Forget Paris

Jelena Ostapenko hat gegen Daria Kasatkina eher mau dreingeschaut
© getty

Im Frühjahr hat Jelena Ostapenko die French Open im Sturm genommen. Derzeit sucht die Lettin nach ihrer Form.

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Von Jens Huiber aus New York City

1995 haben Billy Crystal und Debra Winger magische Tage in Paris verbracht, rein zufällig war auch eine Kamera dabei. Das Resultat lässt sich heutzutage immer noch gut als Stream, auf DVD oder sonst wie begutachten: "Forget Paris", ein natürlich überhaupt nicht zufälliger Film über die Liebe, das Leben - aber auch Basketball. Mit Happy End, ohne an dieser Stelle zu viel zu verraten.

Gerne möchte man derzeit Jelena Ostapenko den Filmtitel entgegen rufen. Auch die Lettin blickt auf magische Tage an der Seine zurück, auf ihren ersten und einzigen Turniersieg. Unvergesslich errungen nach einigen Comebacks, die ihre Gegnerinnen nicht mehr für möglich gehalten hätten, zuallerletzt Simona Halep im Endspiel. Seitdem haben die Tennisfans nicht mehr viel von Ostapenko gesehen, ganz besonders wenig am Samstagmittag in New York City.

Die Mutter souffliert

Die 20-jährige French-Open-Siegerin legte gegen Daria Kasatkina durchaus sportlich los, führte schnell mit 3:1 - und verzichtete danach auf einen weiteren Spielgewinn in Satz eins. Im zweiten gelangen ihr dann nur noch zwei, die Zuschauer auf dem nach dem Match von Dominic Thiem und Adrian Mannarino immer noch gut gefüllten provisorischen Louis Armstrong sahen jedenfalls beinahe eine Wiederholung des Ergebnisses vom Finale in Charleston: Damals hatte Kasatkina mit 6:3 und 6:1 gewonnen.

Jelena Ostapenko kann mit einem Tempo Tennis spielen wie nur wenige Damen auf der WTA-Tour. Die Aufgabe ihres Betreuerstabs ist es, dieses Tempo auch innerhalb der Linien zu halten. Gegen Kasatkina standen am Ende 38 leichte Fehler. Bei einer Spielzeit von 72 Minuten. Ob Anabel Medina Garrigues dafür noch lange die richtige Dame ist, wird womöglich schon die nahe Zukunft weisen. Die Versuchsanordnung bei den Trainings von Ostapenko ist jedenfalls bemerkenswert: Zwar steht die 35-jährige Spanierin, die offiziell noch aktiv auf der WTA-Tour spielt, bei den Übungseinheiten in der Regel in der ersten Reihe. Gleich dahinter platziert sich aber Mutter Jelena Jakovleva, souffliert ihrer Tochter in der gemeinsamen Muttersprache. Für die Autorität einer Trainerin ein sicheres Rezept für ein sich anbahnendes Desaster.

Auf hohem Niveau, versteht sich: Die Tennis-Annalen werden Jelena Ostapenko auf ewig als Siegerin in Roland Garros 2017 ausweisen.

Kontrollierter Ansatz

Der weitere Verlauf der aktuellen Saison erinnert allerdings sehr an jenen der Vorgängerin von Ostapenko vor einem Jahr: Garbine Muguruza hatte nach dem Sieg in Paris ebenfalls auf Durchzug gestellt. Der feine Unterschied indes: Mit Sam Sumyk hat die Spanierin einen Coach, der über jeden Zweifel erhaben ist. Auch wenn Muguruza dies bei den Besuchen Sumyks während der Coaching-Pausen oft anders zu sehen scheint.

Das Beispiel Muguruza zeigt natürlich auch, wie eine Spielerin nach einer gefühlten Auszeit wieder zurück auf den Erfolgsweg finden kann. Auch wenn die nunmehr zweifache Major-Siegerin einen deutlich anderen Spielansatz wählt als Jelena Ostapenkio: Aggressiv zwar, aber viel kontrollierter.

Muguruza hat Paris sicher nicht vergessen, sie hat nach ihrem Finalerfolg gegen Serena Williams davon gesprochen, dass für sie als Spanierin der Titel bei den French Open der größte überhaupt sei. Sie hat wieder in die Spur gefunden, von allen Spielerinnen in der ersten Woche den besten Eindruck hinterlassen.

Jelena Ostapenko ist dies in den kommenden Jahren natürlich auch zuzutrauen. Es wird spannend zu beobachten sein, in welcher Konstellation in der Betreuer-Box.

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