BVB startet mit alter Baustelle in die Rückrunde: Haaland löst kein Problem

Erling Haaland wechselte im Winter für 20 Millionen Euro zu Borussia Dortmund.
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Sieben Punkte gilt es aufzuholen: Der BVB startet am Samstag beim FC Augsburg (15.30 Uhr im LIVETICKER) in die Rückrunde. Durch den Transfer von Erling Haaland macht sich in Dortmund Euphorie breit, doch der neue Stürmer löst kein altes Problem beim BVB.

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Erling Haaland spricht, winkt, schreibt Autogramme, lächelt in fremde Frontkameras, hält schwarze-gelbe Trikots hoch. Manchmal isst er sogar oder atmet. Alle Augen sind auf ihn gerichtet. Als nächstes soll er Tore schießen.

Der Norweger war eben das Thema dieser Winterpause. Michael Zorc und Co. warnen einerseits vor zu hoher Erwartungshaltung von Medien und Fans, doch der Hype um Haaland ist auch vom BVB selbst induziert.

"Ich glaube, seit Lewy hatten wir so einen Spielertypen nicht mehr", sagte Marco Reus im Sky-Interview. Haaland verleihe dem BVB "mehr Killerinstinkt" und "Gier auf Tore", sagte Zorc der Sportschau. "Haaland hilft uns weiter! Er hat etwas Besonderes", versicherte Lucien Favre dem kicker.

Ohne Frage, der 19-jährige Neuzugang von Red Bull Salzburg bringt eine neue Komponente ins Dortmunder Spiel. Haaland sei "ein echter Stürmer, der sich meistens zwischen den Innenverteidigern aufhält, den nachrückenden Mittelfeldspielern aber auch gern entgegenkommt. Wenn er auf dem Platz ist, müssen wir ein paar Korrekturen vornehmen", sagte Favre. Doch offensiv läuft es ohnehin ganz gut.

BVB: Offensiv gut - defensiv anfällig

41 Tore erzielte Dortmund in der Hinserie. Nur Bayern (46) und Leipzig (48) trafen öfter. Dortmunds größtes Problem, das selbst "Heiland" Haaland nicht beheben kann, ist die Defensive. 24 Gegentore kassierte der BVB - damit ist Dortmund auf einem Level mit Union Berlin. Aus der oberen Tabellenhälfte kassierte nur Hoffenheim (25) mehr Buden.

"Definitiv", antwortete Favre daher auf die kicker-Frage, ob ihm die Defensive mehr Sorgen bereite als die Offensive.

Immerhin: Am System liegt es nicht. Auch nach der Umstellung von 4-2-3-1 (von Favre bevorzugt) auf 3-4-3 (nach dem einschneidenden 3:3 gegen Paderborn) musste Roman Bürki in sechs Spielen siebenmal hinter sich greifen. Spielerisch lief es mit Dreierkette und den höher agierenden Außenspielern besser. Auf die nackten Zahlen in der Defensive hatte die Systemumstellung aber keinen Effekt.

Bundesliga: Offensiv- und Defensiv-Ranking der Top-9

PlatzTeamOffensiv-Rang (Tore)Defensiv-Rang (Gegentore)
1.RB Leipzig1 (48)3 (20)
2.Borussia M'gladbach4 (33)1 (18)
3.Bayern München2 (46)6 (22)
4.Borussia Dortmund3 (41)8 (24)
5.Schalke 045 (29)4 (21)
6.Bayer Leverkusen11 (23)4 (21)
7.TSG Hoffenheim9 (25)9 (28)
8.SC Freiburg7 (27)7 (23)
9.Wolfsburg17 (18)1 (18)

Borussia Dortmund fehlt die Konstanz über 90 Minuten

"Wir kassieren zu viele unnötige Tore durch Stellungsfehler oder mangelnde Antizipation", erklärte Favre. Es sei nicht möglich, immer selbst drei Tore zu schießen, um zu gewinnen. Der BVB kassiert die meisten Gegentore (7 von 24) in der Schlussviertelstunde. Dortmund fehlt die Konstanz innerhalb eines Spiels.

Vor allem in den Spielen gegen Hoffenheim (1:0-Führung bis zur 79. Minute, 1:2 Endstand) und Leipzig (2:0-Führung zur Pause, 3:3 Endstand) wurde das deutlich. "Wir gewinnen vier Spiele in Serie und lassen dann gegen Leipzig und Hoffenheim völlig unnötig fünf Punkte liegen, obwohl wir beide Partien über weite Strecken dominiert haben", sagte Manuel Akanji zu Sport Bild.

"Über diese beiden Spiele ärgere ich mich noch immer maßlos. Wenn wir sie gewonnen hätten, wären wir jetzt Zweiter", sagte Zorc dem kicker. Meist sind individuelle Fehler die Ursache. "Solche Phasen müssen wir als Mannschaft besser überstehen. Zu oft haben wir Punkte verloren, weil wir uns fußballerisch naiv angestellt haben", mahnte Akanji.

Marco Reus warnt: "Da müssen wir schleunigst hin"

Das Problem besteht seit Beginn der Saison und darüber hinaus. Beim BVB ist sich dessen jeder bewusst. Nur gebessert hat sich bisher nichts. Die Borussia bestritt kaum ein Spiel, in der sie sattelfest wirkte.

Das defensive Umschalten war und ist die Achillesferse des BVB, das offenbarte selbst die Vorbereitung. Auch die Aufbauprobleme bei gegnerischem Pressing sind noch längst nicht behoben. Das ist nicht nur ein Problem der Abwehrkette. Die ganze Mannschaft muss daran arbeiten.

"Den Schalter müssen wir einfach umlegen, dass wir es über 90 Minuten komplett durchziehen", sagte Reus zu Sky. "Da müssen wir jetzt schleunigst hin, weil wir auch kaum mehr Zeit haben", fuhr der Kapitän fort. Das war vor acht Tagen. Es klingt, als könnte die Zeit in der Winterpause nicht ausgereicht haben, um das Problem zu beheben.

Der Erfolg der Rückrunde hängt jedoch genau davon ab - viel eher als von der Frage, ob Haaland auf Anhieb einschlägt und Tore schießt. Mit ihm habe der BVB "die Möglichkeit, flexibler zu sein, auf verschiedene Spielstände zu reagieren", sagte Reus. Idealerweise kommt der BVB jedoch dorthin, dass er in den Spielen so agiert, dass er nur noch in Ausnahmefällen reagieren muss.

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