Davis Cup - Platzhirsch, leicht lahmend

Argentinien darf 2017 den Davis-Cup-Titel verteidigen
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Der Davis Cup ist der traditionsreichste Team-Wettbewerb im Herren-Tennis. Worin liegen die Probleme, wo die Chancen für dessen Zukunft?

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Wettbewerb: Davis Cup

Status: Platzhirsch, leicht lahmend

Geschichte: Beginnt im Jahr 1900 mit dem Vergleich der USA und den Britischen Inseln im Longwood Cricket Club zu Boston, hat das letzte Kapitel vor wenigen Wochen in Zagreb geschrieben. Der Austragungsstrang verläuft nicht durchgängig, schon 1901 wird die erste Auszeit genommen, während der beiden Weltkriege wird der Pokal ebenfalls mehrmals nicht ausgespielt. Und 1974 entscheidet sich die indische Euqipe, nicht zum Finale gegen Südafrika anzutreten. Dwight Filley Davis stand in der allerersten Auswahl der USA, stiftete der Legende nach nicht nur die Siegertrophäe für die Premiere, sondern ganz faktisch auch den Namen für den traditionsreichsten Mannschaftswettbewerb im Tennissport.

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Die deutsche Perspektive: 1970 gibt es ein erstes Aufflackern der deutschen Mannschaftsstärke zu bewundern, das Finale gegen die USA geht in Cleveland indes mit 0:5 verloren. Danach ist wieder Pause, bis Herr Becker aus Leimen, später Herr Stich aus Pinneberg kommen. Die zweite Hälfte der 1980er-Jahre bringt epische Duelle mit den Wilander-Edberg-Nyström-Schweden, das allererste im Endspiel in der Münchner Olympiahalle geht 1985 noch verloren. Drei Jahre später der Triumph in Göteborg, 1989 die Wiederholung in Stuttgart, letztmals 1993 bleibt der Pokal in Deutschland, ausnahmsweise mit den bedauernswerten Australiern in der Verliererrolle. Die prägendste Partie in der Erinnerung etwas älterer Tennisfans ist natürlich jene in Hartford, aus dem Juli 1987. 6:21 Stunden, Becker schlägt McEnroe in fünf, zu Zeiten, da die Sätze noch bis zur bitteren Neige ausgespielt wurden. 2017 hat es das Los gut gemeint, ab dem 3. Februar werden die Belgier in Frankfurt gespielt, es winkt ein Treffen mit den Titelverteidigern aus Argentinien.

Die österreichische Perspektive: Skoff, Muster, Antonitsch. Dusika-Stadion, Praterstadion, Unterpremstätten. Und am Ende alle drei Partien verloren. Skoffs epischer Fünfsatz-Sieg gegen Wilander, Musters Deklassement André Agassis, die Marathon-Partie des Leibnitzers gegen Michael Stich - weitergekommen sind halt doch die Schweden, Amerikaner und Deutschen. Die Aussichten sind eher trübe, der letzte Versuch, sich wieder einen Platz in der Weltgruppe zu erstreiten, ist in der ukrainischen Sommerhitze zerschmolzen.

Die Gegenwart: Durch die Einführung des Tie-Breaks in nunmehr allen fünf Sätzen könnten die Begegnungen um ein Haar berechenbarer geworden sein, zeitlich gesehen. Ob man guten Gewissens innerhalb des regulären Turnier-Kalenders drei Runden mit jeweils bis zu drei Best-of-Five-Matches pro Athlet verantworten kann? Fraglich. Die Wiedereinführung von Weltranglisten-Punkten wird von den Profis womöglich begrüßt, von Turnier-Direktoren wie Michael Stich nicht. Die Koppelung der Olympia-Spielberechtigung an Einsätze im Davis Cup hat in der Vergangenheit immerhin zum Antreten der meisten Superstars geführt. Die Großen Vier plus Stan Wawrinka haben allesamt den Pokal schon gewonnen, vor allem die Schweizerische Perspektive auf ein Wiedersehen mit ihren Heroen ist keine gute. Dass der Davis Cup lebt, das haben Juan Martin del Potro, Marin Cilic und Diego Maradona in Zagreb gezeigt.

Die Zukunft: Die Idee eines Final-Four-Turniers an einem neutralen Ort hat David Haggerty, der ITF-Präsident, dem Vernehmen nach schlimmstenfalls auf Wiedervorlage gelegt. Nicht ganz aus der Welt könnte der Vorschlag sein, die Partien von Donnerstag bis Samstag zu spielen, womöglich Best-of-Three ohne Tie-Break im Entscheidungssatz. Die Bedeutung des Wettbewerbs steht und fällt mit der Teilnahme der Top-Spieler, mit Ausnahme der eidgenössischen Situation darf man in dieser Hinsicht vorsichtig optimistisch sein. Die Strecke der Veranstaltung von Anfang Februar bis Ende November ist deutlich zu lange, ein Klausurtreffen von Haggerty, den besten Profis der Welt und ATP-Chef Chris Kermode zur Straffung des ATP-Kalenders und der Integration des Davis Cup dringend geboten.

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