Konta macht Karolina Pliskova zur Nummer 1

Johanna Konta
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Johanna Konta gewinnt in Wimbledon ein hochklassiges Viertelfinale gegen Simona Halep. Dadurch übernimmt Karolina Pliskova nächsten Montag die Führung in der Weltrangliste.

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Von Christian Albrecht Barschel aus Wimbledon

Ob Karolina Pliskova dieses Match auf ihrer Couch vor dem Fernseher tatsächlich verfolgt und Johanna Konta die Daumen gedrückt hat, ist nicht überliefert. Was sicher ist, dass dieser 11. Juli 2017, ein regnerischer Dienstagnachmittag im All England Lawn Tennis & Croquet Club, große Auswirkungen auf die Karriere der 25-jährige Tschechin hat. Als Konta um 18:53 Uhr Ortszeit auf dem Centre Court in Wimbledon im Viertelfinale gegen Simona Halep ihren ersten Matchball verwandelte, stand fest: Pliskova ist die neue Nummer eins der Welt. Am kommenden Montag wird die 25-jährige Tschechin als 23. Spielerin das WTA-Ranking anführen und Angelique Kerber als Weltranglisten-Erste ablösen. Konta ließ die britischen Hoffnungen auf den ersten Damentitel im Einzel in Wimbledon seit 40 Jahren (Virginia Wade gewann 1977) weiter am Leben und besiegte die 25-jährige Rumänin nach beinhartem Kampf mit 6:7 (2:7), 7:6 (7:5), 6:4. Halep scheiterte somit zum dritten Mal innerhalb eines Monats ganz kurz vor der Besteigung des Tennisthrons. Pliskova selbst hatte bereits im Halbfinale der French Open die Chance auf die Nummer eins, verlor jedoch gegen Halep.

Die Niederlage im Endspiel der French Open gegen Jelena Ostapenko hat Halep gequält. Der erste Grand-Slam-Titel und damit der Sprung auf Platz eins in der Weltrangliste waren zum Greifen nah - erst recht bei Satzführung, und Breakball zum 4:0 im zweiten Satz. In Eastbourne vergab Halep mit dem Aus im Viertelfinale die nächste Chance auf die Besteigung des Tennisthrons. Sollten aller guten Dinge tatsächlich drei sein? Nach dem Zweitrunden-Aus von Karolina Pliskova und der Niederlage von Angelique Kerber im Achtelfinale war die Devise klar: Zieht Halep in Wimbledon ins Halbfinale ein, wird sie am 17. Juli 2017 die Nummer eins der Welt. Verliert sie gegen Konta, übernimmt Pliskova die Führung in der Weltrangliste.

Kontas Kopfsturz in Eastbourne

Da das Dach auf dem Centre Court geschlossen war, wirkte die Unterstützung mit dem Jubel nach Punktgewinnen für Konta noch um einiges lauter, als man es ohnehin hätte erwarten können. Halep hatte sich nach dem verlorenen French-Open-Finale vorgenommen, in wichtigen Situationen mutiger zu agieren. Und das gelang ihr auch im Turnierverlauf, in dem sie die knappen Sätze allesamt für sich entschied, so wie im Achtelfinale gegen Victoria Azarenka im Tiebreak des ersten Satzes. Die 1,68 Meter große Rumänin ging mit einer 0:2-Bilanz auf WTA-Ebene in das Match gegen Konta, aber in der Gewissheit das letzte Duell, im April im Fed Cup klar mit 6:1, 6:3 gewonnen zu haben, allerdings auf Sand.

Konta war vor zwei Wochen in Eastbourne im Viertelfinale gegen Kerber kurz vor dem Sieg auf den Kopf gestürzt und trat daraufhin zum Halbfinale nicht an. Hinter dem Start der britischen Nummer eins in Wimbledon stand ein leichtes Fragezeichen, doch Konta ließ sich die Teilnahme nicht nehmen und begeisterte das Publikum, vor allem beim Sieg in der zweiten Runde mit dem 10:8 im fünften Satz gegen Donna Vekic. Das Duell zwischen Halep und Konta war eines der unterschiedlichen Spielstile: die Britin mit dem kompromisslosen Powertennis von der Grundlinie, die Rumänin mit dem klugen Spielaufbau und den Kontern aus der Defensive.

Halep fehlen zwei Punkte

Halep hatte es 2014 in Wimbledon ins Halbfinale geschafft, im Vorjahr bis ins Viertelfinale. Konta hingegen war bis zu diesem Jahr nie über die zweite Runde hinausgekommen, obwohl ihre Spielart mit den flachen Schlägen wie gemalt ist für Rasen. Die Rumänin erwischte einen Traumstart ins Match und nahm Konta deren erstes Aufschlagspiel ab. Die 26-jährige Britin brauchte einige Minuten, um ihren Spielrhythmus zu finden. Nach einigen verpassten Chancen in den ersten Returnspielen schaffte sie drei Spielgewinne in Folge und glich unter tosendem Applaus des Publikums zum 4:4 aus. Im Tiebreak leitete der beste Ballwechsel des ersten Satzes die Entscheidung ein, als Halep beim Stand von 1:1 mit letzter Kraft einen Passierball an Konta vorbeispielte, der zunächst Aus gegeben wurde. Das Hawkeye gab der Rumänin jedoch Recht, wenige Augenblicke später stand es nach 51 Minuten Spielzeit 1:0 in den Sätzen.

Auch im zweiten Satz entschieden nur Kleinigkeiten. Konta ging dabei zu sorglos mit ihren Chancen um und vergab sowohl zum 2:0 als auch zum 5:3 jeweils zwei Breakbälle am Stück. Erneut ging es in den Tiebreak, und auch diesmal profitierte Halep von einer Hawkeye-Entscheidung. Beim Stand von 3:3 unterbrach die Rumänin den Ballwechsel und nahm die Challenge, und wieder bekam sie Recht. Als Halep mit 5:4 in Führung ging und zwei eigene Aufschläge hatte, war die Chance auf die Nummer eins riesengroß. Doch auch das sollte nicht reichen. Konta beschleunigte das Tempo und holte sich mit drei Punkten in Folge den Satzausgleich.

Konta lässt Halep nicht mehr zurück

Halep hatte zu Beginn des finalen Durchganges die Breakchancen zum 2:0. Unter der frenetischen Unterstützung des Publikums hielt die Britin ihr erstes Aufschlagspiel und schaffte selbst das Break zum 3:2. Es war die Entscheidung, die Rumänin konnte trotz Gegenwehr nicht mehr ausgleichen. Mit einem leichten Vorhandfehler beschloss Halep das Match, wurde dabei aber von einem lauten Zwischenruf eines Zuschauers gestört. Der Ballwechsel wurde nicht wiederholt, sodass Konta etwas ungläubig nach 2:38 Stunden Spielzeit den Einzug ins Halbfinale zur Kenntnis nahm.

"Es ist etwas surreal. Das ist unglaublich, wie schnell Dinge im Tennis passieren. Ich hatte einen klaren Plan und habe den durchgezogen. Ich wusste, dass ich gegen Simona nicht allzu viele Chancen bekommen würde. Zum Glück habe ich sie größtenteils genutzt", resümierte Konta nach dem Match. Im Halbfinale wartet die 37-jährige Venus Williams, fünfmalige Siegerin in Wimbledon.

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