NBA

Wer ist der MVP des ersten Saisonviertels?

James Harden, LeBron James
© getty

Willkommen bei Above the Break - der SPOX-Meinung zur NBA-Saison! Zweimal im Monat nimmt SPOX-Redakteur Ole Frerks ein Thema aus der Liga ganz genau unter die Lupe. Diesmal Thema: das MVP-Rennen des ersten Saisonviertels.

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Die NBA-Saison ist zwar immer noch jung, mittlerweile haben aber alle Teams mindestens 20 Spiele absolviert und wir können ein wenig einordnen, welche Trends for real sind und welche nicht.

Es hat sich beispielsweise mittlerweile herausgestellt, dass die Saisons der Clippers und Grizzlies unter keinem guten Stern stehen, obwohl beide Teams gut starteten. Wenngleich beide im Playoff-Race längst nicht chancenlos sind, wird ihnen (auch von mir!) allerorten nahegelegt, sich anders zu orientieren und ihr Tafelsilber auf den Markt zu setzen.

Natürlich gibt es auch weiterhin viele Situationen, die man noch lange nicht final bewerten kann - ich denke da beispielsweise an Dwight Howards (erneute) Wiedergeburt in Charlotte. Wir wollen uns heute aber darauf konzentrieren, was schon passiert ist und was wir bewerten können - wie zum Beispiel das derzeitige MVP-Rennen.

Die Kriterien einer MVP-Wahl

Dazu vorab ein paar Worte zum "Amtsinhaber". Ich habe in der vergangenen Saison einige Leute überrascht beziehungsweise verärgert, als ich schrieb, dass Russell Westbrook für mich kein Top-3-MVP-Kandidat war. Damit wollte ich seine unfassbare individuelle Performance nicht schmälern - vielmehr ging es mir darum, dass Statistiken nicht singulär entscheiden sollten.

Natürlich spielen diese eine Rolle, auch eine wichtige. Aber ebenso sollte der Teamerfolg berücksichtigt werden, die Frage, ob der Spieler seine Mitspieler besser macht, und: Ist er der beste Spieler der NBA oder zumindest einer der drei besten? Keines dieser Kriterien sollte alleine entscheiden, sonst hätten ja beispielsweise LeBron James und Michael Jordan über zehn MVP-Awards im Schrank. Beide sollten mehr haben als vier beziehungsweise fünf, aber das ist ein Thema für einen anderen Tag.

Letzte Saison aber entschied letztendlich ein Kriterium. Westbrook legte ein Triple-Double auf, das macht ihm keiner streitig. Aber sonst? Der Teamerfolg war moderat, okay. Seine Mitspieler besser gemacht hat er nicht - sowohl Victor Oladipo und Domantas Sabonis als auch Enes Kanter spielen in dieser Saison bei anderen Teams signifikant besser. Ein Top-3-Spieler ist Westbrook auch nicht. Jedenfalls nicht, wenn man ihn im Kontext eines Teams sieht und nicht als Individualsportler.

Westbrook schaut auf die eigenen Stats

Als solcher tritt er bisweilen aber auf. Das allerbeste Beispiel dafür lieferte er vorige Woche, als OKC deutlich gegen Golden State gewann und er am Ende nur deshalb noch spielte, weil ihm ein Assist zum Triple-Double fehlte. Kevin Durant und Stephen Curry lachten sich auf der Bank schief, als Westbrook Steven Adams anbrüllte, weil er nach Pass von Russ nicht warf, sondern abspielte. Und das von einem, der letzte Saison immer wieder beteuerte, die Triple-Doubles seien ihm egal und nur der Teamerfolg sei wichtig.

Dass sich OKC derzeit schwertut, überrascht mich daher nicht, auch wenn ich das Ausmaß nicht so stark eingeschätzt hatte. Insbesondere die Probleme in der Crunchtime, wenn drei Spieler auf eigene Faust das Spiel entscheiden wollen, sind aber zu erwarten gewesen.

