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NBA - Kevin Durant und die Warriors: Ein Soap-Star auf Abwegen

Von Philipp Jakob
Kevin Durant legt bei den Golden State Warriors mal wieder eine spektakuläre Saison hin.
© getty

Die Golden State Warriors dominierten in den vergangenen Wochen mal wieder das sportliche Geschehen in der NBA - und doch drehte sich alles um wilde Zukunfts-Spekulationen zu Kevin Durant. Vergangene Woche folgte dann KDs Abrechnung mit den Medien. Zur Eskalation hat auch er selbst beigetragen.

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Acht Tage war es still um Kevin Durant. Also nicht um Kevin Durant. Es gab genügend Gerüchte, Spekulationen und Berichte rund um den Star der Golden State Warriors. Nur aus dem Zentrum des Wirbels war kein Laut zu vernehmen. Durant sagte acht Tage lang kein Wort zu den Medien.

Dass sich in dieser Zeit so einiges angestaut hatte, machte sich dann in der vergangenen Woche bemerkbar. Nachdem die Dubs vor eigenem Publikum die Spurs nach allen Regeln der Kunst nass gemacht und mit einem 141:102-Blowout nach Hause geschickt hatten, explodierte der Durant-Vulkan auf der anschließenden Pressekonferenz.

Es ging noch ganz harmlos los. Angesprochen auf die ungewohnte Stille in den vergangenen Tagen antwortete Durant mit einer Gegenfrage: "Warum interessiert euch das? Ich hatte einfach keine Lust zu reden."

Dann kam allerdings die anstehende Free Agency zur Sprache und KDs Schimpftirade nahm seinen Lauf. "Ich vertraue keinem von euch", schmiss er den anwesenden Journalisten an den Kopf. Und: "Werdet erwachsen!"

Nach Porzingis-Trade bleibt Kevin Durant still

Fast drei Minuten lang dauerte Durants Wutrede. Über allem schwebte der Sommer 2019, die anstehende Entscheidung des 30-Jährigen, der zwar eine Spieleroption für 2019/20 besitzt (31,5 Millionen Dollar), diese mit großer Wahrscheinlichkeit aber nicht ziehen wird. Stattdessen geht so gut wie jeder im NBA-Universum davon aus, dass KD Free Agent wird und sich seinen zukünftigen Arbeitgeber aus 30 Optionen (realistisch gesehen sind es natürlich weniger) aussuchen kann.

Es war durchaus auffällig, dass der Beginn von Durants Medienabstinenz mit dem Trade der New York Knicks von Kristaps Porzingis zu den Dallas Mavericks einherging. Mit dem Deal hat sich die Traditions-Franchise aus dem Big Apple nicht nur vom ehemals als künftigen Franchise-Spieler deklarierten Letten getrennt, sondern auch von einigen hoch dotierten Verträgen.

Nun haben die Knicks im kommenden Sommer genügend Platz unter dem Salary Cap, um zwei Maximalverträge auszuhändigen. Ist davon einer vielleicht für Kevin Durant reserviert?

Sind die New York Knicks hinter Kevin Durant her?

Während der sonst so redselige Durant also in Stille verharrte, wurde es im medialen Umfeld des Superstars immer lauter. In gewisser Weise nahmen die Spekulationen mit jedem ungesprochenen Wort Durants weiter an Fahrt auf. Es gibt nicht wenige Insider - nicht nur unter den Journalisten, sondern auch unter Team-Executives -, die davon ausgehen, dass Durant ab kommender Saison den Madison Square Garden sein Heim nennt.

Vielleicht sogar die Knicks selbst? Diese Annahme würde den durchaus riskanten Porzingis-Deal erklären - wie auch den komischen Zufall, dass ausgerechnet das Gesicht von Durant auf einer Werbung für Dauerkarteninhaber prangerte.

Es kursierten sogar Spekulationen, dass jemand aus Durants Camp von den Knicks verlangt habe, Porzingis zu traden, weil KD das Unicorn (diesen Spitznamen verpasste übrigens KD selbst dem Letten) angeblich nicht in seinem Team haben möchte. "Ich habe nichts mit den Knicks zu tun, ich weiß nicht, wer Porzingis getradet hat", wies Durant solche Gerüchte aber auf der PK zurück.

Popularität der NBA auch dank Medienzirkus so hoch

"Ich versuche Basketball zu spielen. Ihr kommt jeden Tag her und fragt mich über die Free Agency aus. Wenn ich dann nicht darüber sprechen möchte, ist das ein Problem. Werdet erwachsen", schimpfte Durant.

Dabei ist es mehr als verständlich, dass sich die Fans, Journalisten, rivalisierende Teams und letztlich auch die Warriors selbst die Frage stellen, wie die Zukunft von Durantula aussehen könnte. Schließlich geht es in der NBA lange nicht mehr allein um das orangefarbene Leder - der Zirkus drum herum ist für viele Fans (mindestens) genauso spannend.

Das ist einer der Gründe für den Anstieg der Popularität der NBA in den vergangenen Jahren und die Spieler haben selbst ihren Teil dazu beigetragen. Allen voran Kevin Durant. Indem der Forward - oder auch LeBron James und viele weitere Akteure - One-plus-One-Verträge unterschreiben, und sich damit Jahr für Jahr die Option, das Team zu wechseln, offenhalten, ist auch Jahr für Jahr Spektakel im Free-Agency-Zirkus garantiert.

