ich 16 Jahre alt war, hat mich Roman Grill angerufen und gefragt, ob ich schon einen Berater habe oder er mich beraten darf. Das habe ich meinem damaligen Trainer erzählt und er hat mir dazu geraten.