NBA

"Habe mir die größere Rolle verdient“

Jakob Pöltl
© getty

Jakob Pöltl kommt in seiner zweiten Saison bei den Toronto Raptors immer stärker zur Geltung. SPOX sprach mit dem Österreicher über seine neue Rolle, den neuen Spielstil der Raptors und die Entwicklungen in der NBA. Am Sonntag treffen Pöltls Raptors auf die Celtics (21.30 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE).

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SPOX: Jakob, Ihre Rolle bei den Raptors ist im Vergleich zur letzten Saison deutlich größer geworden. Wie fühlen Sie sich damit?

Jakob Pöltl: Das fühlt sich sehr gut an. Ich habe im Sommer viel und hart gearbeitet - ob in der Summer League, beim Nationalteam oder auch individuell. Demensprechend glaube ich auch, dass ich mir diese größere Rolle verdient habe. Und jetzt geht es darum, da anzuknüpfen und diese Rolle zu halten oder sogar auszubauen.

SPOX: In welchen Aspekten haben Sie sich denn besonders verbessert?

Pöltl: In erster Linie habe ich an meinem Finishing gearbeitet und an meinem Spiel von draußen. Das sieht man zwar in den Spielen jetzt noch nicht, da die Situationen, in denen ich das anwenden kann, noch nicht so häufig auftreten. Gleiches gilt für den Dreier, an dem ich ebenfalls im Sommer gefeilt habe. Darüber hinaus hilft mir im Spiel natürlich die Spielpraxis weiter, die mir vergangene Saison hin und wieder noch gefehlt hat. Das führt auch dazu, dass ich in einigen Situationen nicht mehr so hektisch agiere.

SPOX: Stichwort Spielpraxis: Ist es einfacher, gute Leistungen zu bringen, wenn man fester Bestandteil der Rotation ist?

Pöltl: Ja, das ist ein großer Vorteil, wenn man nicht komplett kalt ins Spiel kommt, sondern noch einigermaßen warm ist vom Aufwärmen. Dann ist dein Rhythmus einfach besser, man spielt mit mehr Vertrauen. Und es hilft mir auch einfach, dass ich weiß, wo ich im Team stehe und wann ich wahrscheinlich eingewechselt werde.

SPOX: Inwieweit hat sich die Wahrnehmung Ihrer Person im Vergleich zum Rookie-Jahr verändert?

Pöltl: Ich merke schon, dass ich mir mittlerweile den Respekt bei meinen Mitspielern und auch bei den Gegnern erarbeitet habe. Auch bei den Schiedsrichtern ist es ein anderes Gefühl, da man viele inzwischen kennt, was hilfreich ist. Insgesamt würde ich sagen, dass es - anders als im Rookie-Jahr - viel mehr Begegnungen auf Augenhöhe gibt.

SPOX: Sie gehören als Big Man einem Spielertyp an, dessen Rollenbild sich in den vergangenen Jahren sehr verändert hat. Wie erleben Sie das?

Pöltl: Ich glaube, das kommt meinem Spiel entgegen. Ich war ja immer schon ein Big Man, der schnell auf den Füßen unterwegs war. In Zeiten, in denen erwartet wird, dass ich ein Pick-and-Roll switchen kann, hilft mir das. Und wie schon erwähnt arbeite ich auch hart an meinem Outside Game, da ein moderner Big viel von draußen agieren muss. Es ist wichtig für mich, dass ich an solchen Dingen konstant arbeite, damit ich mich möglichst lange als Big in der Liga halten kann und mit der Entwicklung Schritt halte.

SPOX: Gibt es Spieler, an denen Sie sich orientieren?

Pöltl: Natürlich gib es ein paar Spieler, von denen ich mir ein paar Dinge abschauen kann. Aber es ist nicht so, dass ich mir von irgendjemandem stundelanges Videomaterial ansehe. Auch kann ich keinen speziellen Spieler nennen, dem ich mir im besonderen Maße als Vorbild genommen habe.

SPOX: Nach dem Playoff-Aus im letzten Jahr hat Raptors-Präsident Masai Ujiri ein Umdenken bei der Philosophie gefordert. Nun spielen Sie eine höhere Pace, der Ball wird schneller bewegt. Wie darf man sich das vorstellen: Wird so etwas im Sommer klar angekündigt, dass das Spiel verändert wird, oder ist das ein Automatismus?

