Der notorische Unruhestifter

Fabio Fognini wird von den Schiedsrichtern gefürchtet
© getty

Skandalprofi Fabio Fognini wurde wegen seines unsportlichen Verhaltens von den US Open ausgeschlossen. Es ist nicht der erste Aussetzer des italienischen Tennisrüpels - eine Historie der Black-Outs:

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Von Jörg Allmeroth aus New York City

Er verschwand wie ein Dieb von den US Open, in aller Heimlichkeit, in aller Stille. Und nur noch einmal wurde Fabio Fognini buchstäblich flüchtig gesichtet, auf dem Flughafen John F. Kennedy am Ende des ersten Grand-Slam-Wochenendes, ein Passagier schoss ein verwackeltes Bild von ihm, mitten unter den Reisenden in Richtung Italien.

Es war das unrühmliche Ende einer Dienstreise für den ewigen Unruhestifter, der wegen einer gruseligen, sexistischen Tirade in seinem verlorenen Erstrundenmatch vom letzten Grand-Slam-Turnier der Saison ausgeschlossen wurde.

"Hässliches Eichhörnchen" und "Schlampe", hatte der 30-jährige Fognini, wieder einmal in einem zornigen "Black-Out", der Schiedsrichterin Louise Engzell zugerufen, man kann es hören und sehen auf Videos, die im Internet kursieren. Nichts Neues bei Fognini, nur die Qualität der Beleidigungen war noch ein wenig schlimmer als sonst.

Versagen der Autoritäten

Und die Bühne prominenter, auf der er sich erneut vergaß, herumrandalierte und noch ein paar Flüche ausstieß, die nicht zitierfähig sind. Eine lauwarme, halb relativierende Entschuldigung ("Ich habe falsch gehandelt. Aber am Ende ist es nur ein Tennisspiel") schickte Fognini später hinterher, übers Internet, nicht etwa persönlich gegenüber seinem Opfer, der Schwedin Engzell.

Der Fall Fognini, die Skandalakte des größten Tennisrüpels dieser Epoche - seit Jahren dokumentiert sich hier auch schon ein Versagen der Autoritäten im Wanderzirkus, ob nun der Spielervereinigung ATP oder des Tennis-Weltverbandes ITF. Viel zu oft kam der labile Italiener mit Ermahnungen oder geringen Geldbußen davon, wenn er sich heftige Wortgefechte mit Unparteiischen lieferte oder auch Konkurrenten verbal attackierte. Ganz zu schweigen von Schlägerwürfen, kaputt getretenen Rackets, in die Zuschauermenge gejagten Bällen - das Standardrepertoire des Unverbesserlichen und Über-Erregten.

Symptomatisch war das Verhalten der Bosse auch in New York, erst drei Tage nach dem Vorfall wurde die Sperre für den Doppelwettbewerb ausgesprochen - angeblich, weil es länger dauerte, die Schimpfkaskaden Fogninis zu übersetzen. "Drei Tage. Sorry, das ist ein Witz", befand Rafael Nadal dazu. Auch, da Fognini zwischendurch noch zwei Doppelmatches bestritt.

Schiris auf "heißem Stuhl"

Fognini ist ein Nervenbündel, eine tickende Zeitbombe auf den Courts rund um die Welt. Unter den Schiedsrichtern gilt eine Ansetzung mit Fognini als Garantie für den "Heißen Stuhl", es kostet viel psychische Substanz, die Eskapaden des Dauersünders zu ertragen. Aber umso verwunderlicher erscheint, wie moderat die Disziplinierungsmaßnahmen wieder und wieder verliefen.

Die Strafen, die gegen ihn ausgesprochen wurden, taten ihm nie weh. Der Mann ist mehrfacher Millionär, wie konnte ihn da beispielsweise die "höchste" jemals in Wimbledon ausgeteilte Buße von rund 27.000 Dollar kratzen, damals hatte er einen Schiedsrichter bedroht. In jenem Jahr leistete er sich auch einen weiteren üblen Ausrutscher, am Hamburger Rothenbaum beleidigte er seinen Gegner Filip Krajinovic als "Scheiß-Zigeuner."

Manche im Tourbetrieb hatten gehofft, Fognini könne durch seine Heirat mit der früheren Profispielerin und US Open-Siegerin Flavia Pennetta und als frischgebackener Vater zu etwas mehr Seelenfrieden finden. Aber Fognini kann nicht aus seiner Haut heraus, er ist ein Unruhestifter durch und durch, eigentlich brauchte er psychologische Hilfe, eine Lebensberatung. Im Tennis bleibt nichts anderes übrig, als Fognini die ganze Härte des Regelwerks spüren zu lassen - und nicht weiter falsch verstandene Toleranz zu üben.

Beschimpfungen gegen die eigene Familie

Das Grand Slam-Komitee, das ihn vorerst nur für dieses Turnier hier in New York sperrte, setze seine Untersuchung fort, erwäge auch weiter Maßnahmen, hieß es. Fognini könnte für einen sogenannten "Major offence", also ein schwer wiegendes Delikt, u.a. mit einer Geldstrafe von bis zu 250.000 Dollar belegt werden. Aber wirklich wehtun würde dem Skandaldarsteller nur eine anhaltende Sperre, eine längere Zwangspause vom Tennis. Und die Androhung noch härterer Sanktionen bei Wiederholungsfällen.

Fognini hatte es sich bei seiner Flucht aus New York auch mit seinem Freund und langjährigen Doppelpartner Simone Bolelli verscherzt. Denn der erfuhr erst von Reportern auf einem Trainingsplatz, dass die gemeinsame Doppelmission bei den US Open abrupt zu Ende gegangen sei. Es scheint, als könne Fognini nicht anders, als sich mit der ganzen Welt anzulegen, er hat auch schon seine eigene Entourage und Familie beschimpft - weil sie nur in guten Zeiten zu ihm stünden. Und nicht, wenn er in Schwierigkeiten sei.

Ein altgedienter italienischer Reporter, ein langer Weggefährte Fogninis, bekam bei den US Open auch sein Fett weg. "Pass auf, dass ich Dir das Handy nicht auf dem Kopf zerschlage", lautete die Ansprache von Fognini, "Du Schwachkopf, Du Idiot." Eine Kolumnistin der New York Times brachte die Affäre Fognini nun so auf den Punkt: "Es ist zu wenig zu spät getan worden. Aber jetzt ist genug wirklich genug."

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