NFL

Steelers gewinnen unfassbares Drama

Die Steelers-Defense präsentierte sich auch in der Secondary überraschend gut
© getty

Die Pittsburgh Steelers haben die Cincinnati Bengals in einem sensationellen Wildcard-Spiel mit 18:16 geschlagen. Die Steelers waren zunächst das klar bessere Team, zogen aber nicht wirklich davon. Dann aber verletzte sich Quarterback Ben Roethlisberger. Cincinnati drehte die Partie - und gab dann auf unfassbare Art und Weise die Führung in letzter Sekunde aus der Hand.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Kostspielige sowie vor allem unverzeihliche Strafen gegen Vontaze Burfict und Adam Jones brachten Pittsburgh Sekunden vor dem Ende eines knallharten Infights in Field-Goal-Reichweite. Ben Roethlisberger (18/31, 229 YDS, TD) war zuvor, noch immer angeschlagen, für einen letzten Drive aufs Feld zurück gekommen. Die Steelers, deren Running Game überraschend gut funktionierte, ließen sich nicht zwei Mal bitten: Chris Boswell versenkte den Game Winner.

Das SPOX-Panel zu den Playoffs: "Versagt Manning, ist Ende!"

Cincinnati auf der anderen Seite steht wieder einmal nach der Wildcard-Runde vor den Scherben der eigenen Saison. AJ McCarron (23/41, 212 YDS, TD, INT) hatte anfangs große Probleme, fand aber immer besser in die Partie - auch weil das Running Game besser funktionierte. Doch als das Spiel gerade gedreht war und die Defense gar einen Turnover von Roethlisberger-Backup Landry Jones (2/5, 11 YDS, INT) forcierte, ging aus Sicht der Hausherren alles schief. Für die Steelers geht es jetzt nach Denver, Kansas City muss somit nach New England.

Die Divisional Playoffs im Überblick

New England Patriots - Kansas City Chiefs (Samstag, 22.35 Uhr)

Arizona Cardinals - Green Bay Packers (Sonntag, 2.15 Uhr)

Carolina Panthers - Seattle Seahawks (Sonntag, 19.05 Uhr)

Denver Broncos - Pittsburgh Steelers (Sonntag, 22.40 Uhr)

Die Stimmen zum Spiel:

Ben Roethlisberger (Steelers-QB): "Wir haben das Spiel gewonnen, das ist alles, was zählt. Ich bin so stolz auf jeden, der heute hier alles gegeben hat."

...über sein Comeback im Spiel: "Der Coach hat mich gefragt, ob es geht und ich habe gesagt, dass ich alles gebe. Er wollte dann einen langen Pass und ich habe ihm gesagt, dass ich nicht so weit werfen kann. Deshalb mussten wir uns Schritt für Schritt vorarbeiten."

...auf die Frage, ob er schon etwas zu seiner Verletzung wisse: "Wir haben das Spiel gewonnen."

James Harrison (Steelers-Linebacker, über den Burfict-Hit kurz vor Schluss): "Wie mir erklärt wurde, als ich selbst schon bei den Verantwortlichen in New York war, ist das eine Strafe. Persönlich glaube ich nicht, dass es ein Foul ist, weil man da nicht schnell genug wegkommen kann."

Marvin Lewis (Head Coach Bengals): "Natürlich ist es enttäuschend, erst zurück zu kommen und dann doch noch zu verlieren. Am Ende ist wenig für uns gelaufen. Die Jungs haben das ganze Jahr über alles gegeben, auch heute. Aber dann standen wir uns selbst im Weg. Offensiv wie defensiv."

Der Spielfilm:
Vor dem Kick-Off:
Running-Back-Sorgen bei den Steelers: Neben Le'Veon Bell muss auch DeAngelo Williams passen, Jordan Todman und Fitzgerald Toussaint sollen das Running Game übernehmen. Umso mehr hängt dadurch von der eigentlich so explosiven Passing-Offense um Ben Roethlisberger, Antonio Brown und Co. ab. Die hatte allerdings in den vergangenen beiden Saisonspielen mehrfach Sand im Getriebe und leistete sich zu viele Turnover.

Die Bengals auf der anderen Seite lassen, fast passend dazu, nur sehr wenige Passing-Touchdowns und wenige Big Plays im Passing Game zu. Stattdessen hat Cincinnati eine ganz andere Sorge: Quarterback Andy Dalton ist wie erwartet nicht mit von der Partie, AJ McCarron soll es richten. Immerhin trifft er auf eine Secondary, die alles andere als unschlagbar ist.

17.: Im Regen von Cincinnati ist von dem prognostizierten Offensiv-Duell bislang wenig bis gar nichts zu sehen. Stattdessen dominieren die Defenses: Cincinnati ist nach zehn (!) Spielminuten als erstes Team überhaupt über der 50-Yard-Line, die ersten insgesamt sechs Drives enden allesamt in Punts. Punkte bislang? Fehlanzeige. Defenses, Strafen und Streitereien auf dem Platz bestimmen das Bild.

