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NBA Playoffs - Die Celtics dominieren Spiel 1 gegen die Cavs: Ein Team war vorbereitet

Die Cleveland Cavaliers waren gegen die Boston Celtics chancenlos.
© getty

In Spiel 1 der Eastern Conference Finals haben die Boston Celtics die Cleveland Cavaliers überraschend mit 108:83 aus der Halle geschossen. Dabei fiel auf, dass die Gastgeber nicht nur das hungrigere, sondern auch das wesentlich besser vorbereitete Team waren. Welche Lehren können die Teams daraus ziehen?

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Es war erst einmal nur ein Spiel, die Celtics haben lediglich ihren Heimvorteil verteidigt. Auch Indiana hatte in Runde eins das erste Spiel gewonnen, die Serie haben sie letztendlich trotzdem nicht gewonnen. Die Cavaliers sind kein Team, das sich durch einen 0-1-Rückstand aus der Ruhe bringen lässt. LeBron James passiert das schon gar nicht.

Und trotzdem - es war bemerkenswert, wie einfach es den Celtics in Spiel 1 fiel, das Geschehen zu dominieren. Boston war defensiv wie offensiv das klar bessere Team, man war auch ganz offensichtlich besser vorbereitet und nahm die Partie ernster als Cleveland. Kurz gesagt waren die Celtics in allen Belangen besser und auch LeBron, das ultimative Schreckgespenst der Eastern Conference, sah gegen ihre Defense aus wie ein Normalsterblicher.

Die zentralen Fragen, die sich nach diesem "Mother's Day Massacre" nun stellen, sind daher diese: Warum konnten die Celtics das Spiel so gründlich dominieren - und welche Faktoren sind in den kommenden Spielen replizierbar?

Celtics: Defensive Vielseitigkeit ist Trumpf

Brad Stevens hatte seinem Team offensichtlich erneut einen ziemlich detaillierten Game-Plan vorgelegt. Defensiv sah dieser vor allem vor, dass viele Pick'n'Rolls geswitcht wurden - dank der Hereinnahme von Marcus Morris für Aron Baynes in die Starting Five hatte Boston eben auch das Personal dafür. Insbesondere das in den Conference Semifinals gegen Toronto so effektive Two-Man-Game zwischen Kyle Korver und Kevin Love wurde den Cavs dadurch als Stärke genommen.

Korver und Love hatten sich immer wieder abseits des Balls gegenseitig Blöcke gestellt, um entweder offene Dreier oder Mismatches für Love im Post gegen kleinere Gegenspieler zu bekommen. Boston ließ dies aber kaum zu - die "kleineren" Celtics wie Jaylen Brown oder Marcus Smart sind physisch eben durchaus in der Lage, auch im Post dagegenzuhalten, eine Komponente, die Toronto auf dem Flügel fast komplett fehlte.

Und wenn dann doch einmal ein echtes Mismatch dadurch entstand, dass Terry Rozier gegen Love verteidigen musste, war die Hilfe sofort da, die Celtics verteidigten brillant im Teamverbund und rotierten fast immer blitzschnell und richtig. Das erfordert natürlich ein Höchstmaß an Konzentration - aber die Celtics haben das defensive Potenzial, dies durchaus über die Serie aufrechtzuerhalten.

LeBron James erlebt verheerenden Abend

Aus ihrer Sicht wäre es natürlich auch erstrebenswert, wenn James seine Leistung aus Spiel 1 "aufrechterhalten" sollte. LeBron machte am Sonntagabend sein schlechtestes Spiel dieser Playoffs, lediglich 15 Punkte bei 31,3 Prozent aus dem Feld hat man vom King schon lange nicht mehr gesehen. Ebenso wenig wie den verheerenden Plus/Minus-Wert von -32, den James in 36 Minuten Einsatzzeit auflegte.

Die Celtics verteidigten LeBron dabei auf eine ungewöhnliche Weise - üblicherweise sinken die meisten Teams gegen ihn etwas ab, um James zum Shooter zu machen, weil sie seine Drives fürchten, er nutzt dies aber auch dafür, den Court besser zu sehen und sein Passing Game aufzuziehen. Boston dagegen verteidigte zumeist aggressiv und nah am Mann, um ihn mehr zum Ballhandler zu machen - auch damit waren seine 7 Turnover zu erklären.

"Sie hatten einen großartigen Game-Plan", erkannte James richtigerweise nach dem Spiel auf der Pressekonferenz an, und lobte darüber hinaus die gute defensive Kommunikation der Celtics. Dies betonte auch "LeBron-Stopper" Morris: "Es war nicht nur ich, sondern das ganze Team. Wir haben ihn alle verteidigt. LeBron ist natürlich der beste Spieler."

LeBron James: "Gefühl für die Serie bekommen"

In der Tat war es offensichtlich, wie vielseitig die Celtics auch defensiv sind. Sowohl Morris als auch Brown, Smart, Jayson Tatum, Semi Ojeleye und Horford sind langarmig, schnell, athletisch und defensiv voll auf der Höhe - sie alle waren James im Eins-gegen-Eins nicht hilflos ausgeliefert, im Gegenteil.

In diesem Spiel ging ihr Konzept auf: James nahm in der ganzen Partie nur drei Würfe nach Drives, ansonsten sah man von ihm viele Ballverluste oder eher uninspirierte Pullup-Jumper am Mann. Nachdem er diese gegen Toronto noch traumwandlerisch sicher versenkt hatte, fiel an diesem Abend lediglich einer von acht Versuchen in den Korb.

