Fabian Miesenböck im Interview: "In Mattersburg wollte mich noch keiner singen hören"

Fabian Miesenböck kommt bei Mattersburg in Fahrt.
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Fabian Miesenböck hat über einen Umweg in die Slowakei den Sprung in die Bundesliga geschafft. Von Spartak Trnava wechselte der 26-Jährige im Sommer zum SV Mattersburg und erfüllte sich damit mit einem Jahr Verspätung einen lang gehegten Wunsch.

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Im Interview mit SPOX erklärt der Flügelspieler, wie die Zuschauerzahl bei seinen Einsätzen binnen kürzester Zeit aufs 49-fache anstieg, was Mattersburg besser als so mancher Europacup-Starter macht und warum er nach der Karriere Justin Bieber nachahmen will.

Sie stammen aus einer fußballverrückten Familie. Gab es für Sie überhaupt eine Alternative zum Kicken?

Fabian Miesenböck: Bei uns drehte sich das ganze Leben um den Fußball. Mein Papa war ein sehr guter Fußballer und spielte selbst in der Bundesliga. Als wir meinem Vater im Stadion zusahen, war mir schon klar, dass auch ich Profifußballer werden möchte. Mein älterer Bruder begann früh mit dem Fußball, mit vier Jahren spielte ich dann erstmals im Verein.

Ihr Vater war einige Jahre in der Politik tätig. Ist das für Sie nach der Fußballerkarriere auch vorstellbar?

Miesenböck: Er hatte nicht den unbedingten Willen, die Karriere als Fußballer bis ganz oben durchzuziehen. Die Politik hat er mittlerweile ad acta gelegt. Heute macht er sehr gute Musik, da fühlt er sich wohl und da blüht er auf. Früher spielte er in einer Band, jetzt schreibt er die Lieder und Melodien selbst. Da hat er eine richtige Gabe.

Sind Sie selbst auch musikalisch?

Miesenböck: Für die Hochzeit meines Bruders habe ich mein erstes Lied aufgenommen. Zurzeit geht sich nicht mehr aus. Irgendwann werde ich das noch in Angriff nehmen. Der nächste Justin Bieber werde ich wohl nicht mehr, aber mir macht es einen großen Spaß. Ich habe zwar Schlagzeug in der Schule gelernt, aber eigentlich bin ich mehr der Sänger.

Mussten Sie in Mattersburg als Neuzugang ein Ständchen singen?

Miesenböck: In Trnava musste ich singen, in Mattersburg wollte mich bislang noch keiner singen hören. Das ist aber auch ganz gut so. (lacht)

Fabian Miesenböck im Zweikampf mit Patrick Farkas.
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Fabian Miesenböck im Zweikampf mit Patrick Farkas.

Fabian Miesenböck: "Hoppala, das ist eine ganz andere Dimension"

Sie haben sich im Sommer für einen Wechsel nach Mattersburg entschieden. Wie geht es Ihnen im Burgenland?

Miesenböck: Der Verein wird sehr familiär geführt. Von Tag eins weg fühlte ich mich richtig wohl. Auch wenn es anfangs sportlich nicht so lief, wie wir uns das vorstellten.

Wie bilanziert die Mannschaft den Saisonstart?

Miesenböck: Nach den hohen Niederlagen gegen WAC, Austria und Salzburg war es nicht einfach, den Turnaround zu schaffen. Beim Sieg gegen die Admira ist sehr viel Druck abgefallen, dadurch hatten wir eine etwas schönere Länderspielpause.

Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer persönlichen Rolle?

Miesenböck: Zu Saisonbeginn stellte mich der Trainer als Linksverteidiger auf. Ich merkte aber gleich, dass ich mich mit dieser Rolle gar nicht wohl fühlte. Der Trainer erkannte das auch. Zuletzt spielte ich auf der angestammten Position im linken Mittelfeld und machte prompt mein erstes Tor. Dort oder als hängende Spitze fühle ich mich am wohlsten.