Pöltl: Das ist schon etwas gewesen, was im Sommer von den Coaches forciert wurde. Gerade wir jungen Spieler hatten sehr viele Einheiten zusammen, in denen wir sehr viele Drills gelaufen sind, die uns das neue System näherbringen. Unser zweites Lineup ist ohnehin wie gemacht dafür, wir sind viele junge Spieler, die die höhere Pace und das Ball Movement brauchen. Denn wenn wir auf dem Court stehen, sind die Eins-gegen-Eins-Spieler wie DeMar DeRozan oder Kyle Lowry auf der Bank. Wir müssen uns aufs Teamplay verlassen.

SPOX: Das klingt, als würde Ihnen die neue Spielweise zusagen.

Pöltl: Auf jeden Fall!

SPOX: Kommen wir zur allgemeinen Lage der Liga. Durch zahlreiche Star-Trades haben sich die Machtverhältnisse verschoben, auch im Osten. Ist so etwas auch Thema innerhalb der Mannschaft, spricht man darüber?

Pöltl: Natürlich werden solche Dinge im Locker Room thematisiert, zumal es ja auch um Teams geht, die für uns im Osten besonders relevant sind. Es ist aber nicht so, dass wir übermäßig viel Zeit damit verschwenden, denn letztendlich geht es in erster Linie halt doch ums eigene Team.

SPOX: Wie lautet denn Ihre Meinung zu dem Trend, dass immer mehr Teams versuchen, zahlreiche All-Stars an einem Ort zu vereinen?

Pöltl: Grundsätzlich bin ich kein großer Fan davon. Aber solange es funktioniert - wieso sollten Teams das nicht machen? Das ist deren Sache und wenn es Erfolg hat, haben sie ja gewissermaßen Recht. Für die Fans ist diese Entwicklung meiner Meinung nach aber nicht das Beste, wenn solch einseitige Verhältnisse entstehen.

SPOX: Ihr Team hat sich verhältnismäßig nicht groß verändert. Sind auch die Ziele noch die gleichen?

Pöltl: Das Ziel ist und bleibt, Champion der Eastern Conference zu werden - und dann NBA Champion. Dass wir nicht die großen Favoriten sind, ist klar. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir ein Team sind, das von hinten etwas aufräumen kann und das deshalb zum Contender-Kreis gehört. Mannschaften wie Cleveland oder Boston sind aber natürlich harte Brocken.

SPOX: Und was wollen Sie individuell erreichen?

Pöltl: Konkrete Ziele gibt es nicht. Es geht für mich in erster Linie darum, die Rolle, die ich mir erarbeitet habe, zu halten oder meine Minuten nach oben zu schrauben. Darüber hinaus sage ich natürlich: Man nimmt alles mit, was geht!

SPOX: Als zuletzt Starting Center Jonas Valanciunas verletzt war, ließ Coach Casey Lucas Nogueira starten. Hat es Sie geärgert, dass die Wahl nicht auf Sie gefallen ist?

Pöltl: Nein, das stört mich überhaupt nicht, weil ich den Grund kenne, warum Lucas in der Starting Five stand und nicht ich.

SPOX: Und zwar?

Pöltl: Wenn ein Starter ausfällt - das war auch in der letzten Saison schon so - soll trotzdem die Second Unit zusammen bleiben. Aus diesem Grund rückt dann ein Spieler in die Starting Five, der sonst nicht so viel spielt. Dem Coach ist es einfach sehr wichtig, dass die zweite Fünf als Einheit zusammen bleibt. Dazu muss man auch sagen, dass Lucas in der Zeit ohne Jonas einen sehr guten Job gemacht hat und sich seine Minuten mehr als verdient.

SPOX: Als Konkurrenten nehmen Sie ihn also nicht wahr?

Pöltl: Klar, in gewisser Weise sind wir schon Konkurrenten, da wir ja tendenziell auf derselben Position spielen. Aber die Tatsache, dass wir unter dem Strich Teammates sind und für das gleiche Ziel kämpfen, überwiegt dann doch.