"Privat-Flugzeuge vereinfachen die Dinge"

Darius Miller ist seit Jahren der Go-to-Guy von Brose Bamberg
© getty

Darius Miller ist einer der Eckpfeiler des Erfolgs von Brose Bamberg, die am Wochenende beim Top Four um den Titel kämpfen. Beim All-Star Game in Bonn trafen wir den US-Forward zum Interview. Ein Gespräch über die ungewohnte Situation in der BBL, die neue Euroleague, Ex-Teamkollege Anthony Davis und eine Rückkehr in die NBA.

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SPOX: Darius, haben Sie gedacht, dass Sie mit Bamberg zum All-Star Break nur auf Platz zwei in der BBL liegen würden?

Darius Miller: (lacht) Ehrlich gesagt habe ich gar nicht viel darüber nachgedacht. Wir sind nicht mit irgendwelchen Erwartungen in die Saison gegangen, denn wir wussten, dass es auch in diesem Jahr eine Menge starker Teams in der Liga gibt. Es wird ein Kampf bis zum Schluss.

SPOX: Warum spielt ratiopharm Ulm aktuell so guten Basketball?

Miller: Sie haben unglaublich viel Talent, einen guten Coach und ein funktionierendes System. Dazu passt es einfach bei ihnen im Team und das merkt man auf dem Feld. Sie haben nicht viele Veränderungen im Sommer vorgenommen, ihre Chemie ist gut und sie spielen richtig stark zusammen.

SPOX: Sie sind zum Topspiel um Platz eins gefahren und ganz Basketball-Deutschland dachte, Sie würden Ulm auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Und dann gewinnen die das Ding richtig abgezockt. Was ist in diesem Spiel passiert?

Miller: Zu Hause ist Ulm immer schwer zu schlagen, das wussten wir noch aus den Playoffs letztes Jahr. Und unterschätzt haben wir sie sicher nicht, schließlich waren sie wie wir ungeschlagen. Sie haben einfach richtig stark gespielt und einen guten Touch gehabt.

SPOX: Sie haben im Sommer mit Brad Wanamaker einen Ihrer wichtigsten Spieler verloren. Wie schwer war es, ihn zu ersetzen?

Miller: Ich würde sogar sagen, er war unser absolut wichtigster Mann. Es war echt nicht einfach, ihn gehen zu sehen. Es war klar, dass wir ihn nicht so einfach würden ersetzen können. Also haben wir versucht, ein paar Dinge anders zu machen, anstatt zu versuchen, ihn eins zu eins zu ersetzen.

SPOX: Sind Sie nun der Go-to-guy in der Crunchtime?

Miller: Wir haben mehrere Spieler, die Erfahrung haben und in der Endphase Verantwortung übernehmen können. Nicolo Melli, Nikos Zisis, ich. Und natürlich Janis Strelnieks. Er hat diese Saison schon zwei Gamewinner getroffen. Wer auch immer das beste Matchup oder die heiße Hand hat, der bekommt den Ball. Es kommt auf die Tagesform an.

SPOX: Werden Sie als Eckpfeiler des Teams bei anstehenden Verpflichtungen oder Entscheidungen nach Ihrer Meinung gefragt?

Miller: Nein, da bin ich gar nicht involviert und ehrlich gesagt, ist das auch gut so. Ich konzentriere mich ganz auf das Sportliche. Und das kann ich auch ohne Probleme, da ich weiß, dass unsere Verantwortlichen einen guten Job machen. Basketball und Familie. Das ist alles, was für mich zählt.

SPOX: Würden Sie Bamberg als ihre Heimat bezeichnen?

Miller: Ja, ohne Zweifel. Bamberg ist Heimat. Ich habe hier die letzten zweieinhalb Jahre verbracht. Das ist fast mehr Zeit als zu Hause in Kentucky. (lacht)

SPOX: Im Sommer 2015 haben Sie nur für ein Jahr verlängert, 2016 dann für zwei Jahre. Warum diese Entscheidung?

Miller: Es war eine große Chance für mich, mich als Spieler weiterzuentwickeln. Das hier ist die perfekte Situation für mich. Es war eine einfache Entscheidung. Vor allem, da ich eine Frau und eine Tochter habe, die sich hier sehr wohl fühlen. Bamberg ist auch ihre Heimat geworden. Und das ist mir sehr wichtig.

SPOX: Ein Journalistenkollege schrieb bei Twitter: "Wer mit einem Spieler wie Darius Miller um zwei Jahre verlängert, gewinnt oft Meistertitel." Was denken Sie darüber?

Miller: (lacht) Oh, es wäre schön, wenn es so einfach wäre. Aber ich glaube nicht, dass es so funktioniert. Leider braucht es noch einiges mehr als das. Natürlich ist der Titel das Ziel, aber wir schauen mal, ob wir die Prophezeiung erfüllen können.

