Mats-Merkel-Serie, Teil 7: "Den richtigen Teamspirit entwickeln"

Von tennisnet
In Indian Wells regnet es nicht nur Rosenblüten
© getty

Mats Merkel ist für Adidas als Scout und Coach unterwegs. Bei den US Open hat sich der 33-jährige Deutsche neben seinen Aktivitäten für adidas auch um den Taiwanesen Chun Hsin Tseng gekümmert. Im siebten Teil unserer Serie gibt Merkel über die Besonderheiten des Turniers in Indian Wells Auskunft.

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tennisnet: Herr Merkel. Die meisten Topspieler sind aus dem Urlaub zurück, bereiten sich bereits wieder auf die kommende Saison vor. Der Alltag beginnt mit den ersten Turnieren zum Jahreswechsel. Gibt es denn auch während der Saison Events, bei den die Profis ein wenig durchschnaufen können?

Mats Merkel: Man sagt generell, dass Indian Wells das Turnier der zweiten, kurzen Vorbereitung ist. Die Saison ist bekanntermaßen sehr lang für die Spieler - auch wenn sich viele beschweren und dann in der Off-Season dennoch Schaukämpfe spielen. Auch weit weg von zuhause. Nach dem Saisonstart in Australien geht es nur kurz weiter, entweder nach Europa, nach Dubai oder nach Südamerika - und dann kommen schon die beiden wichtigsten Hartplatz-Turniere des Frühjahrs. Hier gibt es unfassbar viele Punkte. Vor allem Indian Wells bietet auch den Zuschauern etwas Besonderes - dort können die Fans den Stars so nahe sein wie eigentlich bei keinem anderen Turnier. Und auch sehen, welche Übungen die Spieler auf einer großen Grünfläche zum Aufwärmen machen.

tennisnet: In jener Art, wie man das auch von ambitionierten Hobbyspielern kennt?

Merkel: Viel härter. Ich habe mal mit einem Spieler gesprochen, der hat mir gesagt: Das Warm-Up vom Kollegen da drüben schaut aus wie mein Workout! Da lernen die Spieler auch voneinander, gerade die Jungen, die sehen, was die Etablierten machen. Und sehen: Was ist gut für mich, was könnte ich vielleicht übernehmen?

tennisnet: Das klingt aber nicht nach Erholung.

Merkel: Nun, für die gesetzten Spieler der Herren startet das Turnier erst sehr spät. Das Event erstreckt sich über zwei Wochen, aber die Gesetzten starten erst am Samstag oder Sonntag. Wenn es dann einen freien Tag zwischen den Matches gibt, dann geht man Golf spielen, das machen viele Tennisspieler, um mental abzuschalten.

"Daniela Hantuchova hat sehr gut Golf gespielt"

tennisnet: Früher mal war Ivan Lendl derjenige, der auch am Golfplatz hohe Kompetenz gezeigt hat, später auch Yevgeny Kafelnikov und Mardy Fish. Wer sticht denn im Moment auf den Greens heraus?

Merkel: Daniela Hantuchova ist zwar mit ihrer Tennis-Karriere durch, aber die hat sehr gut Golf gespielt. Und hatte ja auch eine Zeit lang engeren Kontakt zu Sergio Garcia. Von den Jungen sieht man Jaume Munar oft auf dem Golfplatz, aus dem Topbereich ist Rafael Nadal zu nennen. Und es ist so, dass sich viele Athleten sportartübergreifend treffen und messen. In Indian Wells gibt es ein tolles Ressort, in dem die Tennisspieler absteigen, das heißt La Quinta. Das ist in Rancho Mirage, ungefähr zehn Minuten von der Anlage entfernt, da gibt es auch immer wieder ProAm-Events. Das trägt zur allgemeinen Erheiterung und Entspannung bei.

tennisnet: Auch wenn es immer noch Sport ist ...

Merkel: Natürlich. Es gibt in der Nähe von Indian Wells aber auch einen ganz tollen Aussichtspunkt, zu dem man fahren kann, dazu noch einige Parks. Als wir früher noch das "adidas Development Programm" hatten, waren wir vor Indian Wells eigentlich immer in Las Vegas. Da hatten die Spielerinnen die Möglichkeit, ein bisschen Zeit mit Steffi Graf zu verbringen, was natürlich eine unglaubliche Geschichte war. Da waren dann Spielerinnen da wie Caroline Wozniacki, Sorana Cirstea oder Andrea Petkovic, Angie Kerber war auch da.

"Roger Federer kreiert einen spontanen Mob"

tennisnet: Andre Agassi war ja auch kurz bei adidas.

Merkel: Da war es dann so, dass von Fernando Verdasco über Jo-Wilfried Tsonga oder Jack Sock bis hin zu Juniorenspielern immer genügend Herren für ein Vorbereitungscamp am Start waren. Und dann hatten wir diese megacoole Fahrt durch die Canyons von Las Vegas nach Indian Wells - man musste aber auf jeden Fall sicher stellen, dass man vorher ausreichend getankt hatte. Ansonsten konnten kleinere Probleme auftreten, auch bei uns, aber irgendwie haben wir es dann doch immer hinbekommen. Aber für die Spieler, die sich sonst immer einzeln messen müssen, hat man mit so einer Fahrt einen richtigen Teamspirit entwickelt. Und durch solche Erlebnisse sind viele Spieler zu Freunden geworden.

tennisnet: Vor allem auch die Spieler einer Nation untereinander?

Merkel: In Miami passiert das oft. Da gehen die spanischen Jungs dann in Key Biscaine zu einem Charity-Fußball-Event, oder Jo-Wilfried Tsonga zum Angeln. Roger Federer andererseits geht an seinen freien Tagen in New York manchmal in den Central Park und spielt dort: Niemand weiß etwas, und das ist dann natürlich eine megageile Geschichte. Man kreiert dadurch einen spontanen Mob - und das ist auch eine schöne Erfahrung für die Tennisspieler.

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