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Ikone ohne Happy End

Walter Payton gilt als einer der besten Running Backs in der Geschichte der NFL
© getty
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Super Bowl XX

Vor allem dank der historischen Defense schaffte es das Team nach einer 15-1-Saison, Super Bowl XX zu erreichen. Ditkas Taktik in diesem Spiel ging als großartiger Schachzug in die Geschichte ein - doch sie sorgte auch für viel Unmut beim Superstar des Teams.

Die New England Patriots wurden mit 46:10 regelrecht verhauen, doch Payton hatte nahezu keinen Einfluss auf das Spiel. Jedenfalls nicht direkt. Er fungierte eigentlich nur als Lockvogel, als Ablenkungsmanöver. Wie Ditka richtig vorhersah, stürzten sich die Spieler von Coach Raymond Berry - wie Ditka Hall-of-Fame-Tight-End - fast exklusiv auf den Running Back der Bears und ignorierten alles andere.

Das führte am Ende dazu, dass McMahon selbst zwei Touchdowns erzielte, Suhey einmal den Weg in die Endzone fand, und sogar The Fridge rammte den Ball aus einem Yard über die Goal Line. Nur Payton, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, blieb ohne Score und verkam zur Randnotiz.

Ditkas Bedauern

Nach dem Spiel schmollte er in der Kabine, wollte mit niemandem reden und eigentlich nur im Erdboden versinken, es hätte schließlich seine Show werden sollen. Als ihm sein Agent aber vor Augen führte, dass dieser Vorfall potenziell seinem Ruf schaden könnte, trat er dann doch vor die Presse und machte gute Miene zum bösen Spiel.

Coach Ditka selbst sagte Jahrzehnte später, dass er im Moment des Spiels gar nicht an Payton und seinen möglichen Touchdown gedacht habe. Doch im Nachhinein bereue er wohl nichts mehr, als Payton die Chance auf einen TD im Super Bowl genommen zu haben.

"Grüß Nancy von mir!"

Payton wurde zur Ikone der 80er Jahre. Er tanzte in der populären Musik-TV-Sendung "Soul Train", wo er seinem Spitznamen Sweetness alle Ehre machte. Den Super-Bowl-Triumph der Bears wiederum feierte er mit den Kollegen im legendären Musikvideo "Super Bowl Shuffle". Später war er zusammen mit Niners-QB Joe Montana Co-Host der Comedy-Show "Saturday Night Live".

Sweetness war außerhalb des Platzes meist cool und hatte immer einen Spruch auf den Lippen. Als er Jim Browns Allzeit-Rushing-Yard-Rekord brach, war einer der Gratulanten US-Präsident Ronald Reagan höchstpersönlich, per Telefon direkt aus Air Force One. Sweetness' Reaktion am Telefon: "Danke! Und grüßen Sie Nancy von mir!", mit anschließendem Gelächter der anwesenden Presseschar.

Doch all dies spielte sich außerhalb des Footballfeldes ab. Auf selbigem sah die Welt anders aus. In den 80ern etablierte sich so langsam der Trend, nach Touchdowns extravagante Jubelarien zu starten. Die Nummer 34 wollte davon nichts wissen. Er gab den Ball eher einem Teamkollegen oder dem nächstbesten Schiedsrichter. Am Tag als er Browns Rekord brach und das ganze Stadion inklusive beider Seitenlinien stand, wirkte er eher peinlich berührt und wollte lieber schnell zur Tagesordnung übergehen, anstatt sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.

Turbulente Zeit nach dem Karriereende

Einmal, ja einmal wollte er dann aber doch allein im Mittelpunkt stehen. Nach seinem letzten Snap in der NFL, so ist es überliefert, inszenierte er sein letztes Bild als NFL-Spieler: Er allein auf der Bank, nachdenklich, andächtig. Er trat ab von der großen Bühne mit nahezu allen relevanten Rushing-Rekorden im Gepäck - er hielt sogar den All-Purpose-Yards-Rekord für die meisten Yards Raumgewinn überhaupt, den ihm erst Jerry Rice Jahre später abnahm.

