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Seahawks gewinnen Herzschlagfinale

Adrian Petersons Fumble war letztlich spielentscheidend - zum Leidwesen der Vikings
© getty

Die Seattle Seahawks stehen in der Divisional-Round! Die Minnesota Vikings hatten die Hawks in einem umkämpften Spiel im Kühlschrank von Minnesota eigentlich schon am Rande einer Niederlage, konnten den Deckel aber nicht drauf machen. In einem unglaublichen Herzschlagfinale hielten die Nerven von Vikings-Kicker Blair Walsh nicht Stand.

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Minnesota stand Sekunden vor dem Ende kurz vor der Endzone, bei Fourth Down brauchte es nicht mehr als ein 27-Yard-Field-Goal, um das Spiel zu gewinnen. Walsh, der in den eisigen Minusgraden von Minneapolis bereits zwei schwierige Field Goals aus jeweils über 40 Yards verwandelt hatte, verzog seinen Kick allerdings komplett, der Ball schlug deutlich links neben den Torstangen ein.

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Es war das dramatische Ende einer Partie, welche die Defenses komplett bestimmten. Weder Russell Wilson (13/26, 142 YDS, TD, INT), noch Teddy Bridgewater (17/24, 146 YDS) bekamen auch nur den Ansatz eines konstanten Passing Games zustande. Im Running Game ging ebenfalls wenig, ein komplett improvisierter Pass von Wilson ebnete so fast folgerichtig den Weg zum einzigen Touchdown der Partie. Der sollte am Ende reichen. Für Seattle geht es jetzt nach Carolina.

Die Divisional Playoffs im Überblick

New England Patriots - Kansas City Chiefs (Samstag, 22.35 Uhr)

Arizona Cardinals - Green Bay Packers (Sonntag, 2.15 Uhr)

Carolina Panthers - Seattle Seahawks (Sonntag, 19.05 Uhr)

Denver Broncos - Pittsburgh Steelers (Sonntag, 22.40 Uhr)

Die Stimmen:

Pete Carroll (Head Coach Seahawks): "Bei einem Field Goal kann viel schief gehen. Der Snap, der Hold, der Kick - wir haben das häufig genug in dieser Saison beim Extrapunkt nach dem Touchdown gesehen."
...über Wilsons Improvisation: "Er stand heute einige Male extrem unter Druck und hat noch etwas daraus gemacht. Das sind mitunter komische Spielzüge, die wir nicht wirklich so einstudiert haben. Aber er macht etwas daraus. In dem Touchdown-Drive war definitiv ein bisschen Magie. Es war ein harter Tag für Russell und die Offense, die äußeren Umstände haben da mit rein gespielt. Das war nicht einfach."

Richard Sherman (Seahawks-Cornerback): "Die Football-Götter waren heute auf unserer Seite. Und wenn nur noch eine Sekunde auf der Uhr ist, gibt es eine Chance."

Russell Wilson (Seahawks-Quarterback): "Ich habe schon in ähnlich kaltem Wetter trainiert, aber noch nie bei solchen Temperaturen gespielt. Der einhändige Catch von Doug war der beste Catch, den ich jemals gesehen habe. Keine Frage."

Mike Zimmer (Head Coach Vikings): "Ich glaube nicht, dass ich schon einmal stolzer auf ein Team war, als heute. Die Jungs haben das ganze Jahr über wirklich gut zusammengearbeitet. Wir haben einen kurzen Kick nicht verwandelt. So ist das Leben."

Der Spielfilm:
Vor dem Kick-Off:
Herzlich Willkommen im Eisschrank! Das erste Outdoor-Playoff-Spiel in Minnesota seit 1976 kommt genauso daher, wie man sich den hohen Norden Mitte Januar vorstellt: Temperaturen von rund -25 Grad sind vorhergesagt! Beim Kick-Off hat es bereits -21 Grad, damit ist es das kälteste Spiel in der Geschichte von Minnesota. Rein sportlich gesehen kommen die Vikings nahezu in Bestbesetzung in die Gefriertruhe: Defensive Tackle Linval Joseph ist rechtzeitig fit geworden, auch Anthony Barr und Harrison Smith sind mit von der Partie.

Nicht dabei ist allerdings Blocking-Tight-End Rhett Ellison. Seattle, das Minnesota vor fünf Wochen an gleicher Stelle mit 38:7 schlug, muss indes einen bitteren Ausfall verkraften: Marshawn Lynch wurde nicht rechtzeitig fit, obwohl Coach Pete Carroll den Einsatz des Running Backs zu Wochenbeginn noch angekündigt hatte. Tight End Luke Willson ist ebenfalls nicht dabei. Safety Kam Chancellor sowie die O-Liner Russell Okung und J.R. Sweezy können mitwirken.