26.: DOPPELTER TURNOVER! Beide Front Seven dominieren. Kaum einmal gibt es Zeit für die Quarterbacks in der Pocket, der Pass-Rush ist auf beiden Seiten heiß gelaufen, dazu gibt es viele harte Hits! Das bekommt auch Markus Wheaton zu spüren, der nach einem Pass von Roethlisberger einen Hit einsteckt und den Ball fallen lässt. Fumble, Turnover, Bengals Football! Doch Cincy erwidert den Gefallen: McCarron versucht einen langen Pass, doch der nasse Ball rutscht ihm etwas aus der Hand. Das Resultat ist eine einfache Interception für Antwon Blake und die Steelers nutzen die gute Field Position immerhin zum Field Goal. 3:0 Pittsburgh.

30.: Pittsburghs Passing-Offense wacht auf: Big Ben findet Wheaton zum langen Pass, eine zusätzliche Strafe gegen die Bengals bringt die Steelers plötzlich gefährlich nahe an die Endzone. Dort haben die Steelers enormes Glück, dass Linebacker Vincent Ray eine fast sichere Interceptions direkt vor der eigenen Endzone fallen lässt. So reicht es zum nächsten Field Goal und wir gehen in die Halbzeit. Cincinnatis Offense verzeichnete ganze elf (!) Yards im 2. Viertel und insgesamt nur zwei First Downs in der ersten Hälfte. 6:0 Pittsburgh.

Hoyer-Debakel: Chiefs schlagen enttäuschende Texans

33.: Die Bengals versuchen endlich ihr Running Game aufzuziehen, und das zunächst mit Erfolg. McCarron hat bei einer Beinahe-Interception Glück, Jeremy Hill trägt die Offense beim Opening-Drive aber. Doch dann schlägt die Steelers-Defense zu: McCarron wird der Ball aus der Hand geschlagen, Cam Thomas schnappt sich das Ei. Zunächst verliert zwar auch er den Ball und William Gay trägt ihn scheinbar zum Touchdown zurück in die Endzone. Doch Thomas war down und so ist es "nur" ein Turnover. Da die Steelers den vermeintlichen Touchdown zu heftig gefeiert haben, kommt eine 15-Yard-Strafe drauf. Nächstes Field Goal, 9:0 Pittsburgh.

40.: Nächstes Big Play für die Steelers, die längst ins Rollen gekommen sind. Antonio Brown trägt einen kurzen Pass bis in die Red Zone, Yards nach dem Catch sind heute ein großes Problem für Cincinnati. Aus zehn Yards bedient Roethlisberger kurz darauf Martavis Bryant, der Kirkpatrick schlägt. Ein toller Fake und ein unfassbarer Catch, Bryant drückt den Ball gegen den Oberschenkel, während er sich überschlägt. Die 2-Point-Conversion klappt zwar nicht, trotzdem: 15:0 Pittsburgh.

45.: Es wird immer ruppiger: Steelers-Linebacker Ryan Shazier erwischt Gio Bernard nach einem Catch extrem heftig, Bernard verliert den Ball. Die Refs entscheiden, dass der Hit legal war, geben aber den Fumble nicht - in jedem Fall eine Fehlentscheidung. Entweder der Hit war Illegal weil Bernard defenseless war, oder aber er war bereits ein Runner und somit wäre es ein Fumble. Folgerichtig wirft Mike Tomlin seine Challenge-Flag und bekommt Recht: Steelers Football. Doch der anschließende Drive endet bitter: Roethlisberger wird von Vontaze Burfict hart zu Boden gerammt und landet auf der Schulter. Big Ben muss in die Kabine, die Fans bekleckern sich dabei mit höhnischem Applaus und einer geworfenen Dose, die auf Roethlisbergers Fuß landet, nicht wirklich mit Ruhm.

58.: CINCINNATI STEHT KOPF! Im Gegenzug marschiert Cincy dank einer Pass-Interference-Strafe schnell das Feld runter und Jeremy Hill hämmert den Ball über die Goal Line. Wenig später legen die Bengals noch ein Field Goal nach. Nur noch 15:10 Pittsburgh. Die Steelers bekommen mit Roethlisberger-Vertreter Landry Jones derweil nicht mehr viel zustande, die Bengals sind schnell wieder in der Offensive und McCarron findet A.J. Green! Der duckt sich unter einem Tackle-Versuch weg und spaziert in die Endzone! Die 2-Point-Conversion geht komplett schief, aber das Spiel ist gedreht! 16:15 Bengals.

59.: Wie viel Drama geht hier eigentlich noch?! Jones' Pass wird sofort von Burfict abgefangen, Cincinnati braucht eigentlich nur noch ein paar Yards, um hier den Deckel drauf zu machen. Doch das ist leichter gesagt als getan: Shazier schlägt Hill im Gegenzug den Ball aus der Hand und Pittsburgh bekommt das Ei zurück! Und um das Drama perfekt zu machen, kommt jetzt Roethlisberger zurück ins Spiel! Big Ben kann zwei Fourth Downs überwinden - und dann schadet Burfict mit einem Hit gegen Antonio Browns Kopf seinem Team. Das üble Foul bringt Pittsburgh in Field-Goal-Reichweite und Adam Jones legt mit einem Schubser gegen einen Trainer nochmal 15 Yards drauf! Die Bengals bringen sich selbst um den Sieg und Boswell kickt den Game Winner aus 35 Yards. Steelers Win!

