NHL

Jesus Greiss Superstar

Thomas Greiss hütet das Tor der New York Islanders
© getty

Goalie Thomas Greiss ist die Nummer Eins im Kasten der New York Islanders, mit denen er eine lange Durststrecke beendet hat. Zur Belohnung gab es einen neuen Vertrag für den deutschen Nationalspieler - und die euphorische Huldigung des Internets, das ihn als Heiligen verehrt, noch obendrauf.

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23 lange Jahre mussten die Islanders warten, bis endlich wieder ein Erfolg in einer Playoff-Serie zu Buche stand. 2016 schlug man endlich die Florida Panthers in sechs epischen Spielen mit mehreren Overtimes. Der überragende Mann in diesem Duell? Goalie Thomas Greiss aus dem bayerischen Füssen.

Mit ein bisschen Verspätung, aber dennoch überaus verdient belohnte ihn die Franchise im Januar nun mit einer Vertragsverlängerung über drei Jahre und zehn Millionen US-Dollar. Die Botschaft dabei ist klar: Der 31-Jährige ist die neue Nummer Eins im Kasten des Teams, dass erst kürzlich aus Nassau ins Barclays Center nach Brooklyn umgezogen ist.

Und Greiss ist damit auch die erste deutsche Nummer Eins in der NHL seit Olaf Kölzig, der 2009 seine Karriere beendete. "Olie the Goalie" gehörte über Jahre hinweg zu den Besten seines Fachs. Greiss ist drauf und dran, in diese Fußstapfen zu treten.

Langer Weg in die Big League

Für Greiss ist es die Erfüllung eines Traums nach langer Zeit des Hochdienens. Bereits 2004 wurde der inzwischen 31-Jährige an 94. Stelle des Drafts von den San Jose Sharks gezogen, verbrachte dann jedoch erstmal noch einige Jahre bei den Kölner Haien sowie im AHL-Farmteam von Worcester. Bevor ihn die Sharks schließlich endgültig als Backup ins NHL-Team holten, verbrachte er sogar noch ein Jahr in Schweden bei Brynäs IF, um Spielpraxis zu sammeln.

Über seinen langen Weg an die Spitze sagte Greiss kürzlich: "Jeder hat gewisse Selbstzweifel auf seinem Weg, aber du musst immer an dich glauben." Über Phoenix und Pittsburgh kam er schließlich 2015 zu den Islanders - natürlich als Backup vom gleichaltrigen Jaroslav Halak, dessen Ausfall im März erst zu Greiss' Playoff-Run geführt hatte.

Beim World Cup of Hockey waren beide im Kader von Team Europe, doch während Halak mit dem Überraschungsteam des Wettbewerbs bis ins Finale stürmte, blieb für Greiss abermals nur die Rolle des Zuschauers. Ebenso bei den Isles, die aber nach der erfolgreichen Vorsaison so gar nicht aus den Startlöchern kamen und einen klassischen Fehlstart hinlegten.

Goalie-Tausch nach Fehlstart

Head Coach Jack Capuano kostete dies den Job, doch noch bevor er entlassen wurde, nahm er eine einschneidende Änderung vor - und wechselte den Goalie. Greiss war die Nummer Eins, und mit ihm kam so langsam die Wende. Zu spät zwar für Capuano, aber auch dessen Nachfolger Doug Weight hielt an Greiss fest. Halak wurde gar ins Farmteam abgeschoben, Greiss ist spätestens seit seiner Vertragsverlängerung unumstritten.

Mit Recht, wenn man auf die Zahlen schaut: Von seinen 27 Starts gewann er 16 (8 Niederlagen) und ließ im Schnitt 2,45 Gegentore im Schnitt zu (Platz 15 in der Liga). Mit seiner Save-Quote von 92,1 Prozent belegt er gar Platz 13 in der NHL. Zum Vergleich: Halak gewann nur sechs seiner 20 Starts (8 Niederlagen) und lieferte die insgesamt schwächeren Zahlen (3,23 Gegentore, 90,4 Prozent Fangquote).

Waren die Isles mit Greiss im Wartestand noch weit weg von den Playoffs in der Eastern Conference, sind sie nun mittendrin in der Jagd auf die letzten Plätze. Nur zwei Punkte trennen sie derzeit von den Toronto Maple Leafs, die den achten und letzten Platz innehaben.

Dieser Leistungsschub und der damit einhergehende Sprung ins Stammteam blieb auch den Fans nicht verborgen. Sie feiern Greiss in der Halle sowie im Internet mit Sprechchören a la "Greiss Greiss Baby" und "Jesus Greiss" - die Inspirationen für diese Wortspiele liegen natürlich auf der Hand.

Zu faul zum Schlittschuhfahren

Doch obwohl er mittlerweile der gefeierte Held des Teams ist, in dem seit dieser Spielzeit auch Dennis Seidenberg untergekommen ist, gibt sich der Ur-Bayer eher bescheiden, wenn es um seine Entwicklung geht. "Ich spiele viel, da kommt man viel besser in den Rhythmus. Und ein bisschen Erfahrung kommt auch dazu", zitiert ihn die Bild am Sonntag. Dort erklärte er auch, wie er überhaupt zu seiner Rolle als Torhüter kam: "Ich war zu faul zum Schlittschuhlaufen, da haben sie mich halt ins Tor gestellt."

Zu dieser Zurückhaltung passt, dass er selbst auch kaum in den sozialen Medien auftritt. Jedenfalls nicht direkt. Seine Frau, Brittney Greiss, eine ehemalige Miss South Dakota, übernimmt diesen Part und berichtet fleißig auf Twitter über ihren Gatten, den sie als "Liebe meines Lebens" bezeichnet. Zusammen haben sie eine Tochter.

Auf dem Eis aber ist Greiss stets präsent, strahlt große Ruhe aus und brachte es auch schon auf zwei Shutouts in diesem Jahr. Sein neuer Vertrag hat das Selbstvertrauen nochmals gesteigert: "Das gibt dir auch auf dem Eis Sicherheit", so Greiss gegenüber Newsday. Was seine aktuelle Form betrifft, macht er keinen Hehl daraus, dass er sich auf dem Zenit seines Schaffens befindet: "Ich erlebe meine erfolgreichste Zeit, es macht echt Spaß."

The Greiss is right

Spaß haben im Übrigen auch die Lokaljournalisten, die die Spiele der Islanders begleiten. Einer davon ist Rick DiPietro, der für seine extravaganten Outfits bekannt ist. Nachdem die Islanders vor dem All-Star Break einen wichtigen Sieg über die Montreal Canadiens mit Star-Goalie Carey Price feierten, war erneut Greiss der gefeierte Held. Das ging so weit, dass DiPietro zum Wortspiel "The Price was wrong tonight" griff, in Anlehnung an die langjährige Gameshow "The Price is right", die in Deutschland unter dem Namen "Der Preis ist heiß" in den 90ern lief.

Damit nicht genug: DiPietro proklamierte anschließend: "The Greiss is right" und riss sich im Stile von Superman das Hemd auf, um darunter ein T-Shirt mit exakt diese Botschaft zu enthüllen. Das Video dazu war freilich ein großer Hit auf Twitter.

Und irgendwo auch das Motto der Islanders, die mit Greiss offenbar auf dem richtigen Weg sind. Vielleicht führt dieser ja erneut in die Playoffs. Die Legende "Jesus Greiss" würde damit nur noch weiter wachsen.

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