Ich gehe weiterhin davon aus, dass OKC sich fangen wird. Das Net-Rating ist zwar gefallen, mit +2,4 aber immer noch ein stabiler Wert. Letztendlich sind die Thunder gut genug besetzt, um irgendwann doch die Bilanz eines (Semi-)Top-Teams aufzuweisen. Dass sie ein echtes Top-Team werden, gerade im Hinblick auf die Playoffs, glaube ich aber nicht.

"Kein großartiger Basketballspieler"

"Russell spielt großartig Basketball, aber er ist kein großartiger Basketballspieler. Da gibt es einen großen Unterschied", sagte ein Coach aus der Western Conference anonym zu Mike Wise (The Undefeated), worauf ich durchaus neidisch bin: Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. Damit Westbrook brillant sein kann, müssen sich ihm alle anderen unterordnen, selbst bessere Spieler als er wie ein gewisser KD. Dann ist er auch brillant - aber das ist nicht das Rezept, um in der NBA Titel zu holen.

Und deswegen ist Russ für mich auch dann kein MVP-Kandidat, wenn er über den Rest der Saison nur noch Triple-Doubles auflegt. Da spielt einfach noch mehr mit hinein. Wie es die nun folgenden Kandidaten mitbringen.

Die Top 5 MVP-Kandidaten bisher

5. Giannis Antetokounmpo (Milwaukee Bucks)

Stats: 29,2 Punkte, 10,1 Rebounds, 4,5 Assists, 1,7 Steals, 1,8 Blocks, 55/27/76 Splits

Teambilanz: 11-9

Ich gebe zu: Ich hatte hier zunächst Joel Embiid stehen, der sein Team noch positiver beeinflusst als Giannis es tut. Wenn der Process auf dem Court steht, haben die Sixers ein Net-Rating von +7,4, was der viertbeste Wert der Liga wäre, ohne ihn liegt der Wert bei -6,3, also auf Mavericks-Niveau. Auch Kristaps Porzingis, DeMar DeRozan und Damian Lillard hatte ich zumindest überlegt. Aber letztendlich führte doch kein Weg an Giannis vorbei.

Milwaukee war zwischenzeitlich ziemlich ins Wanken geraten, nun haben die Bucks aber wieder sieben ihrer letzten zehn Spiele gewonnen und sind auf dem richtigen Weg. Eric Bledsoe ist langsam besser integriert und so sind die Bucks zumindest nicht mehr komplett chancenlos, wenn der Grieche offensiv mal einen etwas schwächeren Tag erwischt, wie vergangene Nacht gegen die Blazers.

Nicht, dass das oft vorkommen würde. Giannis liefert beständig ab und ist aufgrund seiner prall gefüllten Boxscores vielleicht der Fantasy-MVP dieser Saison. Solange er seinen Wurf nicht stabilisiert, ist es zwar fraglich, ob er auch gegen intelligente Defense in den Playoffs so dominieren könnte, in der Regular Season ist gegen seine einzigartige Kombination aus Länge, Athletik und Schnelligkeit aber kein Kraut gewachsen.

Ein kleines bisschen fehlt noch

Auch defensiv wird Giannis mehr und mehr zur dominanten Figur, seine Gegenspieler schließen gegen ihn um ganze 7 Prozent schlechter ab, um den Korb herum sind es sogar 10,4 Prozent. Wenn man bedenkt, dass Antetokounmpo immer noch erst 22 Jahre alt ist und von Jahr zu Jahr besser wird, kann einem da schon angst und bange werden.

Der aktuelle MVP ist er aber noch nicht - dafür muss Giannis einerseits noch lernen, wie er seine Mitspieler besser macht, und andererseits, so simpel das klingt, müssen die Bucks mehr Spiele gewinnen. Ich habe oben ja (viel zu) lang und breit dargelegt, dass ich darauf ziemlich großen Wert lege.

Ich habe allerdings mittlerweile keinen Zweifel mehr daran, dass der Greek Freak eines Tages MVP sein wird. Nur eben jetzt noch nicht.

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