Zwei Sachen muss man dazu allerdings betonen: LeBron wird sich für Spiel 2 zweifellos etwas einfallen lassen und weniger passiv auftreten. "Spiel 1 war für mich schon immer das Spiel, um ein Gefühl für eine Serie zu bekommen", sagte er selbst. Und er dürfte sich auch darauf verlassen können, dass ihm seine Shooter in Spiel 2 wieder etwas mehr Platz verschaffen.

Cavaliers: Der Dreier fällt nicht

So schlecht wie in Spiel 1 war das Shooting der Cavs (4/26 3FG) nämlich selten - es dauerte erst einmal 14 Fahrkarten, bis überhaupt der erste Longball im Korb der Celtics landete. Diese sind aus den genannten Gründen sehr gut in der Dreier-Defense, in der Regular Season waren sie in dieser Hinsicht das beste Team und Eckendreier lassen sie grundsätzlich kaum zu.

Und dennoch: So schlecht wird das Cavs-Shooting schwerlich noch einmal sein. Dafür sind Korver, Love, J.R. Smith und auch LeBron selbst schlichtweg zu gute Schützen. Es gibt diese Spiele, in denen nichts fallen will, man sollte sich aus Celtics-Sicht aber natürlich nicht darauf verlassen, dass Cleveland in dieser Serie noch drei weitere dieser Spiele haben wird.

Vielleicht muss das aber auch gar nicht sein, wenn den Cavs wiederum kein Gegenmittel auf die Offense der Celtics einfällt. Auch diese folgte in Spiel 1 einem eindeutigen und logischen Konzept: Die Celtics attackierten die defensiven Schwachstellen wie Love und Korver nach Switches konsequent - und sie fanden wieder und wieder den Weg in die Zone.

Cleveland fehlt der Ringbeschützer

Eine Botschaft, die die Raptors in der vorigen Serie anscheinend nicht erreicht hatte, dürfte auf dem Scouting-Bogen der Celtics rot angestrichen gewesen sein: Die Cavs haben keinen Ringbeschützer! Love ist ein toller Offensivspieler und defensiv besser als sein Ruf, aber die Anforderungen für einen Rim-Protector bringt er nicht mit.

Auch Tristan Thompson kann dies nicht sein, auch wenn er den Celtics zumindest beim Rebound Paroli bieten konnte. Sollte LeBron nicht kurzfristig entscheiden, mehr Energie in der Defense aufzubringen (sollte er das?), oder Lue den erneut kaum eingesetzten Larry Nance reaktivieren, dürften die Celtics in der Zone ziemlich viel Spaß haben. Vielleicht gibt es nicht in jeder Partie 60 Points in the Paint - aber wenn es zumindest in diese Richtung geht, hat Cleveland ein Problem.

Generell muss sich Lue hinsichtlich seiner Defensivstrategie etwas einfallen lassen. Genau wie Boston switchten die Cavs viel - aber in ihrem Fall eher deswegen, weil Spieler ihren Mann verloren hatten. LeBron hatte die gute Kommunikation der Celtics gelobt - nicht zuletzt deshalb, weil sein eigenes Team verteidigte, als wäre man sich am Sonntagmorgen zum ersten Mal überhaupt begegnet. Und das galt auch vorne.

LeBron James: "Mache mir überhaupt keine Sorgen"

"Ich mache mir überhaupt keine Sorgen. Ich war nicht am College und das hier ist nicht die March Madness", sagte LeBron nach dem Spiel und spielte darauf an, dass es eben nur ein Spiel in einer Serie war. Die Cavs sind nicht so schlecht, wie sie in Spiel 1 aufgetreten sind, die Celtics sind gleichzeitig wohl nicht so gut, gerade offensiv. Ihr Offensiv-Rating in dieser Partie betrug +115,6, was mit Abstand der höchste Wert dieser Playoffs wäre. Sie sind aber nicht von gestern auf heute zum besten Offensiv-Team der NBA-Geschichte geworden.

Vielmehr waren sie in dieser Partie einfach besser vorbereitet - Stevens hatte seinem Team eingeimpft, wie es zu spielen hatte, und die Spieler setzten dies grandios um. Boston diktierte die individuellen Matchups und das Spieltempo, die Youngster Brown und Tatum spielten wie abgezockte Veteranen und im Kern hielt Horford die ganze Angelegenheit zusammen. Trotz ihrer Jugend wirken die Celtics nicht wie ein Team, das sich angesichts der Situation und des Schreckgespenstes auf der Gegenseite vor Angst in die Hosen macht.

Es wird spannend zu sehen, welche Konter sich Lue und vor allem wohl James für Spiel 2 überlegen. Schwerlich werden die Cavaliers noch einmal so schlecht auftreten. Aber auch auf der Gegenseite wird man sich nicht ausruhen.

"Die Herausforderung am Dienstag wird jetzt noch größer", sagte Stevens. "Da werden wir besser spielen müssen." Gesprochen wie jemand, der in dieser Postseason noch einiges vorhat.

Die NBA-Champions der letzten 5 Jahre:

SaisonChampionFinals-GegnerSerie
2016/17Golden State WarriorsCleveland Cavaliers4-1
2015/16Cleveland CavaliersGolden State Warriors4-3
2014/15Golden State WarriorsCleveland Cavaliers4-2
2013/14San Antonio SpursMiami Heat4-1
2012/13Miami HeatSan Antonio Spurs4-3
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