Warriors-Coach Kerr über Spekulationen: "Teil des Deals"

Keine Frage, diese Vorgehensweise ist gutes Recht der Spieler. Doch gleichzeitig muss man auch akzeptieren, dass damit jährliche Fragen nach der eigenen Zukunft einhergehen. Wenn einer der besten Basketballspieler der Welt vertragslos wird, dann ist das natürlich eine große Story.

"Das ist einfach Teil des Deals", hat auch Warriors-Coach Steve Kerr erkannt. "Vor allem wenn du einen One-plus-One-Vertrag unterschreibst, du ein Superstar bist und Free Agent wirst. Diese Fragen werden kommen. Wir sind alle Schauspieler in einer Seifenoper. Damit müssen wir einfach umgehen können."

Denn, wie Kerr ebenfalls korrekterweise anmerkt, ist die Gerüchteküche und die damit verbundende Aufmerksamkeit eine nicht zu vernachlässigende Einnahmequelle für die Liga: "Die Fans haben ein großes Interesse und eine Leidenschaft dafür, wer wo hin geht und welches Team was macht. Es wäre schön, wenn jeder einfach auf die Pick-and-Roll-Coverage Acht geben würde, aber Gerüchte sind manchmal interessanter."

Oaklands Medien-Markt nicht zu vergleichen mit New York

Mal ganz abgesehen davon gehört es zur Jobbeschreibung eines jeden NBA-Profis, mit den Medien zu interagieren. Zudem ist der Medien-Markt in der Bay Area im Vergleich zu anderen Städten - New York, hust - noch relativ ruhig. Auch Ethan Sherwood Strauss von The Athletic, den Durant in seiner Tirade direkt attackierte, ist eher einer Riege seriöser Journalisten als der Klatschpresse zuzuordnen.

Und dennoch: "Ich vertraue keinem von euch. Jedes Mal, wenn ich etwas sage, versucht ihr mir das Wort im Mund umzudrehen. Ich will einfach Basketball spielen, in die Trainingshalle gehen und dann nach Hause. Ist das ein Problem?"

Genau wie das Interesse der Fans an der Zukunft KDs, ist auch diese Einstellung des zweimaligen Champions irgendwo verständlich. Es ist nur menschlich, genervt von wilden Spekulationen um die eigene Person zu sein, wenn man gleichzeitig eine spektakuläre Saison mit dem besten Team der Liga hinlegt.

Kevin Durants Statistiken bei den Golden State Warriors

SaisonSpiele/MinutenPunkteReboundsAssistsFG%3P%
2016/1762/33,425,18,34,853,737,5
2017/1868/34,226,46,85,451,641,9
2018/1957/35,427,67,05,951,636,7

Vor der Pleite gegen die Trail Blazers haben die Warriors 16 Siege aus 17 Spielen eingefahren. Durant kann in diesem Run gut und gerne als der beste Spieler des Teams bezeichnet werden, trotz Stephen Curry, trotz Klay Thompson. Mit 27,6 Punkten pro Partie (bei 51,6 Prozent aus dem Feld) liegt er in Sachen Scoring auf dem fünften Rang in der NBA, seine 5,9 Assists sind zudem Karrierebestwert.

Golden State und Durant dominieren (mal wieder) das Geschehen in sportlicher Hinsicht - und dennoch dreht sich in der Öffentlichkeit gefühlt alles nur um KDs Zukunft. Unter Umständen weiß er selbst noch gar nicht, wo es ihn im Sommer hinziehen wird. Dass dies frustrierend sein kann, ist - ihr ahnt es - verständlich. Seine Art, wie er mit der Situation umgegangen ist, war aber meilenweit entfernt von jeder Weisheit aus dem PR-Handbuch.

Schließlich hätte Durant das ganze Drama recht simpel im Keim ersticken können. Dazu hätte er sich einfach nur den Medien stellen müssen. So hätte er alle angeblichen Verbindungen zu den Knicks dementieren und sagen können, dass sein Fokus zu einhundert Prozent auf dem Sportlichen liege. Es hätte noch nicht einmal ein Treueschwur auf die Warriors gebraucht. Die üblichen Klischees hätten mit ziemlicher Sicherheit auch gereicht, um die Medien fürs Erste zufrieden zu stellen.

Warriors: Keine negativen Auswirkungen durch Durant-Gerüchte

Doch nach dieser denkwürdigen PK wird es nicht unbedingt ruhiger um KD werden. Aktuell scheinen die Gerüchte die Leistungen des Teams nicht zu beeinflussen, dass es unter der Oberfläche durchaus gebrodelt hat, zeigte aber bereits die Auseinandersetzung zwischen Durant und Draymond Green Mitte November.

Es wird interessant, wie Durant auf dem anstehenden All-Star Wochenende (alle Wettbewerbe gibt es live auf DAZN) gegenüber den Medien auftritt und ob seine Zukunft erneut zur Sprache kommt. Immerhin dürfte das Sportliche wieder mehr in den Fokus rücken, je näher es Richtung Playoffs geht.

Einen ersten Versuch eines Journalisten, genau das zu tun, schmetterte Durant auf seiner PK direkt ab. "Ich bin fertig. Ich weiß, dass ihr euch darum nicht kümmert", sagte er, stand auf und verließ das Podium. "Gute Nacht!"

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