„Der Slice ist heiß“ – Die Spielshow mit Roberta Vinci

Roberta Vinci spielt das Tennis ihres Lebens und hat hierbei gute Chancen auf noch mehr. In Stuttgart und Paris.

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 21.04.2016, 18:41 Uhr

STUTTGART, GERMANY - APRIL 21: Roberta Vinci of Italy plays a backhand in her match against Julia Goerges of Germany during Day 4 of the Porsche Tennis Grand Prix at Porsche-Arena on April 21, 2016 in Stuttgart, Germany. (Photo by Dennis Grombkowsk...

Von Florian Goosmann aus Stuttgart

... und dann war da dieser Slice. Dieser wunderschöne Slice. Der tiefe Slice gegen den Lauf. Der Slice kurz cross, kurz longline, schön flach, fast gechippt. Der Slice als Angriffsball, der Slice als Lob, der Slice als Stopp. Der Slice, den Julia Görges ins Aus setzte oder ins Netz. Der Slice, den sie vermeiden wollte, indem sie ihn kurzzeitig nicht mehr anspielte, bis sie es doch wieder tun musste, weil auf der anderen Seite ja auch eine Vorhand war. Und dann war er wieder da. Der Slice von Roberta Vinci .

Das Spiel ihres Lebens

Wirklich böse war ihr in der Porsche-Arena niemand, so hatte man das Gefühl, als Vinci mit 6:3, 6:4 gewonnen hatte. Natürlich, man wollte, dass Julia Görges siegt, weiterkommt, nach 2011 vielleicht wieder in Reichweite der Schlüssel zum roten Porsche, der in der Ecke des Platzes stand. In der Ecke, in die sie von Roberta Vinci immer wieder getrieben wurde, wenn sie attackieren wollte und Vinci ihn lang und defensiv spielte. Den Slice.

Es ist das Gesamtpaket, das aktuell so sehr stimmt bei der Italienerin, die Tennis immer noch "spielt" . Im Gegensatz zu vielen anderen, die es mehr prügeln, jeden Schlag spielen, als sei es der letzte. Vinci, die 33-Jährige, die seit 1999 Profi ist, Nummer eins im Doppel war und fünffache Grand-Slam-Siegerin. Und die doch für immer mit einem Einzel-Sieg in Verbindung gebracht werden wird: mit dem Halbfinal-Sieg gegen Serena Williams bei den US Open 2015 , als sie diejenige war, die womöglich den ersten Grand Slam seit Steffi Graf im Jahr 1988 verhinderte. Steffi Graf, die andere mit dem Slice und der Vorhand.

"Mir macht mein Spiel Spaß"

Vinci steht aktuell auf Rang acht der Welt, so hoch wie nie. In St. Petersburg gewann sie im Februar das größte Turnier ihrer Karriere, wenngleich natürlich der Finaleinzug in New York ihr größter Erfolg ist, dieses Gute-Laune-Endspiel zwischen ihr und Freundin Flavia Pennetta, die siegte und glücklich ihre Karriere beendete.

Auch Vinci ist mit sich im Reinen. Ein Karriereende ist auch für sie zum Ende der Saison ein Thema - mal sagt sie ja, mal weiß sie es nicht. Warum auch jetzt schon entscheiden, wo sie die anderen öfter ärgert als je zuvor. Mit ihrem Spiel, das so aus der Zeit gefallen scheint. "Ich weiß, dass ich ein anderes Spiel spiele als die anderen. Ich habe schon immer so gespielt, mir macht das Spaß. Ich habe viel Gefühl, gehe gerne ans Netz, mag es zu mixen. Das ist mein Stil", erklärte sie, es klang fast etwas entschuldigend.

Geht da was bei den French Open?

Dennoch muss die Frage erlaubt sein: Ist auch für Vinci noch mehr drin? Ein Major-Sieg, vielleicht bei den French Open, auf Sand eben, der zwar nicht Vincis Lieblingsbelag ist, auf dem es in diesem Jahr noch keine wirkliche Favoritin zu geben scheint, nachdem Maria Sharapova gesperrt, Simona Halep ständig verletzt und Garbine Muguruza zu unbeständig ist? Auf Sand, den Serena Williams, Angelique Kerber , Victoria Azarenka, Agnieszka Radwanska und Petra Kvitova nicht wirklich lieben? Auf dem Belag, auf dem der Slice früher, als es noch Spezialisten gab, seine beste Zeit erlebte? "Ich???", antwortet Vinci fast erschrocken auf die Frage, ob sie sich Chancen ausrechnet. "Nein... aber man weiß natürlich nie."

Vinci weiß jedoch, dass ihr Spiel ungewohnt ist für die anderen. Dass ihr Spiel an guten Tagen funktionieren, an anderen aber, an guten Tagen der Gegnerinnen, auch nach hinten losgehen kann. "Die meisten spielen sehr schnell und flach. Mein Spiel kann mir manchmal helfen, manchmal nicht. Wenn die anderen zu stark spielen, kann ich nichts machen", ist sich auch die Italienerin der Beschränkungen in ihrem Spiel bewusst. Wobei "nichts machen" relativ ist: Sie wird auch dann versuchen, die anderen zu ärgern. Natürlich mit dem Slice.

von Florian Goosmann

Donnerstag
21.04.2016, 18:41 Uhr