"Schon Beckers Anwesenheit spornt uns an"

Cedrik-Marcel Stebe hat das deutsche Davis-Cup-Team schon einmal vor dem Abstieg gerettet
© getty

Das DTB-Team muss in der Davis-Cup-Relegation in Portugal ran (beide Einzel am Freitag ab 12 Uhr im kostenlosen LIVESTREAM auf SPOX und tennisnet.com, das ganze Wochenende live auf DAZN). Teil der Mannschaft ist endlich auch wieder Cedrik-Marcel Stebe. Einst die Nummer 71 der Welt und eine der Hoffnungen im deutschen Tennis, wurde er durch eine beispiellose Verletzungsgeschichte für zweieinhalb Jahre außer Gefecht gesetzt. Im Interview spricht der 26-Jährige über seine Leidenszeit, das Klavier als Rettungsanker, sein legendäres Duell gegen Lleyton Hewitt und die Hilfe von Boris Becker.

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SPOX/Tennisnet: Herr Stebe, was hätten Sie vor einigen Wochen jemandem geantwortet, wenn er Ihnen prognostiziert hätte, an diesem Wochenende im Davis Cup dabei zu sein?

Cedrik-Marcel Stebe: Ich hätte jedem einen Vogel gezeigt. Das hatte ich nun wirklich gar nicht auf dem Schirm, vor drei Monaten stand ich schließlich noch auf Platz 320 der Weltrangliste. Es wäre komplett utopisch gewesen, zu diesem Zeitpunkt an den Davis Cup zu denken. Meine Nominierung war für mich eine Überraschung, umso schöner ist es jetzt.

SPOX/Tennisnet: Sie waren quasi zweieinhalb Jahre weg vom Fenster, haben eine unfassbare Verletzungsgeschichte hinter sich. Haben Sie überhaupt noch alles auf dem Schirm, was Ihnen widerfahren ist?

Stebe: Angefangen hat es im Januar 2013 mit einer Überdehnung im Hüftbeuger. Nach zwei Monaten habe ich wieder angefangen zu spielen, hatte aber die komplette Saison über damit meine Probleme. Im Oktober 2013 musste ich mich schließlich an der Hüfte operieren lassen. Nach der Reha spielte ich wieder, doch wahrscheinlich aufgrund der Krücken, die ich verwenden musste, bekam ich Rückenprobleme. Wieder war zwei Monate Pause angesagt, wieder kehrte ich zurück. Zwei Wochen später bemerkte ich ein Ziehen oberhalb vom Schambein auf der linken Seite im Bauchmuskelbereich. Es entpuppte sich als Schambeinentzündung, die das ganze Jahr über nicht weggegangen ist. Im November kam dann noch eine Leistenoperation dazu. Nach dieser Operation war es wieder okay, ich begann zu spielen und merkte nach kürzester Zeit das gleiche Ziehen auf der rechten Seite - Schambeinstressfraktur. Von März 2015 bis Februar 2016 war dann komplett Feierabend.

SPOX/Tennisnet: Hand aufs Herz: Wie oft war der Glauben daran weg, dass es noch einmal mit einem Comeback klappen könnte?

Stebe: Anfangs war ich noch relativ entspannt, weil die Ärzte mir immer gesagt haben, dass es vielleicht zwei bis drei Monate dauern würde, bis ich wieder spielen könnte. So richtig negative Gefühle kamen bei mir erst auf, als die Schambeinstressfraktur auf der rechten Seite diagnostiziert wurde. Da dachte ich mir schon: Warum bekomme eigentlich immer ich noch eine auf den Deckel?

SPOX/Tennisnet: Trotzdem sind Sie an der Situation nie komplett verzweifelt. Was waren in dieser Zeit Ihre Rettungsanker?

Stebe: Ich habe mich zwischenzeitlich aus Selbstschutz komplett vom Tennis abgeschottet, wollte nichts mehr davon wissen. Ich hielt fast alle Informationen von mir fern, hatte quasi keine Ahnung, was meine Konkurrenten so trieben. Wenn ich in dem Wissen, dass ich von der Qualität her da auch mitspielen könnte, gesehen hätte, wie andere in der Weltrangliste nach oben geschossen sind - das wäre schwierig für mich gewesen.

SPOX/Tennisnet: Ein weiterer wichtiger Stützpfeiler war das Klavierspielen, oder?

Stebe: Ja, ich habe sehr viel gespielt. Das mache ich schon seitdem ich ein kleiner Junge war.

SPOX/Tennisnet: Wie dürfen wir uns das vorstellen: Sitzen Sie dann täglich mehrere Stunden am Klavier?

Stebe: Durchaus. In dieser Zeit habe ich sicherlich vier bis fünf Stunden täglich gespielt. Natürlich nicht am Stück, weil das sehr müde macht. Man darf nicht vergessen, dass Klavierspielen für Kopf und Finger anstrengend ist. Aber das hat mir Ablenkung gegeben und einfach Spaß gemacht. Wenn man einen positiven Aspekt aus der ganzen Verletzungsmisere herausziehen möchte, dann vielleicht den, dass ich zum Ende meiner Verletzungszeit sehr gut Klavier gespielt habe. (lacht) Das ist jetzt schon weniger geworden, weil Tennis und Klavierspielen eigentlich überhaupt nicht miteinander zu vereinbaren sind. Durch das Tennis geht nämlich die Feinmotorik in den Fingern verloren. Jetzt spiele ich auf dem Klavier fast schon wieder plump.

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