NFL

Was bedeutet das Quarterback-Karussell?

Die Kader-Cut-Tage waren von kuriosen Quarterback-Entscheidungen geprägt
© getty

Brock Osweiler ist zurück in Denver, Jacoby Brissett in Indianapolis - rund um die Kader-Cut-Tage ging es in der NFL noch einmal ungewöhnlich rund. SPOX-Redakteur Adrian Franke bringt Licht in die vergangene Woche und erklärt, was die Wechsel bedeuten. Ebenfalls mit dabei: Der Seahawks-Trade, tankende Buffalo Bills, die nächsten Schritte rund um Ezekiel Elliott und vieles mehr.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Luck, Brady, Garoppolo: Was uns der Brissett-Trade verrät

Rund um Jacoby Brissett hatte es vor dem letzten Preseason-Spiel einige Gerüchte über eine mögliche Entlassung gegeben, sein absolut überzeugender Auftritt gegen die Giants ließ diese aber erst einmal wieder in den Schubladen verschwinden. Es scheint aber, als hätten die Patriots mit diesem Spiel genau das erreicht, was sie wollten: Sie haben Brissett noch einmal erfolgreich ins Schaufenster gestellt und die Colts haben angebissen.

Soweit, so unspektakulär - ein Team tradet seinen dritten Quarterback und erhält zwar einen einstigen Erstrunden-Receiver im Gegenzug, der bisher aber ganz klar ein Bust war. Aber dieser Trade offenbart viel mehr: Er zeigt mir einerseits, dass Andrew Luck noch eine Weile ausfallen wird und Brissett so zunächst als Tolziens Backup und womöglich mittelfristig auch als Starter eingeplant wird. Wäre Lucks Comeback absehbar, wäre ein Trade für einen neuen Quarterback zum jetzigen Zeitpunkt so kurz vor der Saison vergleichsweise sinnlos.

Er zeigt mir aber auch, dass die Colts womöglich jetzt erst Gewissheit bekommen haben, dass Luck länger fehlen wird. Andernfalls ist es jedenfalls schwer erklärbar, warum sie nicht früher einen Quarterback geholt haben, um ihn mit dem Playbook und der Offense vertraut zu machen. Sicher, Brissett kann auch als ein langfristiger Backup für Luck eingeplant sein. Aber dann hätte man ihn, in der aktuellen Situation rund um Luck um so mehr, auch schlicht schon viel früher verpflichten können.

Aus Sicht der Patriots macht es für mich nochmal ganz deutlich, dass Jimmy Garoppolo nirgendwo hin geht, und das nicht nur auf dieses Jahr bezogen. Dass die Patriots jetzt, wo - sorry Patriots-Fans - Brady irgendwann plötzlich einen Leistungsabfall erleben kann, nur einen ernsthaften Quarterback, der die Offense kennt, behalten, macht klar, dass die Gerüchte aus Foxboro kein Schall und Rauch waren. Die Meinung über Garoppolo ist wirklich so hoch, meine Prognose: Bleibt Brady auf dem Level, erhält Jimmy G. nächstes Jahr wenn nötig auch den Franchise Tag. (Was irgendwo lustig wäre, weil er dann mehr als Brady verdienen würde).

New England zeigt damit gleichzeitig auch, warum es Jahr für Jahr wieder einen absoluten Top-Kader an den Start bringt: Mit Phillip Dorsett erhalten die Patriots einen Spieler, der aus dem Slot heraus frühzeitig etwas beitragen kann - und geben dafür ihren dritten Quarterback ab. Der Luxus, Brissett als dritten Quarterback zu haben, ihn zu entwickeln und ihn ab und zu erfolgreich auf der größeren Bühne zu präsentieren, hat sich ausgezahlt.

Einen letzten Punkt noch dazu: Colin Kaepernick ist sicher kein schlechterer Quarterback als Jacoby Brissett. Dass die Colts ein paar Tage vor Saisonbeginn lieber einen einstigen Erstrunden-Pick abgeben um sich einen neuen Quarterback zu holen, anstatt Kaepernick ohne Trade-Gegenwert zu verpflichten, ist auch ein Statement. Und zwar kein gutes.

Brock Osweiler ist zurück in Denver - bedeutet...?

Mein Tipp war ja, dass die Browns irgendwie noch einen Osweiler-Trade hinbekommen, indem sie den Großteil des Gehalts übernehmen und dafür nochmal einen Late-Round-Pick abgreifen. Letztlich kam es zur Entlassung, die aber trotzdem niemanden überraschen sollte. Dafür müssen wir nur in den März zurückblicken, als Cleveland Osweiler und dessen Vertrag den Texans abnahm und dafür einen Zweitrunden-Pick erhielt.

"Wir freuen uns wirklich darüber, einen Zweitrunden-Pick in diesem Trade zu erhalten", hatte Browns-Vizepräsident Sashi Brown damals erklärt. "Draft-Picks sind für unseren Ansatz, ein Championship-Team aufzubauen, sehr wichtig. Wir wollen auf jeder Position einen Wettbewerb haben, und freuen uns darauf, dass Brock zu uns kommt und in den Wettkampf einsteigt." Übersetzung: Der Pick stand im Fokus. Nicht Osweiler.

Und so musste man mit Brocks Entlassung eigentlich schon viel früher rechnen, dass es so lange gedauert hat, lässt darauf schließen, dass er sich intern tadellos verhalten und ein guter Quarterback fürs Training war. Die Verantwortlichen sind sich bei Kizer sicher und haben mit Kessler einen soliden Backup - trotzdem bringt die Entlassung Cleveland keine sonderlichen Gehalts-Gewinne oder dergleichen. In meinen Augen ging es hier primär darum, eine mögliche Ablenkung präventiv zu eliminieren.

Dass Osweiler jetzt ausgerechnet zu den Broncos zurückkehrt entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie. Denver brauchte aufgrund der Verletzung von Paxton Lynch (vorübergehend) einen neuen Backup für Trevor Siemian, dass das jetzt Osweiler ist, verstehe ich nicht so ganz. Die Offense kennt er nicht, zumindest nicht im Detail - es ist mit den neuen Coaches in jedem Fall eine andere, als bei Osweilers Abschied aus Denver. Warum den vorübergehenden Backup-Platz nicht einfach Kyle Sloter geben? Oder geben die Broncos Lynch hinter den Kulissen langsam schon auf?

Das bringt mich zu einem anderen Punkt: Muss man nicht langsam John Elways Offensiv-/Draft-Entscheidungen hinterfragen? Von Denvers Offense-Picks in den ersten drei Runden von 2011 bis 2016 (Ronnie Hillman, Cody Lattimer, Montee Ball, Ty Sambrailo und Co.) ist aktuell keiner Starter, viele längst als Busts abgehakt. Elway wollte auch Osweiler fürstlich entlohnen, Houston bot nur mehr Geld. Und Lynchs Entwicklung ist zumindest bisher auch eher als zäh einzustufen.

Eine Randnotiz noch aus Houstons Perspektive: Dass die Texans einen Zweitrunden-Pick abgegeben haben, um Osweiler loszuwerden, schien damals nicht schlecht. Die Inaktivität auf dem Free-Agency-Markt (Houston hat immer noch über 17 Millionen Dollar an Cap Space) lässt mich aber mehr und mehr an dem Move zweifeln. Klar, man ist die Ablenkung losgeworden und hat gewissermaßen einen konsequenten Strich unter einen Fehler gezogen. Aber ist das wirklich einen Zweitrunden-Pick wert? Ich denke nicht.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema