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Brady? "Normale Regeln gelten nicht"

Sebastian Vollmer spielt seit 2009 für die Patriots
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Seit 2009 spielt er für die New England Patriots - und doch steht seine Zukunft nach dieser Saison in den Sternen: Im SPOX-Interview spricht Sebastian Vollmer über seine Reha, die Entwicklung von Tom Brady, das Arbeiten unter Bill Belichick und die Fortschritte von Jimmy Garoppolo. Außerdem: Wie hat das Team den Jamie-Collins-Trade aufgenommen - und was bekommt der 32-Jährige vom Football-Hype in Deutschland mit?

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SPOX: Herr Vollmer, die offensichtliche Frage gleich zu Beginn: Wie geht es Ihnen? Was macht die Hüfte, wie läuft die Reha?

Sebastian Vollmer: Ich sage mal: Es läuft. Ich bin auf der Injured-Reserve-Liste und so ist es eben die tägliche Reha. Ich versuche, fit zu werden, um dann im weiteren Verlauf der Saison noch eingreifen zu können. Darüber hinaus gibt es eigentlich nicht viel Neues zu berichten.

SPOX: Also auch noch keine Prognose, keinen Termin für das Comeback im Hinterkopf?

Vollmer: Nein, den gibt es leider noch nicht. Ich schaue eher, dass es von Woche zu Woche besser wird und ich dann irgendwann wieder auf dem Platz stehen kann. Aber ich will mir keinen Zeitdruck machen, indem ich einen Termin festlege und den dann eventuell nicht einhalten kann. Ich versuche jetzt das Beste daraus zu machen.

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SPOX: Ihre Patriots sind derweil fest auf Playoff-Kurs, auch seitdem Tom Brady zurück ist. Der spielt schon wieder herausragend. Was für ein Typ ist er intern? Ist er so ehrgeizig, wie er rüberkommt?

Vollmer: Normale Regeln gelten für Tom irgendwie nicht. Im Moment spielt er wie ein 25-Jähriger, der gerade in die Liga gekommen ist. Er wirkt frisch, und auch wir als seine Mitspieler haben den Eindruck, dass er jedes Jahr besser wird. Das ist schon beeindruckend. Und er ist wirklich sehr ehrgeizig, er hat einen sehr hohen Standard für sich selbst und für seine Mitspieler. Das zeigt er auch im Training unter der Woche und während den Meetings. Er ist da schon so, wie man ihn als Fan sieht. Er verlangt das Beste von sich selbst.

SPOX: Er wirkt teilweise ja sogar fast besser, als noch vor ein paar Jahren - gerade was Dinge wie Pocket Movement und die allgemeine Beweglichkeit angeht.

Vollmer: Ich bin natürlich kein Quarterback-Experte, aber ich glaube wie viele andere Spieler auch schaut er immer, was er an seinem Spiel noch verbessern kann. Da gibt es bei Tom nicht viele Dinge, aber er findet jede Saison irgendetwas, mit dem er persönlich nicht zufrieden ist. Beispielsweise seine Bewegung in der Pocket: Ich glaube er hat vor zwei Jahren damit angefangen und wollte in diesem Bereich besser werden. Und das ist ihm gelungen. Wenn wir jetzt ein Third Down haben, muss man schon damit rechnen, dass er selbst auch mal mit dem Ball läuft. Das wäre vor fünf, sechs, sieben Jahren eben nicht passiert. Das stimmt schon. Er hebt sein Spiel auf das nächste Level.

SPOX: Die ersten vier Spiele hat er gesperrt verpasst, und auch wenn Sie selbst leider nicht mitwirken konnten: Was macht es mit dem Team, während der Woche und dann im Spiel, wenn Brady nicht dabei sein kann?
Vollmer:
Im Prinzip verändert sich für uns zunächst wenig. Als Offensive Line bekommen wir den Spielzug angesagt und müssen den bestmöglich ausführen, egal, welcher Quarterback hinter uns steht. Ich glaube, dass jeder im Team dem anderen vertraut, sonst wäre er nicht in der Mannschaft. Aber natürlich macht es irgendwo einen Unterschied, ob jemand in seinem dritten oder vierten Jahr auf dem Platz steht, oder ob da Tom, einer der Besten oder der Beste jemals auf der Position, in seinem 18. Jahr steht. Wahrscheinlich ist das aber noch interessanter für die Receiver und die Tight Ends, die den Ball fangen. Ich kann nicht viel dazu sagen, ob es für sie in der Hinsicht anders ist, doch ich gehe schon davon aus. Wir als Line müssen unsere Aufgaben erfüllen, aber wenn jemand anderes in diese Position gebracht wird, versucht vielleicht jeder, noch ein kleines bisschen mehr aus sich rauszuholen, um etwas Druck von seinen Schultern zu nehmen.

SPOX: Was für einen Eindruck macht Jimmy Garoppolo denn? Sie kennen ihn inzwischen ja doch einige Jahre, jetzt hatte er auch ein paar Spiele und dabei sehr gut ausgesehen, bis er sich leider verletzt hat. Wie wirkt er auf Sie, wie sehen Sie seine Entwicklung?

Vollmer: Ich würde sagen, er ist wirklich kompetent. Im Training sehen wir natürlich mehr als die Fans in den Spielen. Wir konnten seine Entwicklung über die letzten Jahre verfolgen und haben viele seiner Würfe gesehen: Er ist ein Riesentalent mit einem wirklich guten Wurfarm und hoher Spielintelligenz. Deshalb freut es uns sehr, dass er in den Spielen, die er absolvieren konnte, wirklich gut gespielt hat und sich ein wenig einen Namen machen konnte.

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SPOX: An die Quarterbacks anschließend, eine ähnliche Frage zu Bill Belichick: Nach außen wirkt er sehr knurrig, einige seiner Pressekonferenzen sind inzwischen fast legendär. Wie ist es denn, mit ihm täglich zu arbeiten?

Vollmer: Als Spieler hat man im täglichen Training mehr Kontakt mit den Position-Coaches. Er hat aber eine Wahrnehmung vom nächsten Gegner und eine Idee, wie man ihn schlagen kann. Und das implementieren die Position-Coaches dann während der Woche in ihre Spieler. Er gibt den Ton an, und die Coaches geben das weiter. Was man von ihm sieht und wie er in den Medien dargestellt wird, das entspricht wahrscheinlich nicht komplett der Realität. Er wirkt natürlich auf eine gewisse Art nach außen hin, aber wir sind alle froh, dass er unser Head Coach ist.

SPOX: Damit einher geht meine nächste Frage, etwas allgemeiner: Man hört immer wieder, dass die Patriots-Offense für die Spieler relativ kompliziert ist und dass es dauert, diese Offense zu lernen. Das ist auch jetzt wieder ein Thema, weil Bill O'Brien in Houston eine zumindest ähnliche Offense spielt, und Brock Osweiler noch große Probleme hat. Würden Sie sagen, dass die Patriots-Offense eine komplizierte Offense ist?

Vollmer: Das ist etwas schwierig für mich zu beantworten, weil es die einzige NFL-Offense ist, in der ich selbst gespielt habe. Aber was man von anderen Spielern hört, die von anderen Teams kommen, ist, dass die Offense irgendwie ... anders ist, beispielsweise von der Terminologie her, wie Spielzüge heißen. Dazu kommen die Option-Routes, also verschiedene Optionen, die die Receiver während eines Spielzuges haben, je nachdem was die Defense macht. Dafür müssen Receiver und Quarterback voll auf der gleichen Wellenlänge sein. Das kann kompliziert sein und das kann denke ich auch ein wenig Zeit sowie gemeinsames Training brauchen, und auch eine gewisse Spielintelligenz ist dafür vonnöten.

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