Mit angezogener Handbremse

SID
Philipp Kohlschreiber (r.) hatte sich gegen Roger Federer mehr versprochen
© Jürgen Hasenkopf

Philipp Kohlschreiber ist als letzter deutscher Profi im Achtelfinale der US Open ausgeschieden. Der Routinier war nach der Niederlage gegen Roger Federer bitter enttäuscht.

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Die Szene hatte irgendwie Symbolcharakter: Bevor Philipp Kohlschreiber aus dem Scheinwerferlicht des Arthur-Ashe-Stadiums verschwand, gab er noch schnell ein Autogramm. Auf den Armgips eines Jungen. Ähnlich eingeschränkt wie der Fan hatte sich Kohlschreiber in den 109 Minuten zuvor gefühlt. Auf der größten aller Tennis-Bühnen - gegen den "Maestro".

"Ich konnte die Handbremse nicht lösen. Vielleicht habe ich zu viel gewollt, die Leichtigkeit hat mir gefehlt", haderte der Weltranglisten-37. aus Augsburg nach dem 4:6, 2:6, 5:7 im US-Open-Achtelfinale gegen Superstar Roger Federer.

Nach der zwölften Niederlage von Kohlschreiber im zwölften Duell mit dem Schweizer sind beim letzten Grand Slam des Jahres alle deutschen Profis ausgeschieden. Die Bilanz fiel mit drei Achtelfinalteilnahmen (Kohlschreiber, Mischa Zverev, Julia Görges) eher durchwachsen aus.

Besonders schade, dass keiner der DTB-Männer die vielleicht einmalige Chance nutzen konnte, die sich in der unteren Tableauhälfte durch Absagen und überraschende Niederlagen ergeben hatte. Hoffnungsträger Alexander Zverev (Hamburg/Nr. 4) bekam während seiner Zweitrunden-Niederlage zu spüren, dass ihm die Grand-Slam-Reife immer noch fehlt.

"Monsterturnier"

Zumindest Kohlschreiber verließ New York dann doch mit einem guten Gefühl. "Es war ein Monsterturnier. Wenn mir jemand im Vorfeld gesagt hätte, dass ich in die zweite Woche komme, hätte ich es unterschrieben", meinte der 33-Jährige, der zuversichtlich in das Duell mit dem 19-maligen Major-Champion Federer gegangen war. Allerdings musste Kohlschreiber insgesamt viermal seinen Aufschlag abgeben. Der Davis-Cup-Spieler hielt bei vielen Grundlinienduellen gut mit, konnte sich aber letztlich keine einzige Breakchance erarbeiten.

"Roger hat es geschafft, mich durch sein Spiel zu stressen. Es war vielleicht sein Name, denn sogar von nicht so guten Schlägen war ich beeindruckt", meinte Kohlschreiber - und gestand damit eine gewisse Ehrfurcht vor Federer ein, der seinerseits keine Gnade kannte: "Es ist immer mein Ziel so zu spielen, dass sich mein Gegner unwohl fühlt", bestätigte der 36-Jährige seine Spielverderber-Taktik.

Kohlschreiber indes gibt die Hoffnung auf sein zweites Major-Viertelfinale nach Wimbledon 2012 nicht auf. Bei der ultimativen Herausforderung setzt er auf seine Erfahrung - und den neuen Coach Markus Hipfl. Der Österreicher hatte vor einigen Wochen Kohlschreibers Stammtrainer Stephan Fehske abgelöst.

Mit Hipfl holte die deutsche Nummer drei Anfang August gleich den Titel in seiner Wahlheimat Kitzbühel. "Ich bin immer noch bereit, Sachen zu verändern. Markus hilft mir dabei", betonte "Kohli", der in den vergangenen vier Jahren jeweils einen Turniersieg holte.

Sein Alter sieht er noch nicht als Hemmschuh. Spielerisch fühle er sich sogar besser als früher. "Ich investiere auch mehr Zeit in die Prävention. Im Training gehe ich aber keine vier Stunden lang mehr rechts und links in die Ecke", erzählte Kohlschreiber.

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