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Above the Break: Warum die Chicago Bulls sich wegen Jordan Bell schämen sollten

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© getty
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Das Front Office um GM Bob Myers muss kreativ arbeiten und denken. Durch die Gehaltsstruktur und die ganzen Stars im Team ist es logischerweise ungleich schwerer, den Kader mit jungen und gleichzeitig fähigen Spielern zu ergänzen; Golden State hat kaum Geld für Free Agents und angesichts der (gefühlt jedes Jahr) besten Bilanz der Liga immer nur Picks am Ende der ersten Runde.

In diesem Jahr hatten sie nicht einmal das: Sowohl den Erstrundenpick als auch den Zweitrundenpick hatten sie bereits 2013 im Trade für Andre Iguodala abgegeben. Trades oder eben ein Pick-Kauf waren daher die einzigen Möglichkeiten für Golden State, sich über den Draft mit frischem Blut zu versorgen, mit der Bedingung, dass man irgendjemanden findet, dem Geld wichtiger als Picks sind. 2016 waren das die Bucks, deren Zweitrundenpick die Dubs in Patrick McCaw (noch so ein Steal) ummünzten, 2017 eben die Bulls.

Warriors: An den Spurs orientiert

Man wird bei den Warriors natürlich nie von irgendwelchen Nöten sprechen. Das Team ist dank seiner Big 4 so abartig talentiert, dass es noch eine ganze Weile mindestens ein Contender bleiben wird. Nur hat die Vergangenheit eben auch gezeigt, dass ein paar Stars alleine nicht reichen - und dass auch vor den besten Teams das Thema Alter nicht Halt macht.

In Sachen Langlebigkeit sind die Spurs das Nonplusultra der NBA, eben weil sie auch immer wieder späte Picks und Projekte bei sich integrierten, allen voran den ehemaligen Zweitrundenpick Manu Ginobili. San Antonio ist seit zwei Jahrzehnten Contender und gehört auch in dieser Saison zum Favoritenkreis, obwohl das ehemalige Fundament seit zwei Jahren im Ruhestand ist.

Ein extremes Gegenbeispiel wären die "Heatles": Ihre Ära endete auch deshalb schon nach vier Jahren, weil der Kader rund um LeBron James 2014 überaltert war. Fast alle vorhandenen Ressourcen wurden damals in alternde Rollenspieler investiert. Man wollte eben das Maximum aus der Zeit herausholen, die insbesondere Dwyane Wade, der damals 32 Jahre alt war, noch auf hohem Niveau hatte.

Cash Considerations: Das perfekte Investment

Auch die Warriors werden früher oder später Alterserscheinungen zu spüren bekommen. Teilweise tun sie das schon jetzt: Andre Iguodala spielt in dieser Saison unter seinem gewohnten Niveau und trifft aktuell 22,6 Prozent seiner Dreier, Shaun Livingston spielt bis dato auch keine beeindruckende Saison. Bei beiden darf durchaus erwartet werden, dass sie in den Playoffs einen Gang hochschalten werden, es ist aber nicht gewiss, dass sie das auch 2020 noch können, wenn ihre Verträge auslaufen.

Die Warriors bereiten sich darauf vor, indem sie schon jetzt aggressiv Möglichkeiten suchen, den Kader zu rüsten - für die Gegenwart und für die Zukunft. Die "Cash Considerations", die sie für Zweitrundenpicks ausgeben, zählen nicht gegen den Cap und sind damit das perfekte Investment für Teams, die finanziell eingeschränkt sind.

Abgesehen vom Star-Quartett gibt es eben immer auch noch elf weitere Kaderplätze, die möglichst günstig besetzt werden sollen - und fast nichts ist in der NBA günstiger als das Gehalt eines Zweitrundenpicks.

Bulls: Nicht wirklich Feel-Good-Story

Um sich auf diese Weise stetig selbst zu erneuern, sind die Warriors auf andere Teams angewiesen. Angesichts des ständigen Gejammers über Superteams und das Ungleichgewicht in der Liga ist es daher kurios, dass ihnen dabei so bereitwillig geholfen wird. So schlimm scheint die Dominanz der Warriors ja nicht zu sein, solange sie nicht das eigene Portemonnaie beeinträchtigt oder es vielleicht sogar füllt.

Das Lustige ist ja: Die Bulls könnten mit ihrem Mirotic-Portis-"One-Two-Punch", der Wiedergeburt von Kris Dunn und "Lauri Bird" Markkanen eine der Feel-Good-Stories der Saison sein, da sie auf einem Niveau spielen, das niemand so vorhergesehen hätte. Der ursprünglich als verheerend bewertete Jimmy-Butler-Trade sieht womöglich gar nicht mehr so verheerend aus, wenn Zach LaVine sich nach seinem Kreuzbandriss in einigermaßen guter Verfassung zurückmeldet.

Für den Bell-Trade können sich Paxson und Forman trotzdem bis auf Weiteres den Eselshut aufsetzen. Zumal sie mindestens Mirotic sicherlich bald traden oder anderweitig aus dem Verkehr ziehen, um ja nicht die Chance auf einen hohen Draft-Pick zu verlieren.

Aber keine Sorge, liebe Bulls-Fans: Erstrundenpicks darf man nicht für Cash Considerations traden. Auch wenn Paxson und Forman sonst wahrscheinlich darüber nachgedacht hätten.