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Damian Lillard und die Portland Trail Blazers: Die ewige Jagd nach Respekt

Von Jan Dafeld
Damian Lillard spielt mit den Portland Trail Blazers die beste Saison seiner Karriere.
© getty

Die Portland Trail Blazers sind mit neun Siegen in Serie das Team der Stunde. Damian Lillard hat sich mit starken Leistungen in den erweiterten Kreis der MVP-Kandidaten gespielt und wird ligaweit gepriesen. Endlich.

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Damian Lillard ist stolz. Stolz darauf, es von einem kleinen College zu einem NBA-Lottery-Pick gebracht zu haben. Stolz darauf, in seiner ersten NBA-Saison als bester Rookie ausgezeichnet worden zu sein. Stolz darauf, es im nächsten Jahr gleich ins All-Star- und in ein All-NBA-Team geschafft zu haben.

Lillard ist ein Spieler, dessen Selbstvertrauen heraussticht - selbst im Alphatier-Park NBA. Er braucht keinen Blick auf seinen Gehaltsscheck zu werfen, um sich sicher zu sein, dass er der beste und wichtigste Spieler seines Teams ist. Würfe in der Crunchtime nimmt er sich mit einer Selbstverständlichkeit, die nur wenige andere Stars haben.

"Ich kann mit Erfolg genauso gut umgehen wie mit Scheitern. In meinem Kopf ändert sich nichts", erklärte Lillard im Sommer gegenüber Sporting News. "Ich gehe nach Hause, ich schlafe, ich wache auf und am nächsten Tag will ich den Ball wieder haben. Ich liebe diese Situationen."

Ligaweite Anerkennung bleibt verwehrt

Lillard ist nicht abgehoben oder arrogant, doch er ist tief überzeugt von sich. Von seinen Leistungen und Fähigkeiten. Und davon, bewiesen zu haben, dass er zu den besten Spielern der Liga gehört. Umso mehr stört es ihn, dass der Rest der Welt seine Überzeugungen offenbar nicht teilen mag.

Vor zwei Jahren legte Lillard im Schnitt 25,1 Punkte und 6,8 Assists pro Spiel auf, nur 5 Punkte weniger als Stephen Curry. Doch während Curry zum MVP gekürt wurde, schaffte es Lillard nicht einmal ins All-Star-Team. In der darauffolgenden Saison machte er einen weiteren Schritt nach vorne. Er kam auf 27 Punkte, 5,9 Assists und 4,9 Rebounds bei einer Wurfquote von 44,4 Prozent pro Spiel - fast alles persönliche Bestwerte. Und doch blieb Lillard die ligaweite Anerkennung weiter verwehrt. In die All-Star- und All-NBA-Teams schafften es andere.

Selbst in dieser Saison, in der er es nach dreijähriger Durststrecke endlich wieder in ein All-Star-Team schaffte, wollte die Kritik an ihm nicht verstummen. Russell Westbrook wütete öffentlich, die Spieler, "die es wirklich verdienen" würden, würden nicht gewählt, stattdessen seien "Typen, die sich so lange beschweren, bis sie rein kommen", beim All-Star-Game mit dabei.

Lillard war klar, gegen wen sich die Kritik richtete. "Ich habe großen Respekt vor Russ, daher war ich etwas enttäuscht, dass er das so gesagt hat", gab er zu. "Er hat gegen mich gespielt. Er hat gegen unser Team gespielt. Er weiß, was ich erreicht habe. Nicht nur in diesem Jahr, sondern in meiner Karriere. Daher war es ein wenig enttäuschend, aber ich weiß, dass ich mir meinen Platz verdient habe." Mittlerweile haben sich beide Stars ausgesprochen, dennoch waren die Aussagen beispielhaft für Lillards "Unter dem Radar"-Status.

Die Karriere-Statistiken von Damian Lillard

SaisonPunkteReboundsAssists
2012-201319,03,16,5
2013-201420,73,55,6
2014-201521,04,66,2
2015-201625,14,06,8
2016-201727,04,95,9
2017-201826,84,56,5

Die beste Saison der Karriere

Lillard scheint ratlos. Wieso um alles in der Welt bekommt er nie den Respekt, den er anderen doch auch zollt? Er vermisst diese Wertschätzung, es nagt an ihm, daraus macht er keinen Hehl. "Dass ich es nicht ins All-Star-Team geschafft habe, hing zu einem großen Teil mit unserem Erfolg als Team zusammen. Ich musste also besser werden", erklärte er bei NBA Inside Stuff.

