Liebe Legenden, jetzt mal ernsthaft...

Fabrice Santoro, Mansour Bahrami: Ein bisschen Spaß muss sein
© getty

Bei Grand-Slam-Turnieren wimmelt es mittlerweile nur so vor Legenden. Dass diese nach wie vor gut Tennis spielen können, ist toll. Aber warum zeigen sie es nicht?

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Von Florian Goosmann aus Melbourne

In Woche zwei bei einem Grand-Slam-Turnier kommen die Tennis-Romantiker auf ihre Kosten. Denn vor einigen Jahren haben die Grand-Slam-Turniere die "Legend's Doppel" entdeckt, Spiele der Altmeister, der Publikumslieblinge der 80er- und 90er-Jahre.

Wobei "Legenden" weit gefasst ist. Je nach Land kommen unterschiedliche Legenden zum Zug, nur die größeren, die wirklichen Ikonen des Spiels, sind überall gleich, sie heißen John McEnroe, Pat Cash oder Martina Navratilova. Die anderen Legenden unterscheiden sich nach Austragungsort. In Paris heißen sie Guy Forget oder Nathalie Tauziat, in Melbourne dann Alicia Molik oder Todd Woodbridge, in diesem Jahr sogar Richard Fromberg und Wayne Arthurs.

Die Zuschauer freuen sich auf ihre Altstars

Legenden hin oder her: Warum auch nicht. Die Nachfrage bestimmt den Markt, und schaut man sich die Zuschauertribünen bei Spielen der Altmeister an, ist die Nachfrage durchaus da. Speziell eben in Woche zwei, wo Karten für die Hauptplätze verdammt viel Geld kosten und die günstigen Ground Tickets, die in Woche eins noch der Traum eines jeden Tennis-Enthusiasten sind, ja auch noch verkauft werden wollen.

Ein Highlight bei den Legenden: natürlich Mansour Bahrami, der Tennisclown. Weniger eine Legende des Spiels (Bahrami stand "nur" auf Rang 192 der Welt), aber ein Trickmeister und Liebling der Fans. Einer übrigens, der nicht nur tricksen kann, sondern mit 60 Jahren noch ernsthaft gut Tennis spielt: Beobachtet man eine Trainingssession von Bahrami, sieht man nur wenige Tricks, dafür saubere und zügige Schläge.

Ein bisschen mehr Tennis darf's dann doch sein

Bahrami hin, Legenden her. "Schuster, bleib bei deinen Leisten", heißt es gerne - und das gilt insbesondere für die anderen Legenden. Denn als Zuschauer kann man ordentlich reinfallen. Was bei Bahrami wirklich witzig ist, wirkt bei den Kollegen gerne aufgezwungen. Wenn Fabrice Santoro und Goran Ivanisevic bereits im ersten Aufschlagspiel übers Netz springen, 100 Meter hohe Mondbälle spielen oder kurz später den Balljungen die Schläger in die Hand drücken... ist es schade ums Geld und die Zeit. Speziell die Jungs, die in Melbourne am Start sind, hätten nämlich noch einiges mehr drauf. Gutes Tennis zum Beispiel, an das die Fans erinnert werden wollen. (Dass es auch so geht, sieht man bei manchen Doppeln in der Tat, gerne bei jenen der nach wie vor durchaus ehrgeizigen Martina Navratilova.)

Spaß hin, Seriosität her, es ist auch eine Kostenfrage. 245 stolze australische Dollar (rund 172 Euro) kostete ein Ticket der Night Session am Donnerstag für die Matches Roger Federer gegen Stan Wawrinka - sowie John und Patrick McEnroe gegen Goran Ivanisevic und Pat Cash, letztere Vier doch eher grummelige Berufsspieler zu ihrer Zeit. Die nun, mit Mikrofon (!) ausgestattet, vermeintlich lustiges Seniorentennis spielten, anstatt dem Zuschauer eine ernsthafte Zeitreise zurück in die 80er- und 90er zu schenken. Das Traurige ist, neben dem finanziellen Verlust: Sie hätten es vom Spielerischen her durchaus gekonnt.

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