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NFL Third and Long Week 12: Seahawks als Playoff-Kandidat - aber warum?

Die Seattle Seahawks sind auf Playoff-Kurs - auf dem Rücken einer vertikalen Offense.
© getty

Mit dem Abschluss von Woche 12 biegt die Regular Season auf die Zielgerade ein, und das Playoff-Bild wird konkreter. Darin spielen die Seattle Seahawks eine zunehmend prominente Rolle, aber warum eigentlich? Außerdem: Die Bauernopfer bei den Jaguars fallen, tiefere Probleme sind aber offensichtlich. Um die Patriots muss man sich keine Sorgen machen; und welchen Einfluss hat eigentlich Cooper auf die Cowboys-Offense?

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Die Seahawks auf Playoff-Kurs - dank des Passing Games

Seattle ging mit dem öffentlich kommunizierten Ansatz in die Saison, wieder stärker auf das Run Game setzen zu wollen. Head Coach Pete Carroll will auf ein starkes Run Game in Kombination mit der Defense setzen, auch die schiere Anzahl der Runs sollte wieder hoch geschraubt werden. Diese Mission wurde eindrucksvoll erfüllt - Seattle steht bei 31,9 Runs pro Spiel, der Liga-Höchstwert.

Und die Seahawks hatten auch mehrere spektakuläre Auftritte mit ihrem Run Game. 273 Rushing-Yards gegen die Rams, 154 gegen die Chargers, 176 in Detroit, um nur einige zu nennen. Doch so dominant Seattle mit seinem Run Game vereinzelt auch aussah: wirklich gefährlich ist Seattle, wenn man in der Lage ist, Defenses tief zu attackieren. Und das können die Seahawks.

In den kritischsten Momenten während des Spiels gegen die Panthers war genau das auch das Mittel, mit dem Seattle diese Partie gewann. Die drei längsten Passing-Plays der Seahawks am Sonntag kamen in der zweiten Hälfte bei Third oder Fourth Down und alle drei hatten direkte Scoring-Implikationen

Dabei stach natürlich das Big Play zu Tyler Lockett ganz am Ende heraus: Ein 43-Yard-Pass eine Minute vor dem Ende, der das Game-Winning-Field-Goal ermöglichte.

Mit dieser und ähnlichen Route-Kombinationen hatten die Seahawks in Carolina mehrfach Erfolg: Gegen die Panthers-Secondary, die sehr viel Cover-1 und Cover-3 - also mit je nur einem tiefen Safety - spielt, zogen sie den Safety durch eine tiefe Crossing-Route weg vom primären vertikalen Read; in diesem Fall Lockett.

Dazu kam ein Coverage-Switch bei den Panthers, der womöglich durch Locketts kurze Route oder durch einen Pre-Snap-Kommunikationsfehler bedingt war. Munnerlyn übernimmt den Outside-Receiver, stattdessen zieht Cornerback Corn Elder, vor dem Snap outside postiert - nach innen.

Das bringt Munnerlyn gegen den schnellen Lockett direkt in einen Nachteil, Seattles Speedster dagegen bekommt nicht nur einen freien Release, sondern auch noch danach freie Bahn, um einfach geradeaus zu sprinten. Hier in der zweiten Grafik wird noch deutlicher, wie offen die Seite dann tatsächlich ist.

Generell ist das vertikale Passing Game Trumpf. Von allen Quarterbacks mit mindestens 20 Dropbacks wirft Wilson prozentual die fünftmeisten 20+ YDS Pässe (15,2 Prozent), ist auf Rang 10 bei Downfield-Accuracy (48,9 Prozent) und hat eine der besten TD-INT-Ratio bei solchen Pässen, gemeinsam mit Kirk Cousins (11:1). Übertroffen wird er hier nur von Aaron Rodgers.

Von allen Quarterbacks mit mindestens 200 Pässen werfen dieses Jahr nur Jameis Winston (Average Intended Air Yards: 10,9), Ryan Fitzpatrick (10,2) und Mitchell Trubisky (9,3) den Ball im Schnitt weiter, Wilson steht hier inzwischen vor Mahomes und Watson.

In den vergangenen beiden Wochen hatte er kombiniert 193 Passing-Yards bei Pässen über mindestens 20 Yards, Wilsons einzige Interception im vertikalen Passing Game kam in Week 1 gegen die Broncos.