Den Football wollte er dann aber doch nicht ganz hinter sich lassen. Sein Ziel war es, der erste afroamerikanische Besitzer eines NFL-Teams zu werden. Mit einer Investmentgruppe bewarb er sich um eine Expansion-Franchise. Letztlich scheiterte dies jedoch und der erste schwarze Eigentümer wurde Duron Cherry, der die Jacksonville Jaguars bekam.

Payton stürzte sich dann in andere, meist erfolgreiche Investments und wollte so die Lücke, die der Football hinterlassen hatte, schließen. Privat hingegen lief es weniger gut. Nachdem es ohnehin immer wieder Gerüchte um Affären gab, reichte er eines Tages die Scheidung von seiner Frau Connie ein. Er kümmerte sich zwar weiter um seine zwei Kinder, Jarrett und Brittney, doch seine Ehe war gescheitert.

Die letzten Jahre

Gegen Ende der 90er Jahre, nachdem es stiller geworden war um Chicagos größtes Sportidol seit Ernie Banks und vor Michael Jordan, sah man Payton an, dass er viel Gewicht verloren hatte, generell nicht gesund aussah. Gerüchte machten die Runde, er sei homosexuell und habe sich mit HIV infiziert. Das konnte er schon wegen seiner Familie nicht stehen lassen und verkündete stattdessen seine Erkrankung an der seltenen Leberkrankheit Primär Sklerosierende Cholangitis, kurz PSC.

Er gab sich kämpferisch, erinnerte an sein Lebensmotto und quälte sich, solange es ging. Sweetness verbrachte die letzten Jahre damit, eine Stiftung für Organspende aufzubauen - und warb selbst dafür, sich registrieren zu lassen, obwohl für ihn jede Hilfe schon zu spät kam. Er kämpfte bis zum letzten Tag. Als dann auch noch Krebs bei ihm diagnostiziert wurde, kehrte er zu seiner Frau und den Kindern zurück und verstarb schließlich im Jahr 1999 in den eigenen vier Wänden.

Gone but not forgotten

Walter Payton ist tot. Seine Legende jedoch lebt weiter. Zu seiner Trauerfeier im Soldier Field kamen Zehntausende. Jesse Jackson, NFL-Commissioner Paul Tagliabue und seine Frau und Kinder hielten Reden. Im privaten Kreis, der auch noch knapp 1000 Leute umfasste, kamen unter anderem John Madden und Teamkollegen wie Jim McMahon, Suhey und Mike Singletary, um Payton die letzte Ehre zu erweisen.

Walter Payton ist immer noch allgegenwärtig in Chicago und den Herzen zahlreicher Fans und späterer NFL-Spieler. LaDainian Tomlinson etwa nannte ihn eine Inspiration und errichtete sich nach Vorbild von Payton's Hill einen steilen Trainings-Hügel im Garten seines Hauses in San Diego. Emmitt Smith von den Cowboys widmete ihm seine gesamte Karriere und huldigte ihm am Tage, als er Paytons Rushing-Rekord endlich brechen sollte.

Walters Sohn Jarrett trug an der "U" die 34 zu Ehren seines Vaters und heiratete im Jahr 2009 am 4. März (March 4th), um die 34 im Datum zu haben. Die Foundation setzt sich noch heute für Organspenden und Kinder in Not ein. Zudem gibt es den Walter Payton Man of the Year Award für den NFL-Spieler, der seiner Gemeinde den größten Dienst erweist.

Another Brian's Song

Bis zum Schluss an Paytons Seite: Matt Suhey. Sein Fullback blieb ein Vertrauter für den schwächer werdenden Sweetness, der eine Woche vor seinem Tod in all seiner Lockerheit zu Suhey sagte: "Matt, dies wird ein weiterer Brian's Song. Der Unterschied ist nur, dass in diesem Film der Schwarze stirbt."

Am Ende war es dann aber doch Connie, seine Ex-Frau, die ihm über die Schwelle half: Im letzten Gespräch zwischen den beiden hatte sie ihm gesagt: "Es ist okay zu gehen." Am nächsten Morgen war die Legende für immer gegangen.

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