Am Geburtstag gegen das Geburtstagskind

Timea Bacisnszky
© getty

Timea Bacsisnzky steht zum zweiten Mal nach 2015 im Halbfinale der French Open. An ihrem 28. Geburtstag trifft sie ausgerechnet auf ein anderes Geburtstagskind, die Lettin Jelena Ostapenko.

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Es war ein Tag, an dem Timeas Bacsinszky einfach alles besiegte. Die eigenen Nerven, das schwierige Publikum auf dem Pariser Centre Court, das gruselige Wetter, die langen Regenpausen. Und schließlich und endlich auch noch ihre Gegnerin, die Lokalmatadorin Kristina Mladenovic: "Es war ein wahnsinniger Tag, ein komplizierter Tag, ein aufreibender Tag, aber auch ein wunderschöner Tag", sagte Bacsinszky nach ihrem 6:4, 6:4-Erfolg in einem zähen, endlos scheinenden Geduldsspiel auf dem Grand-Slam-Terrain von Roland Garros. Erst knapp sechs Stunden nach den ersten Ballwechseln war Bacsinszkys zweiter Halbfinalvorstoß bei ihrem erklärten Lieblingsturnier perfekt, der leidenschaftliche Einsatz und die mentale Kühle in dieser herausfordernden Situation hatten sich mehr als gelohnt. "Es ist ein Traum, wieder so weit gekommen zu sein", sagte die Schweizerin und bat die Fans noch mit einem Lächeln um Verzeihung, "dass ich hier leider an mich denken musste und dabei einige Hoffnungen zerstört habe."

Ostapenko-Feuerwerk gegen Wozniacki

Dem denkwürdigen Auftritt an diesem Dienstag im regen- und windgeplagten Paris folgt nun ein kurioser Showdown am Donnerstag - wahrscheinlich einmalig in der Tennishistorie. Denn in der Vorschlussrunde werden sich dann zwei Geburtstagskinder gegenüberstehen - Bacsinszky, die ohnehin älteste noch im Turnier verbliebene Starterin, wird dann 28 Jahre alt. Und ihre Überraschungsgegnerin, die Lettin Jelena Ostapenko, beendet ihr Teenagerleben an ihrem 20. Geburtstag mit dem größten Match ihrer jungen Karriere - sie stand noch nie zuvor in einem Grand-Slam-Halbfinale.

Doch wie sie in der Runde der letzten Acht, zeitgleich zu Bacsinszky, aufspielte und auftrat, war mehr als bemerkenswert: Mit einem Feuerwerk von 38 Gewinnschlägen und einer mitreißenden Aufholjagd zum 4:6, 6:2, 6:2-Sieg gegen die favorisierte Dänin Caroline Wozniacki sorgte sie für Begeisterungsstürme auf Court Suzanne Lenglen. Bacsinszky und Ostapenko, die wegen ihrer aggressiven Spielweise in den sozialen Netzwerken gleich zu "OstaPengko" umgetauft wurde, trafen bisher in ihrer Laufbahn noch nie aufeinander. Bacsinszky war bereits vor zwei Jahren einmal ins Pariser Halbfinale vorgestoßen, damals wurde sie dann auch das Opfer einer dramatischen Staatsschauspielerinnen-Affäre und Schmierenkomödie um Serena Williams - die Schweizerin verpasste seinerzeit den Sieg noch nach einer eigenen 6:4, 3:2-Führung gegen die von einer Verletzung wiederauferstandenen US-Amerikanerin.

Klare Linie bei Schmuddelwetter

Gegen Ostapenko darf sich Bacsinszky, bei aller Vorsicht und bei allem Respekt, nun tatsächlich den ersten Vorstoß in ein Grand-Slam-Endsiel ausrechnen. Vor allem dann, wenn sie erneut eine so kluge Mischung aus Aggressivität und Kontrolle findet wie im Spiel gegen Mladenovic. In einer anfangs mächtig vom Winde verwehten Partie war Bacsinszky stets die etwas klüger und beherrschter operierende Akteurin, nur ganz selten leistete sich die Romande gravierende Fehler. Und ganz ähnlich wie ihr Landsmann Stan Wawrinka fand sie in den kritischen Situationen noch immer einen Weg, ein Rezept, ein Mittel, um sich gegen die feurige Mladenovic durchzusetzen, den erklärten Liebling des Pariser Publikums.

Auch nach einer mehrstündigen Pause im Pariser Schmuddelwetter ließ sich Bacsinszky nicht von ihrer klaren Linie abbringen, erst recht nicht von der Absicht, selbst im Zweifelsfall für die Entscheidung zu sorgen und Druck auf die Französin auszuüben. Ein schwaches Aufschlagspiel brachte der 27-Jährigen zwar nach der Unterbrechung den 1:3-Rückstand im zweiten Satz, doch anschließend diktierte sie den Rhythmus, das Tempo und die Ballwechsel. Noch einmal, beim 4:3 für die Schweizerin, ging es wegen einer Regendusche in die Katakomben. Aber der Sieg war nur aufgeschoben für Bacsinszky, nicht aufgehoben. Ein Volleyfehler von Mladenovic brachte den entscheidenden Punkt zum Sprung ins Halbfinale. "Meine Reise hier ist noch nicht beendet", sagte Bacsinszky.

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