Der "Maestro" - Gefeiert wie ein Turniersieger

Roger Federer hat die Gunst des Publikums
© getty

Beim Publikum hat Roger Federer die Nase vorne - wie auch sportlich gegen Jürgen Melzer. Landsmann Stan Wawrinka hat mit seinem Erstrunden-Gegner indes größere Probleme.

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Als Roger Federer am Montagabend hineinmarschierte in die Rod Laver-Arena, zum Erstrundenspiel gegen seinen ewigen Weggefährten Jürgen Melzer (Österreich), da wirkte es so, als würde bereits der Sieger des Australian Open gefeiert. Von tosendem Beifall umrauscht, bahnte sich Federer den Weg zu seiner Bank, immer wieder winkte er gerührt in Richtung der Fans. Es war ein besonderer Moment für das Turnier, diese emotional aufgeladene Begrüßung eines der Größten, die je aufgespielt haben beim australischen Grand Slam. Aber es war auch ein besonderer Moment für Federer, den späteren 7:5, 3:6, 6:2, 6:2-Sieger dieses Duells, für den Mann, der erstmals nach der längsten und nervenzehrendsten Verletzungspause seiner Karriere wieder in einem Pflichtspiel zum Racket griff: "Das war schon ein bewegendes Gefühl", sagte Federer am Ende seines durchaus spannungsgeladenen Arbeitstages, "ich fühlte mich in jeder Beziehung wieder wie zu Hause. Endlich wieder auf einem Tennisplatz, in einer großen Arena, bei einem großen Turnier." Federer hatte sein offiziell letztes Match im Wimbledon-Halbfinale 2016 gegen Novak Djokovic bestritten.

Weitaus mehr Nervenkitzel als Federer hatte allerdings Stan Wawrinka zu überstehen, der Mann, der mit der Rückkehr und dem Comeback des Maestro wieder ein wenig in seine alte Schattenrolle zurückgesunken scheint - der Sieger bei drei verschiedenen Grand Slam-Wettbewerben in den letzten drei Jahren lag im fünften Satz seiner Partie gegen den Slowenen Martin Klizan bereits mit 3:4 und 15:40 zurück (bei Aufschlag Klizan), ehe "Stan, the Man" noch zu einem kaum erwarteten Entfesselungsakt ansetzte und den 204 Minuten langen Marathon mit 4:6, 6:4, 7:5, 4:6 und 6:4 gewann. Schon im zweiten Durchgang hatte Wawrinka einen gefährlichen Break-Rückstand bei 0:1-Satzdefizit wettgemacht und sich seine Chancen auf einen Umschwung offen gehalten. "Ich muss mich gewaltig steigern, wenn ich hier noch etwas erreichen und länger bleiben will", befand Wawrinka, "zunächst aber zählt in einer Auftaktrunde nur der Sieg." Am Mittwoch trifft Wawrinka auf den US-Amerikaner Steve Johnson, die Nummer 30 der ATP-Weltrangliste.

Die Nerven behalten

Federer hatte gegen Melzer, einen alten Bekannten noch aus gemeinsamen Junioren-Tagen, ebenfalls harten Widerstand zu brechen - jedenfalls mehr als das nackte Ergebnis es ausdrückte. Melzer mag zwar nach einer Reihe von Verletzungsproblemen auf Platz 300 der Tennischarts zurückgefallen sein, aber gegen Federer spielte er lange Zeit eher so ambitioniert und zupackend wie in jener Zeit, als er sogar in den Top Ten seines Sports stand. "Ich bin froh, dass ich die Partie so gut hinter mich gebracht habe. Auch mit der nötigen Entschlossenheit bei den Big Points", sagte Federer später. Das galt insbesondere für die Phase nach dem jähen 1:1-Satzausgleich, den sich Federer nach einer 3:1-Führung im zweiten Durchgang noch eingehandelt hatte. Der 17-malige Grand Slam-Champion erholte sich freilich schnell von seiner Schwächephase, zog das Tempo an und diktierte wieder das unterhaltsame Spiel. "Durchaus positiv" sei es gewesen, so Federer, "dass es eine ordentliche Portion Widerstand gab. Und dass ich die Nerven behalten habe." Ganz allgemein sei in der jetzigen Lage "sowieso jedes Match ein gutes Match."

Nach der Nummer 300 der Weltrangliste geht es für Federer immer noch vergleichsweise angenehm weiter - mit der Nummer 200 als Gegner in der zweiten Runde, mit dem amerikanischen Qualifikanten Noah Rubin. Federer bekannte, "praktisch nichts" über den 20-jährigen zu wissen, der sein Auskommen vorwiegend auf der Challenger-Tour hat. Aber sicher ist: Er wird sich gegen den Außenseiter wohl wie auch gegen Melzer auf einen guten Aufschlag und souveränes Netzspiel verlassen können. Allein 19 Asse retteten Federer gegen den gleichfalls 35-jährigen Niederösterreicher immer mal wieder aus der Bredouille, verschafften ihm wegweisende Vorteile.

Die Australian Open im Überblick

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