Gab es etwas, das Sie bei Ihrem Wechsel zu Mattersburg überraschte?

Miesenböck: Das Trainingsumfeld ist sensationell. Da fehlt es einem an gar nichts. Und ich wurde deutlich besser in der Mannschaft aufgenommen, als das etwa in der Slowakei der Fall war.

Sie sprechen von ihrer vergangenen Saison, die sie bei Spartak Trnava verbrachten. Was machte Ihnen dort Probleme?

Miesenböck: Ich war plötzlich komplett auf mich alleine gestellt und verstand kein Wort. Im Training wurde nur Slowakisch oder Tschechisch gesprochen. Die Slowaken sind manchmal eigen. Sie machten es mir nicht immer einfach. Nach zwei, drei Wochen war mir klar: ‚Es hilft nichts, da musst du jetzt durch.' Ich musste mich mit Leistungen in die Startelf kämpfen.

Mit Marvin Egho und Kubilay Yilmaz gab es immerhin eine Österreicher-Connection im Verein.

Miesenböck: Sie waren für mich Gold wert. So etwas wie meine zwei Säulen, die mir Halt gaben. Meine Familie war in dieser Zeit ebenfalls ein guter Rückhalt. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, sie standen immer hinter mir. Am Ende kann ich behaupten, dass ich mich in dieser Saison als Legionär stark weiterentwickelte - auch menschlich.

Nach nur einem Jahr kehrten Sie nach Österreich zurück. Wie kam es zum Transfer nach Mattersburg?

Miesenböck: Trnava bekam einen neuen Besitzer. Dadurch gab es einen großen Kaderumbruch. Die verreinsseitige Option auf ein weiteres Jahr wurde nicht gezogen. Als Legionär hatte ich wohl einen lukrativeren Vertrag als meine Mitspieler. Es war aber eine schöne und erfolgreiche Zeit.

Sie sprechen den Cupsieg an.

Miesenböck: Trnava wartete über 20 Jahre auf einen Cupsieg, das war einzigartig. Mit den Spielen in der Champions-League-Quali und dem Sprung in die Europa League Gruppenphase war es eine ganz andere Welt.

Sie sind von Wiener Neustadt aus in Trnava gelandet. Warum wechselten Sie ins Ausland?

Miesenböck: Nach einer guten Saison wollte ich unbedingt in die Bundesliga. Nach der Relegation und dem Lizenz-Drama mit Hartberg verpassten wir den Aufstieg. Von einem Tag auf den anderen teilte mir mein Berater vom Interesse von Trnava mit. Ich wusste gar nicht, was auf mich zukommt und wer dieser Verein ist. Es ging ganz schnell. Mein Berater meinte, ich müsse am nächsten Tag um 14 Uhr in Trnava sein. Als ich dort ankam, sah ich das Stadion und dachte mir: ‚Hoppala, das ist schon eine ganz andere Dimension'.

Fabian Miesenböck lobt Ex-LASK-Trainer Oliver Glasner

Im Stadion von Trnava spielte sogar die slowakische Nationalmannschaft.

Miesenböck: Es ist eine tolle Arena. Plötzlich ging es nicht mehr nach Neustadt vor 1.000 Zuschauern. In Istanbul feierte ich mein Europacup-Debüt gegen Fenerbahce, da waren 49.000 Leute im Stadion. Ein richtiges Trainingszentrum fehlt in Trnava aber. In den Medien sieht man das schöne Stadion, im Hintergrund hinken sie hinterher.

Ein Team, das in Österreich zurzeit alles andere als hinterherhinkt, ist der LASK. Sie spielten ein Jahr unter Oliver Glasner in der 2. Liga. War die langfristige Strategie schon damals spürbar?