SPOX: In der vergangenen Saison wurden Sie zum Finals-MVP gewählt. Wie viele Teams aus der NBA haben im Sommer bei Ihnen angerufen?

Miller: Ein paar waren es schon. Aber ich habe keine Möglichkeit für mich gesehen, die besser war als hier. Wenn ich in die USA zurückgehen würde, dann nur in eine stabile Situation zu einem Team, das eine genaue Vorstellung davon hat, welche Rolle ich bei ihnen spielen soll. Und das gab es in der Offseason nicht. Vielleicht kommt so etwas noch einmal, vielleicht aber auch nicht. Ich würde nicht zurück in die NBA gehen, nur um dort um einen Roster-Spot zu kämpfen. Dafür ist meine Situation hier zu gut und zu wertvoll für mich. Mir ist klar, dass man nichts auf dem Silbertablett serviert bekommt. Aber ich mag das Team hier, die Stadt und das System passen zu mir.

SPOX: Vielleicht kann Anthony Davis für Sie ein gutes Wort bei den New Orleans Pelicans einlegen...

Miller: (lacht) Ja, das wäre doch mal was. Wir haben zusammen in Kentucky gespielt und dann ja auch in New Orleans. Ich wusste, dass er gut sein würde, aber so gut? Er hat mich überrascht und spielt jetzt einfach unglaublich. Er hat neulich schon wieder 50 Punkte erzielt, das ist Wahnsinn! Gerade in der Offensive hat er einen Riesensprung gemacht. Das habe ich so nicht kommen sehen.

SPOX: Sie haben mit dem Team USA bei der U19-WM Gold geholt und dabei auch mit Klay Thompson zusammengespielt. Hatte er eigentlich schon immer so eine saubere Wurftechnik?

Miller: Seit ich ihn kenne. Er konnte damals schon so gut werfen, das war abartig. Natürlich war er nicht der Spieler, der er heute ist. Aber die Ansätze waren damals schon zu erkennen.

SPOX: Neben Draymond Green war auch Gordon Hayward Teil Ihrer Mannschaft. Nun wurde er zum ersten Mal ins All-Star Team gewählt. Ein generell unterschätzter Spieler?

Miller: Allerdings. Der Junge hat's drauf. Das sieht man ihm nicht an, aber er ist so athletisch. Ich habe nach dem Turnier auch noch ein paar Mal in der NBA gegen ihn gespielt. Er war immer schon gut, aber diese Saison hat er wirklich noch einmal einen Schritt gemacht. Ich freue mich sehr für ihn.

Die Entwicklung von Gordon Hayward

SPOX: Stehen Sie mit einigen von den Jungs noch in Kontakt?

Miller: Ja, mit Anthony Davis spreche ich viel, mit Gordon oder Klay eher weniger. Nur, wenn ich im Sommer drüben bin und wir uns sehen. Dafür schreibe ich hin und wieder mit Draymond.

SPOX: Lassen Sie uns wieder nach Europa schauen und ein wenig über die Euroleague sprechen. Aktuell liegt Bamberg mit 8 Siegen aus 22 Spielen auf Rang elf. Sind sie damit zufrieden oder enttäuscht?

Miller: Nein, wir sind kein bisschen enttäuscht. Wir sind eines der kleineren Teams, aber wir waren fast in jedem Spiel dran. Es gab zwar auch ein paar deutliche Niederlagen, aber wir haben bei jedem Gegner das Gefühl, dass wir ihn schlagen können. Das ist enorm wichtig. Es sind so viele großartige Teams mit langer Tradition dabei. Sie sind schon etabliert, während wir versuchen, allen zu zeigen, dass wir auch dorthin gehören.

SPOX: Was denken Sie über das das neue Liga-Format?

Miller: Der Spielplan ist wirklich anstrengend, aber das können wir nicht als Ausrede gelten lassen. Am schwierigsten ist es natürlich, wenn wir lange Strecken fliegen müssen, wie zum Beispiel nach Russland. Aber Coach Andrea Trinchieri macht einen guten Job und verschafft allen von uns immer wieder Ruhepausen. Es ist eine Herausforderung, aber es macht Spaß. Ich mag es, dass alle großen Teams nun zusammen in einer Liga spielen. So haben wir jede Woche eines der besten Teams aus Europa als Gegner.

SPOX: Kann man die Euroleague nun ein bisschen mit der NBA vergleichen?

Miller: Es ist ähnlich, ja. Aber in der NBA gibt es mehr Privilegien. Privat-Flugzeuge vereinfachen die Dinge schon deutlich. (lacht)

Die Tabelle der Euroleague

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