Der Star des Spiels: Ben Roethslisberger sowie die O-Line der Steelers. Big Bens Kämpferherz war in bester Hollywood-Manier zu sehen, als er für den finalen Drive aufs Feld zurück kam und sein Team zurück ins Spiel brachte. Wirklich fit war er zweifellos nicht, sichtbar durch die Screens und anderen kurzen Pässe zu Beginn. Vor seiner Verletzung war er zunehmend bereits heiß gelaufen. Neben Big Ben ist in jedem Fall die O-Line hervorzuheben: Dass Pittsburghs Run Game gegen diese Front ohne Bell und ohne Williams funktionierte, ist ein mehr als beeindruckender Arbeitsnachweis. Die Line hatte in Pass Protection mitunter ihre Probleme, das Run Blocking war aber ein Schlüssel zum Sieg der Steelers.

Der Flop des Spiels: Vontaze Burfict. Allein für den brutalen Hit gegen Brown kurz vor Schluss, der Pittsburgh das Game-Winning-Field-Goal erst ermöglichte, verdient sich Burfict diesen Titel bereits. Doch es war nicht nur das: Auch wenn er rein sportlich eine gute Partie ablieferte, war Burfict nahezu bei jeder Rangelei, jeder Diskussion und jedem Streit nach beendeten Spielzügen beteiligt. Alles, was er seinem Team heute im Spiel gab, machte er so kaputt. Adam Jones verdient sich mit seinem Aussetzer den zweiten Platz hinter Burfict.

Das fiel auf:

  • Pittsburgh begann offensiv sehr konservativ und setzte anfangs intensiv auf Screens und kurze Pässe zu Heath Miller - neben Cincinnatis gutem Pass-Rush dürfte hierbei auch das Wetter ein Faktor gewesen sein. Doch schon im Laufe der ersten Halbzeit wurde Pittsburgh hier aggressiver, Roethlisberger warf auch mehr weite Pässe und erwischte Cincinnati hier immer wieder, vor allem wenn die Hausherren in Zone Coverage spielten.
  • Trotzdem hielt die Bengals-Defense lange Stand. Pittsburgh dominierte das Spiel scheinbar komplett, konnte aber was die Punkte angeht nicht davon ziehen. Beinahe hätte sich das zum Schluss gerächt.

  • Das sich steigernde Passing Game der Gäste wurde zweifellos zusätzlich dadurch begünstigt, dass die Bengals früh in der Secondary angeschlagen waren. Safety Reggie Nelson musste schon im ersten Viertel aufgrund einer Knöchelverletzung raus, noch vor der Halbzeitpause erwischte es auch Cornerback Dre Kirkpatrick. Der kam zwar zurück, war aber merklich nicht mehr bei 100 Prozent und musste schließlich doch ebenfalls komplett raus.
  • Offensiv hatte Cincinnati über weite Strecken große Schwierigkeiten. McCarron konnte kaum einmal längere Pässe anbringen und die Anfälligkeiten in der Steelers-Secondary so viel zu selten ausnutzen - A.J. Green fing seinen zweiten Pass erst Mitte des dritten Viertels. Stattdessen entschied Pittsburghs Front Seven das Duell zunächst klar für sich und bestimmte die Line of Scrimmage. Dabei half es wenig, dass Cincinnati von Anfang an kaum ein Running Game aufziehen konnte. Erst in der zweiten Halbzeit wurde das besser, was sich schnell auch positiv auf das Passspiel auswirkte.
  • Auf beiden Seiten war es, wie schon in der Regular Season, ein emotionales Spiel. Früh gab es nach beendeten Plays Auseinandersetzungen an den Seitenlinien, unnötige Strafen prägten von Beginn an das Bild. Dazu kamen Unkonzentriertheiten auf dem Platz, sichtbar etwa durch mehrere False Starts im ersten Viertel. Rangeleien und Undiszipliniertheiten blieben aber omnipräsent, der Hit von Shazier gegen Bernard sowie die Entscheidung der Refs war zusätzliches Öl ins Feuer. All das resultierte in dem verrückten Finish.
  • Fitzgerald Touissant begann als Starting-Running-Back für Pittsburgh, und machte seine Sache gut - auch im Passing Game. Todman hatte ebenfalls seine Momente, tatsächlich hatten die hier verletzungsgeplagten Steelers das bessere Running Game am heutigen Abend.
  • Cincinnati setzte durch die Pleite eine nahezu unglaubliche Serie fort: In 14 ihrer Playoff-Spiele lagen die Bengals nunmehr zu irgendeinem Zeitpunkt zurück - alle 14 wurden verloren.
  • Ein Update zu Brown: Der Receiver der Steelers erlitt bei dem Hit durch Burfict eine Gehirnerschütterung. Ein Ausfall im Divisional-Game ist somit alles andere als ausgeschlossen.

Die Playoffs: Wildcard Weekend im Überblick

Artikel und Videos zum Thema