Der 27-Jährige veränderte seinen Trainingsplan im Sommer radikal, begann die Saisonvorbereitung früher als je zuvor. Lillard ging täglich schwimmen oder wandern, absolvierte Box-Training und stellte seine gesamte Ernährung auf vegan um. "Zu Beginn dieser Saison war ich mental stärker als physisch. Und, glaubt mir, ich war physisch absolut bereit", zeigte er sich selbstbewusst.

Die harte Arbeit zahlt sich aus. Lillard spielt die statistisch beste Saison seiner Karriere, doch seine Dominanz geht weit über den Statistikbogen hinaus: Die Blazers haben neun Spiele in Serie gewonnen und gehören zu den heißesten Teams der Liga. Portland steht plötzlich auf Rang drei der Western Conference, erstmals in seiner Karriere könnte Lillard sein Team auf einen Kurs führen, der in Richtung Playoff-Heimvorteil zu gehen scheint.

Damian Lillard: Gala-Form gegen Golden State und L.A.

Sein eigener Einfluss auf die Siegesserie seines Teams ist dabei nicht zu übersehen. Zum ersten Sieg gegen die Golden State Warriors führte Lillard seine Blazers mit 44 Punkten fast im Alleingang, gegen die Phoenix Suns erzielte in den letzten 70 Sekunden des Spiels 7 Punkte, inklusive des Game-Winners 0,9 Sekunden vor dem Ende. Die Los Angeles Lakers schoss er mit 19 Punkten im letzten Viertel, darunter vier Dreiern in vier aufeinanderfolgenden Possessions, aus der eigenen Halle.

Über die letzten zehn Spiele kommt er im Schnitt auf über 35 Zähler pro Spiel - ein Wert, den in der Franchise-Geschichte der Blazers kein Spieler zuvor erreichen konnte. "Ich habe schon sehr viel großartigen Basketball in meinem Leben gesehen, aber heute dachte ich einfach nur: 'Wow!'", so Mitspieler Shabazz Napier nach dem Sieg über die Lakers. "Ich habe es in seinen Augen gesehen. Er wollte jedes Mal den Ball, er wollte den Wurf nehmen."

Plötzlich MVP-Kandidat?

Die plötzliche Siegesserie der Blazers, in der unter anderem die Warriors zwei Mal geschlagen wurden, hat Lillards Status in der Liga einen Schub gegeben. Unter der Woche feierten ihn die Fans im Moda Center mit "MVP"-Sprechchören und selbst Knicks-Coach Jeff Hornacek schwärmte: "Der Junge spielt fantastisch. Er könnte so langsam zu den Spielern gehören, über die wir in der MVP-Diskussion reden müssen."

Tatsächlich konnte Lillard statistisch in elitäre Kreise vorstoßen. Der Point Guard liegt ligaweit auf Rang sechs in puncto Win Shares, seine True Shooting Percentage überschritt in der vergangenen Woche die 60er-Marke - ein Spitzenwert! Mehr als ein Kandidat für den fünften, vierten oder maximal dritten Platz auf den Wahlzetteln dürfte Lillard trotz seiner herausragenden Leistungen nicht sein, da sind ihm andere Superstars noch voraus. Doch das dürfte ihm vorerst egal sein. Das Playoff-Rennen in der Western Conference bietet aktuell genug Drama. Die momentane Platzierung an Position drei liest sich zwar gut, allerdings trennen die Blazers gerade mal drei Siege von den zehntplatzierten Utah Jazz.

Mit den Heat und den Cavaliers hat Portland in den nächsten Spielen zudem alles andere als Kanonenfutter vor der Brust. Um seine Siegesserie noch weiter ausbauen zu können, dürfte also - mal wieder - eine Spitzenleistung vonnöten sein. Vor allem natürlich vom eigenen Superstar. "Damian Lillard ist etwas Besonderes", lobt ihn Head Coach Terry Stotts in den höchsten Tönen. "Wenn das nicht offensichtlich ist, dann sage ich es." Er müsste es nicht sagen. Es ist offensichtlich. Lillard hat lange genug dafür gekämpft.

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