Der Milliarden-Spender und seine unheimliche Macht

Nasser al-Khelaifi zieht in Paris und Doha die Fäden
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Nasser al-Khelaifi ist als Besitzer von Paris St. Germain der starke Mann hinter den Kulissen, ebenso wie beim ATP-Turnier in Doha. Womöglich steht ihm eine noch größere Funktionärs-Laufbahn bevor.

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Doha. Seinen Namen kennen nur die wenigsten in Europa. Aber seine Macht und seine Milliarden bekommen die Sportfreunde gerade in diesen Tagen empfindlich zu spüren. Nasser al-Khelaifi, so etwas wie der Statthalter des Emirats Katars in der Alten Welt, sorgt zum Jahresbeginn gleich mal wieder für ordentlich Gesprächsstoff. Als Chef des Pariser Traditionsklubs St. Germain verpflichtete er soeben den deutschen Nationalspieler Julian Draxler in sein hochdotiertes Ensemble, schlappe 36 Millionen Euro war ihm der Einkauf des launischen Talents wert. Und als CEO der immer einflußreicheren Senderkette BeIn Sports ist auch der erfolglose Rechtepoker um die Übertragungen von der Handball-WM mit al-Khelaifis Namen verbunden, kein deutscher TV-Kanal war zuletzt bereit, die hochgeschraubten Forderungen des katarischen Lizenzbesitzers zu erfüllen. So bleibt die Mattscheibe nun vermutlich dunkel - frustrierend für die Handballfans, nicht übermäßig frustrierend für BeIn Sports, das zwar auch nach maximalem Profit strebt. Aber nicht in jedem Einzelfall profitabel sein muss.

Al-Khelaifi hat es weit gebracht, sehr weit. Der Sohn von Perlenfischern ist inzwischen zu einem der mächtigsten Sportfunktionäre aufgestiegen, auch und vor allem dank der Protektion seines dicken Freundes aus Jugendtagen. Der heißt Tamim bin Hamad al-Thani und ist inzwischen der Emir des sagenhaft reichen Fürstentums am Arabischen Golf. Nasser und Tamim spielten einst als Kinder und Teenager zusammen Tennis, jeden Tag stundenlang. Dicke Kumpel sind sie bis heute geblieben, der eine, Tamim, nun Staatslenker der reichsten Nation des Planeten. Und der andere, Nasser, sein engster Vertrauter und Bevollmächtigter in der hochwichtigen Sache Sport. Sogar zum Minister ohne direkten Aufgabenbereich ernannte der Emir unlängst seinen alten Weggefährten.

Ein gefragter Mann

Der hat inzwischen so viele Posten und Funktionen, dass es nicht wundert, wenn er aus den Taschen seines traditionellen Umhangs vier verschiedene Mobiltelefone zieht. "Zeit ist kostbar. Ich habe zu wenig davon", sagt al-Khelaifi. Manchmal müssen die dauernd um ihn herumschwirrenden Assistenten die gleichzeitig einlaufenden Gespräche annehmen - nein, Al-Khelaifi tut nicht so, als wäre er ein gefragter Mann. Er ist es, mehr denn je sogar. Schließlich strebt der vierfache Familienvater nach immer höheren, anspruchsvolleren Zielen, da ist voller, kompromißloser Einsatz gefordert. Auch wenn al-Khelaifi in diesen Tagen über den Khalifa Tennis Komplex schlendert, als Macher des ATP-Millionenwettbewerbs mit gastierenden Stars wie Novak Djokovic oder Andy Murray, hängt er dauernd am Handy, bespricht mit seinen Managern die nächsten Deals. Zwischendrin grüßt und umarmt er, ganz der Wanderer zwischen den Welten, dann auch noch schnell die Händler in einem nachgebauten arabischen Basar auf dem Turniergelände - Menschen, die aus der eigenen, fernen Familien-Vergangenheit stammen.

Al-Khelaifi war früher mal ein sehr ordentlicher Tennisspieler, er hatte den Sport auch -anders als Freund Tamim - als Karriereperspektive im Kopf. Der brennende Ehrgeiz trug ihn sogar unter die ersten 1000 der Weltrangliste und ins Hauptfeld einiger Tour-Wettbewerbe. Mit Boris Becker durfte der heutige Big Spender trainieren, im letzten Jahr begrüßte er den dreimaligen Wimbledon-Champion überschwänglich zurück in Doha, als Trainer von Djokovic. Als der damalige Kronprinz Tamim um die Jahrhundertwende einen Chef für Qatar Sports Invest suchte, den sportlichen Arm des nationalen Investmentfonds, fiel die Wahl keineswegs überraschend auf den smarten Nasser - dessen Tennis-Laufbahn war damit zwar beendet. Doch die eigentliche Karriere begann nun erst, die bislang ungebremste Karriere eines Mannes, der an vielen wichtigen Schalthebeln im internationalen Sportbusiness sitzt. Eine Karriere aber auch, von der man nicht unbedingt weiß, wie und wo sie weitergehen wird.

Fußball geht vor

Besonders als Boss von Paris St. Germain, des katarischen Prestigeprojekts, steht al-Khelaifi unter Erfolgsdruck. Als PSG in der letzten Saison wieder einmal vorzeitig in der Champions League scheiterte, entließ der Boss, den "L ´Équipe" den "mächtigsten Mann im französischen Fußball" nennt, im Sommer Coach Laurent Blanc. Nationale Meisterschaften sind längst nicht mehr gut genug für Emir Tamim und seinen Abgesandten Nasser, umso schlimmer, dass PSG in der laufenden Serie auf Platz 3 hinter Lucien Favres Nizza und AS Monaco herum dümpelt. "Draxler wird jetzt eine wichtige Verstärkung für uns", sagt al-Khelaifi, der selbst Probleme bekommen könnte, wenn trotz aller Investitionen weder daheim in Frankreich noch in der Champions League Zählbares herausspringt.

Al-Khelaifi hat sowieso noch ganz andere Pläne. BeIn Sports, der Nachfolger des Senders Al Jazeera Sport, soll nach seinem Willen zu einem globalen TV-Imperium aufsteigen, das über alle wichtigen Rechte verfügt und mit ihnen Handel betreibt. Auch Fußball-Weltmeisterschaften und Olympische Spiele hat Big Spender al-Khelaifi dabei im Blick - wobei er selbst mit dem heiklen Thema der Ausrichtung der 2022er-WM daheim in Katar bisher nur am Rande befaßt ist. Was er zu dem Titelkampf und den Diskussionen darum zu sagen hat, klingt staatstragend offiziell: "Alle Gesetze und Regeln werden hier eingehalten." Derweil strebt Al-Khelaifi diskret auch nach einer Berufung in diesen oder jenen Tennis-Funktionärsposten. Chef ist er natürlich in Katars Verband, Vizepräsident schon in der Asiatischen Föderation, aber wer weiß, ob er nicht einmal in mittlerer Zukunft sogar als Boss des Weltverbands grüßt.

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