Miesenböck: Man merkte von Tag eins, wie professionell beim LASK gearbeitet wird. Sie achteten auf jede Kleinigkeit. Das braucht es im Fußball. Es war eine sehr schöne Zeit, die mit dem Meistertitel endete - auch wenn mein Abschied unglücklich verlief.

Was war passiert?

Miesenböck: Mir wurde versichert, mein Vertrag wird nach dem Aufstieg in die Bundesliga verlängert. Drei Wochen später war es plötzlich doch nicht so. Da wurden sieben Spieler aussortiert, was für uns unverständlich war. Ich bin aber nicht nachtragend, heute habe ich es ja in die Bundesliga geschafft.

Wie würden Sie Oliver Glasner charakterisieren?

Miesenböck: Er leitete die Trainings hochprofessionell. Was mir auffiel: Jeder Spieler war in jedem Training zu 100 Prozent motiviert. Das schaffte Glasner wie kaum ein Zweiter. Der Zusammenhalt war ihm wichtig. Wir frühstückten jeden Tag gemeinsam. So etwas schweißt die Mannschaft zusammen. Das wirkte sich auf die Leistungen auf dem Platz aus: Wir wurden mit haushohem Vorsprung Meister.

Oliver Glasner gibt Anweisungen an Fabian Miesenböck.
© getty
Oliver Glasner gibt Anweisungen an Fabian Miesenböck.

Verspüren Sie als gebürtiger Kärntner durch den Europacup-Einzug des WAC eine neue Fußball-Euphorie?

Miesenböck: Ich freue mich für den WAC. Der Europacup ist für jeden Spieler ein Karriere-Highlight, das merkte ich selbst in Trnava. Für solche Spiele trainiert man ein ganzes Leben lang. Ich habe einige Freunde beim WAC und wünsche ihnen nur das Beste. Zusammen mit dem Höhenflug der Austria Klagenfurt in der 2. Liga merkt man, dass der Fußball im Aufwind ist. Man sollte aber aufpassen: In Klagenfurt kann es schnell in die andere Richtung gehen, was die Zufriedenheit der Anhänger betrifft.

Zurück zu Mattersburg. In den ersten Wochen fiel auf, wie anfällig die Defensive ist. Wird daran jetzt noch intensiver gearbeitet?

Miesenböck: Die Gegentore waren absolut zu viel des Guten, da waren wir zu ungeschickt. Wir analysierten die Szenen genau. Das Fazit: Wir machten zu viele Eigenfehler, diese Schnitzer führten zu Gegentoren. Das darfst du dir in der Bundesliga nicht leisten. Unser Verhalten im Strafraum war in diesen Spielen richtig schlecht, das muss man ehrlich sagen. Wir trainierten solche Szenen, aber die individuellen Fehler musst du mental auf die Reihe kriegen - jeder Spieler für sich selbst. So etwas kannst du nicht trainieren.

Wie verläuft die Arbeit unter dem Trainer Franz Ponweiser?

Miesenböck: Ich halte sehr viel von ihm. Menschlich ist er überragend. Mir imponiert, wie er auf die Spieler zugeht. Er hört einem zu, wenn etwas nicht passt, und macht sich zum Teil noch lange darüber Gedanken. Er hat ein richtig gutes Gefühl für die Spieler, das habe ich bei der Diskussion um meine ideale Position gemerkt.

Was sind Ihre Ziele für die aktuelle Saison?

Miesenböck: Ich will unter die Top-6 kommen. Es ist meine erste Bundesliga-Saison. Nach meinem ersten Tor hoffe ich, dass noch weitere folgen. Im Cup kann alles passieren, da will ich so weit wie möglich kommen.

Fabian Miesenböck: Leistungsdaten bei Trnava, Wr. Neustadt, LASK

JahreVereinSpieleToreAssists
2018-2019Spartak Trnava3694
2017-2018SC Wr. Neustadt3572
2016-2017LASK1833
2013-2016Austria Klagenfurt951317
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