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Tua Tagovailoa: Vom Nobody zum Quarterback-Wunschtraum

Tua Tagovailoa führte Alabama im Januar 2018 zur National Championship im College Football.
© imago

Die Alabama Crimson Tide eilen derzeit von Sieg zu Sieg im College Football. Das noch ungeschlagene Team gilt als Topfavorit auf eine weitere nationale Meisterschaft. Hauptgrund dafür ist Quarterback Tua Tagovailoa, den vor einem Jahr noch kaum jemand kannte; den jetzt aber jeder kennen sollte.

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Wie so oft seit Einführung des College Football Playoffs standen die Alabama Crimson Tide Anfang 2018 im National Championship Game. Zuvor hatten sie im Halbfinale erfolgreich Revanche an den Clemson Tigers genommen, denen sie ein Jahr vorher im Endspiel unterlagen - auf schockierende Weise in den Schlusssekunden.

2018 trat 'Bama dann gegen den SEC-Champion Georgia Bulldogs an. Das Spiel am 8. Januar im Georgia Dome verlief zunächst ganz nach dem Geschmack der 'Dawgs: Zur Pause hieß es 13:0 und Alabamas Offense um den 2016er All-American-Freshman-QB Jalen Hurts kam nicht in Tritt.

Was also tun? Für den wohl besten Head Coach im College Football gab es nur eine - radikale - Lösung: Er nahm seinen Quarterback in der Halbzeit des Endspiels raus und brachte zur Pause den unerfahrenen und weitestgehend unbekannten Freshman Tua Tagovailoa aus Hawaii. Der hatte in der Saison zuvor nur sporadisch und in Blowouts Einsatzzeit gesehen. Entsprechend perplex waren alle Beobachter im Mercdes-Benz Stadium von Atlanta.

Was hatte sich Saban mit dieser Maßnahme nur gedacht?

Tagovailoa jedoch zeigte sich keineswegs beeindruckt. Im Gegenteil! Der Youngster überragte und führte sein Team letztlich sensationell zum Sieg in der Overtime - stilecht mit einem 41-Yard-Touchdown-Pass in die Endzone zu Mit-Freshman Devonta Smith.

Tua Tagovailoa: Football als Familienangelegenheit

Ein Star war geboren. Ein Star, den keiner auf dem Zettel hatte. Außer in seiner Heimat Hawaii natürlich; dort nämlich war Tua bereits seit frühester Kindheit auf dem Weg zum Football. Sein Großvater, Seu Tagovailoa, war glühender Cowboys-Fan und gab diese Liebe zum Spiel an die ganze Familie weiter. Als er 2014 überraschend verstarb und Tua seine Verbindung zum Football infrage stellte, beschloss er letztlich zusammen mit seinem Vater, Galu, dass der beste Weg, das Leben des Großvaters zu ehren, wäre, weiter Football zu spielen und daraus eine Karriere zu machen.

Eine Karriere, die Seu gewissermaßen in die Wege geleitet hatte. 2010 nämlich gründete er zusammen mit seinen Söhnen, Galu und Tuli die Ewa Beach Sabers, die dann in der Big Boy League auf Oahu antraten. Im Gegensatz zu den üblichen Pop-Warner-Ligen auf dem Festland gab es hier für die Kinder und Jugendlichen keine Gewichtsbeschränkungen, was dazu führte, dass Tua, der schon sehr jung in dieser Liga aufschlug - und damit jünger war als alle anderen - direkt mal auf seine spätere Zeit in der knallharten Southeastern Conference vorbereitet wurde.

Auch dort sind bei den großen Colleges massenhaft Spieler zu finden, die körperlich größer und schneller sind als die Konkurrenz. Tua war vor allem kleiner und schwächer als die anderen. Doch sein Arm war schon damals aufsehenerregend: Bereits als Achtjähriger warf er Bälle über 30 Yards - normal in der Altersklasse waren ungefähr 10 Yards.

Später auf der Saint Louis High School, die auch schon der spätere Heisman-Gewinner und Quarterback der Tennessee Titans, Marcus Mariota, besuchte, kam er als 13-Jähriger ins Team. Damit war Tua ebenfalls jünger als die anderen, verschaffte sich aber direkt mal Respekt mit einem 70-Yard-Pass im Training - genau in die Arme des Receivers. Daraufhin wusste jeder Bescheid.

Heisman Watch 2018: Tua Tagovailoa als Favorit

Das gilt mittlerweile auch für jeden im College Football. Tagovailoa gilt mit seiner Präzision, seiner Ruhe in der Pocket und seiner erstaunlichen Ausgereiftheit als Passer nicht nur als heißer Anwärter auf die Heisman Trophy für den besten Spieler im Land, er ist auch gewissermaßen der Albtraum jeder Defense - und der Wunschtraum vieler NFL-Teams, die bereits Richtung Draft 2020 blicken.

Ein Linebacker-Coach von einem anderen SEC-Programm beschrieb Tagovailoa gegenüber The Athletic kürzlich so: "Er spielt mit sehr viel Reife. Er ist ruhig, einfach richtig cool. Er hat ein einzigartiges Selbstbewusstsein. Er verfällt nicht in Panik. Er wirft super-präzise. Er läuft besser als man denken mag und verfügt über großartige Aufmerksamkeit. Er spielt wie jemand, der seit drei Jahren Starter ist."

Doch damit nicht genug: "Er hat diese Offense total verändert. Früher hat dich Alabama 10:6 oder 13:6 geschlagen. Jetzt scoren sie gegen jeden. Sie werden schwer zu schlagen sein, speziell mit der Art und Weise, wie dieser Junge spielt."

Bestes Beispiel für diese lobenden Worte war sicherlich der Showdown mit Alabamas Erzrivalen LSU. Noch dazu in Death Valley gewann 'Bama 29:0 und Tagovailoa überzeugte mit Nachdruck. Er warf zwar seine erste Interception - im neunten Saisonspiel (!) -, warf aber ansonsten für zwei Touchdowns und lief einmal selbst in die Endzone.

Ansonsten liest sich Alabamas Schedule dieses Jahr wie ein Scherz: 51:14, 57:7, 62:7, 45:23, 56:14, 65:31, 39:10, 58:21, 29:0, 24:0, 50:17. Absurde Resultate, die in ihrer offensiven Explosion Tagovailoas Einfluss widerspiegeln. Nicht selten wurde Alabamas junger Star-Quarterback im Schlussviertel bereits vorzeitig raus genommen, da die Partie längst entschieden war.

Tagovailoa hat sich in so kurzer Zeit höchsten Respekt verdient. Obgleich das bei ihm schon immer so war. In seiner Senior-Saison für Saint Louis gewann sein Team ein Spiel gegen Punahou mit 20 Punkten Unterschied. Ein Erfolg, der den Coach des Teams, Cal Lee, dazu bewegte, seinen Spielern den folgenden Samstagmorgen frei zu geben.

Eine Maßnahme, von der Tua nur bedingt begeistert war. Er stieg in den Bus der Offense-Unit und erklärte noch vor Abfahrt, dass sie dennoch am Samstag trainieren würde - unter seiner Leitung!

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