14.: Guter Beginn für die Vikings: Minnesota legt zunächst einen siebenminütigen Drive hin, viel Play Action, viele schnelle Pässe helfen gegen den Pass-Rush. Adrian Peterson (4 CAR, -1 Yard beim ersten Drive) kommt aber überhaupt nicht ins Rollen und letztlich müssen die Vikes punten. Aber Seattle schafft kein einziges First Down - und dann geht der Snap beim Punt schief! So erhält Minnesota den Ball tief in der Hawks-Hälfte zurück und geht per Field Goal in Führung. 3:0 Vikings.

24.: Seattle gelingt ein erster guter Drive, auch wenn die Hawks ebenfalls um jedes Yard kämpfen müssen. Christine Michael hat jetzt aber einige gute Runs, auch dank der Read Option. Doch die Defense der Vikings ist, wie erwartet, kein Vergleich zu der Defense, die hier vor fünf Wochen unterging. Seattle muss erneut punten, Wilson steht nach 19 Spielminuten bei 1/4, 7 Yards. Einige Minuten später ist Seattle zurück in der Vikes-Hälfte, spielt ein langes Fourth Down aus - aber der Pass ist viel zu kurz. Hier spielte das Wetter eine Rolle, Seattle wollte kein 48-Yard-Field-Goal riskieren.

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36.: Wir sind bereits in der zweiten Hälfte, nachdem sich Minnesota mit über einer Minute auf der Uhr im zweiten Viertel für zwei Kneel-Downs entschieden hatte. Die Bilanz der beiden Offenses nach 30 Minuten: 99 Yards für die Vikings, 86 für Seattle. Aus der Pause kommt Seattle mit einigen guten Passing Plays, die Probleme mit der Game Clock bleiben aber ein großes Thema - zum wiederholten Male müssen die Hawks eine Timeout verbrennen. Seattle spielt dennoch erneut ein Fourth Down aus - und Wilsons Pass wird von Trae Waynes abgefangen! Vikings Football!

45.: Und Minnesota baut seine Führung schrittweise aus: Blair Walsh hat offenbar keine Probleme mit der Kälte, sein 43-Yard-Field-Goal geht locker durch. 6:0 Vikings. Defensiv kommt jetzt Minnesotas disziplinierter Pass-Rush durch und bereitet Seattles O-Line große Probleme. Zwei Sacks hintereinander erzwingen schnell den nächsten Punt, die Vikings halten an ihrem, wenn auch extrem ineffizienten, Running Game fest. Das Resultat ist der nächste lange Drive und das nächste Field Goal, dieses Mal aus 47 Yards! 9:0 Vikings.

49.: WAHNSINN! Die Seahawks haben noch einen Puls - und das einzig und allein dank Russell Wilson! Ein schlechter Snap landet über zehn Yards hinter Wilson, der den Ball aber rechtzeitig sichert. Statt dann allerdings am Boden liegen zu bleiben, improvisiert er und findet einen komplett ungedeckten Tyler Lockett! Plötzlich steht Seattle in der Red Zone und da ist Doug Baldwin zur Stelle. Kurzer Touchdown Pass gegen einen Backup (Terrance Newman ist verletzt draußen), und alles ist wieder offen. 9:7 Vikings.

52.: Und das Spiel kippt immer weiter. Adrian Peterson, der schon in der Regular Season enorme Fumble-Probleme hatte, lässt sich unmittelbar nach dem Touchdown nach kurzem Pass von Kam Chancellor das Ei aus der Hand schlagen - Turnover! Dieses Mal wagt Seattle das weite Field Goal, Steven Hauschka enttäuscht seine Coaches aus 46 Yards nicht. Und plötzlich führen die Hawks, 10:9 Seattle.

59.: DRAMA PUR! Seattles Offense hat die Chance, das Spiel zu beenden, schafft die beiden notwendigen First Downs aber nicht. Somit gibt es den Punt und Minnesota hat seinerseits die Chance, alles klar zu machen. Eine Pass-Interference-Strafe gegen Kam Chancellor bringt die Vikes in die Hälfte der Gäste, Bridgewater findet direkt danach Kyle Rudolph - Minnesota ist eineinhalb Minuten vor dem Ende schon in Field-Goal-Reichweite! Minnesota spielt die Uhr dann weitestmöglich runter, bekommt aber kein neues First Down - und das 27-Yard-Field-Goal GEHT KOMPLETT DANEBEN!! Schlechter Hold, es ist ein Wahnsinn! Seattle wins!