Wo Seattle früher in der Saison noch vor allem aus seinen Play-Action-Sets heraus ins vertikale Passing Game ging - und das ist auch immer noch eine wichtige Waffe, Wilson verzeichnet 2,9 Yards pro Play-Action-Pass mehr und steht via Play Action bei neun Touchdowns und nur einer Interception -, sah man gegen die Panthers erneut auch andere Hilfsmittel, konkret: zusätzliche Protection und das Isolieren des primären Reads. Auch beim hier dargestellten 35-Yard-Touchdown zu David Moore.

Und es fällt sofort auf: Seattle nutzt das gleiche Mittel wie später bei Locketts langem Catch. Wieder ist es eine tiefe Crossing-Route, die den einzigen Safety weg zieht. Die Panthers sind in Cover-1 mit dem einen freien Safety sowie einem Zone-Defender in der Underneath-Coverage.

Die Seahawks schicken dann Post-Snap Lockett und Baldwin auf die gleiche Seite, indem Lockett in Richtung von Baldwins vertikaler Route läuft. Das zieht unweigerlich die Coverage mit sich, und letztlich befinden sich beide Zone-Verteidiger auf der falschen Seite. Gleichzeitig verschaffen die Seahawks Wilson in der Pocket durch zusätzliche Protection mehr Zeit, ein beliebtes Mittel unter Offensive Coordinator Brian Schottenheimer; sei es durch einen zusätzlichen Offensive Lineman, oder aber durch Running Backs und Tight Ends.

Die Panthers attackieren das mit einem Green-Dog-Blitz (Kuechly blitzt, nachdem er sieht, dass der Running Back in Protection bleibt) und einem Delayed-Blitz (lila markiert), kommen aber nicht rechtzeitig durch. Die Routes sind darauf ausgerichtet, Moore zu isolieren und ihm ein Eins-gegen-Eins-Duell zu schaffen und es ist nicht das erste Mal, dass Seattle genau so vorgeht.

Moore ist generell ein wichtigerer Bestandteil der Offense geworden: Über die ersten acht Wochen der Saison erhielt Moore in keinem Spiel mehr als vier Targets, seit Week 9 waren es 6, 3, 8 und am Sonntag in Carolina 5. Mit 18,8 Yards pro Reception ist er einer der Big-Play-Receiver dieser Saison, lediglich DeSean Jackson, Robby Anderson, Kenny Stills und John Brown werden im Schnitt tiefer anvisiert als Moore (16,6 Average Targeted Air Yards).

Den gleichen Plan aufseiten der Seahawks konnte man auch beim dritten großen Big Play der zweiten Hälfte sehen, ein 54-Yard-Pass zu Moore bei 3rd&12. Erneut ist Moore isoliert, erneut gibt es zusätzliche Protection für Wilson und erneut nutzt Seattle es mit einer tiefen Crossing-Route aus, dass die Panthers viel in Cover-3 und Cover-1 spielen und somit sehr häufig einen einzigen tiefen Safety auf dem Feld haben.

Wilson hatte gegen Carolina 339 Yards, ein persönlicher Saison-Höchstwert. Moore und Lockett knackten die 100-Receiving-Yard-Marke und Seattle kam auf 30 Punkte - mit nur 75 Rushing-Yards bei desolaten 2,6 Yards pro Run.

Und die Panthers? Carolina war gewissermaßen das Gegenbeispiel, das Seattle ebenfalls in mehreren Spielen dieser Saison bereits selbst war. Die Panthers hatten 220 Rushing-Yards und brachten mehr Total Offense Yards gegen diese Seahawks-Defense aufs Board, als irgendein anderes Team bisher in dieser Saison.

Doch neben Red-Zone-Problemen hatte Carolina auch nicht genügend explosive Plays im Passing Game und nicht genügend vertikale Elemente: Cam Newton warf nur drei Pässe über 20 Yards, davon brachte er einen für 28 Yards an und warf eine Interception. Ganz ähnlich wie auch bereits vergangene Woche bei der überraschenden Niederlage gegen die Lions, als Newton in der gleichen Kategorie bei 1/4 für 34 Yards und einem Pick landete.

Beide Teams sind im Playoff-Rennen, beide Teams dürfen noch auf eine Wildcard hoffen. Die vergangenen Wochen haben allerdings klar gemacht, dass das vertikale Passing Game am Ende vielleicht den Unterschied ausmachen könnte - zugunsten der Seahawks.