Formel 1 - Erkenntnisse zum Aserbaidschan-GP: Schumacher braucht von Haas mehr Rückendeckung

Von Christian Guinin
Charles Leclerc schied wieder einmal wegen eines technischen Defekts vorzeitig aus.
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2. Die FIA spielt mit der Gesundheit der Piloten

Dass Rennteams Jahr für Jahr an die Grenzen des Möglichen gehen, um das letzte bisschen Pace aus ihren Boliden rauszukitzeln, ist Gang und Gäbe in der Formel 1. Vor allem nach weitreichenden Regenänderungen - wie in dieser Saison eben der Fall - tüfteln die Teams teils äußerst ausgefallene Konzepte aus.

Als Nebeneffekt einer dieser Tüfteleien - nämlich einer weitreichenden Modifizierung des Unterbodens - tritt in dieser Saison bei vielen Teams das sogenannte "Porpoising" oder "Bouncing" auf, welches die Boliden auf langen Geraden zum Auf- und Abhüpfen bringt. Solange sich dieser Effekt im Rahmen des Reglements befindet, ist daran eigentlich auch nichts auszusetzen, doch mehren sich die Stimmen unter den 20 Piloten, die über gesundheitliche Probleme aufgrund des Phänomens klagen.

Vor allem auf der knapp zwei Kilometer langen Start- und Zielgeraden waren die Auswirkungen besonders stark zu spüren. Mercedes-Pilot Lewis Hamilton klagte schon zur Hälfte des Rennens via Funk über starke Rückenschmerzen: "Mein Rücken bringt mich um!"

Nach der Zieleinfahrt verweilte der siebenmalige Weltmeister dann mehrere Minuten neben seinem Wagen und fuhr sich mit schmerzverzerrtem Gesicht mehrmals über seinen Rücken. "Ich habe mich einfach durchgebissen aufgrund der Schmerzen und des Adrenalins", sagte Hamilton. "Ich kann gar nicht sagen, wie viel Schmerzen man dabei hat, vor allem auf den Geraden. Und am Ende betet man einfach nur, dass es aufhört."

Lewis Hamilton saß nach dem Rennen mehrere Minuten an seinem Wagen und hatte augenscheinlich mit Rückenschmerzen zu kämpfen.
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Lewis Hamilton saß nach dem Rennen mehrere Minuten an seinem Wagen und hatte augenscheinlich mit Rückenschmerzen zu kämpfen.

Russell: "Können nicht so weiterfahren"

Spätestens hier müsste die FIA als oberste Regelinstanz von sich aus eingreifen. Die Gesundheit der Fahrer muss zu hundert Prozent gewährleistet sein, das ist jedoch augenscheinlich nicht mehr der Fall. Zu den körperlichen Problemen kommen nämlich auch Sorgen um die Sicherheit dazu. Hamilton-Teamkollege George Russell hatte am Samstag erklärt, dass er durch die starken Vibrationen teilweise nicht einmal die richtigen Bremspunkte finden würde. Und die Mercedes-Piloten sind bei weitem nicht die Einzigen, sich über die starke Beeinträchtigung während eines Rennverlaufs beschweren.

"Bis auf einen [Fahrer] haben alle gesagt, dass es ein Problem ist", meinte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Lewis hat wirklich Schmerzen. Da müssen wir eine Lösung finden. Er ist derzeit wohl am schlimmsten betroffen unter allen Fahrern. Soweit ich weiß, betrifft es aber praktisch alle Fahrer. Und sie sagen, da muss was passieren."

Russell fordert dahingehend von den F1-Verantwortlichen eine Anpassung des Reglements. "Ich glaube nicht, dass wir die nächsten vier Jahre so weiterfahren können. Wir müssen einfach [über eine Regeländerung] sprechen, weil alle sitzen im selben Boot", sagte der Brite bereits vor dem Aserbaidschan-GP. Die einfachste Lösung wäre, wenn die Teams ihre Autos anders einstellen würden. Doch das würde eine Menge Performance kosten - und das wollen weder die Fahrer noch die Teams. Ein externe Eingreifen der FIA scheint alternativlos.

Auf wirkliche Besserung können sich die Piloten fürs Erste aber kaum einstellen. Bereits am kommenden Wochenende steht der Große Preis von Kanada in Montreal an. Dort ähnelt das Layout stark dem Baku City Circuit mit seinen schnellen Kurven und langen Geraden. Dann wird es für die Piloten wohl erneut wieder schmerzhaft werden.