Der Star des Spiels: Michael Bennett. Es war eine weitere unfassbar dominante Vorstellung von Seattles Defensive Tackle. Bennett, der jede Menge Freiheiten genießt und Spielzüge lesen sowie darauf improvisiert reagieren darf, machte mit Minnesotas O-Line mitunter, was er wollte. Immer wieder war Bennett einer der ersten im Vikings-Backfield, zerstörte unzählige Laufspielzüge und war auch im Passing Game ein ständiger Unruheherd. Minnesota bekam Bennett kaum einmal wirklich in den Griff. Ebenfalls stark: Minnesotas Eric Kendricks sowie die gesamte Vikings-Front-Seven, die ein tolles Spiel ablieferte.

Der Flop des Spiels: Adrian Peterson. Natürlich muss man Petersons Leistung richtig einordnen: Die O-Line hatte große Probleme, das Fehlen von Ellison machte sich ebenfalls bemerkbar. Trotzdem war klar, dass Peterson die Offense maßgeblich mittragen muss, um Minnesota eine Chance zu geben. Stattdessen lief er viel zu häufig nach außen und versuchte, so der schnellen Hawks-Front zu entkommen - fast immer ein hoffnungsloses Unterfangen. Dazu kam natürlich der Fumble, der letztlich den Unterschied ausmachen sollte.

Das fiel auf:

  • Schon mit dem ersten Vikings-Drive war klar, worum es hier gehen würde: Minnesota hielt an seinem Running Game fest, und versuchte in seinem Man-Blocking-Scheme verschiedene Dinge, um Adrian Peterson den Weg frei zu machen: Fullbacks als Blocker, Linemen die pullen, Fakes.
  • Das Problem gegen diese Defense: Die Hawks, bei denen sich Kam Chancellor von Beginn an meist sehr nahe an der Line of Scrimmage aufstellte, waren an der Line of Scrimmage viel zu schnell für Minnesotas O-Line. Die Spielzüge konnten sich so kaum einmal entwickeln, viel zu häufig waren Hawks-Verteidiger im Backfield. Jedes einzelne Yard musste sich Peterson so hart erkämpfen, oft wählte er aber auch den falschen Weg.

  • Minnesotas Antwort war zunächst effektiv: Kurze, schnelle Pässe, Screens, viel Play Action - Teddy Bridgewater brachte so lange Drives zustande und fand Lücken in Seattles Defense. Seattle hatte den Ball im ersten Viertel für ganze 2:03 Minuten, nur Buffalo hatte gegen Tennessee in dieser Saison noch weniger Ballbesitz im Anfangsviertel (1:50 Minuten). Allerdings machte Minnesota aus seinen langen Ballbesitz-Phasen zu wenige Punkte und hatte so gut wie kein Big Play dabei.
  • Seattle hatte offensiv lange große Probleme und litt hier stärker unter den extremen äußeren Bedingungen. Eine der explosivsten Passing Offenses der Regular Season konnte kaum mal wirklich lange Passspielzüge unterbringen, was Russell Wilson limitierte und es den Vikes erlaubte, das Running Game aggressiv zu verteidigen. Am effizientesten waren die Hawks zunächst offensiv noch über die Read Option.
  • Aber: Seattle bekam einige Dinge besser in den Griff, indem Wilson per Design häufiger aus der Pocket raus durfte. Das erschwerte den Pass-Rush für die Vikings und gab den Seahawks mehr Möglichkeiten und mehr Zeit im Passspiel.
  • Gleichzeitig war aber auch das offensive Play-Calling der Gäste mitunter fragwürdig. Die Screen-Pässe funktionierten gar nicht, beim langen Fourth Down in der ersten Hälfte war ein kurzer Pass die schlechteste Option. Auch das Fourth Down zu Beginn der zweiten Hälfte sah nicht wirklich einstudiert aus. Dazu kamen Probleme mit der Play Clock, was Seattle in der ersten Hälfte dazu zwang, Timeouts zu verschwenden. Offenbar waren hier aber auch Probleme mit den Headsets mitverantwortlich.
  • Seattle hat mit dem Sieg weiterhin die Chance, als erstes Teams seit den 1993er Buffalo Bills nach einer Pleite im Super Bowl direkt in der darauf folgenden Saison in den Super Bowl zurück zu kehren.

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