NBA

Team-Stats: Bill Russell hat (fast) immer Recht

Von Simon Haux
LeBron James und seine Cavaliers unterlagen in den NBA-Finals 2017 den Golden State Warriors
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Defense: Der umgekehrte Morey?

Geht man davon aus, dass das Ziel jeder Offensive ist, möglichst effiziente Würfe zu kreieren, sollte jede Defense versuchen, genau dies zu verhindern. So lassen sich einige der bereits angesprochenen Statistiken auch aus der Perspektive der Verteidigung betrachten. Dabei ist es für den Erfolg eines Teams natürlich von Bedeutung, welche Trefferquoten man dem Gegner gestattet.

Gerade bei Distanzwürfen haben zahlreiche Analysen jedoch gezeigt, dass die Dreierquote von der Defense nur in geringem Maße beeinflusst werden kann. Daher ist es besonders wichtig, diese Würfe möglichst gar nicht zuzulassen. Es lohnt sich also, auf die Opponent 3PAr zu blicken, die eine Verteidigung der gegnerischen Offense "erlaubt". Den besten Wert der regulären Saison 2016/17 weisen dabei die Miami Heat auf, gefolgt von weiteren defensivstarken Teams wie Utah und San Antonio.

Natürlich gibt es daneben noch unzählige weitere Details, anhand derer man die Defense eines Teams analysieren kann. Auf stats.nba.com finden sich unter anderem die zugelassenen Feldwurfquoten am Ring, aus der Mitteldistanz und von jenseits der Dreierlinie, die gegnerische Freiwurf-Rate, gezogene Offensivfouls, erzwungene Turnover, die Eroberung von "Loose Balls" und vieles mehr. Hier soll aber zumindest noch auf einen defensiven "Klassiker" eingegangen werden: das Einsammeln von Rebounds.

Die Defensive Rebound Percentage (DRB%) bezeichnet den Anteil gegnerischer Fehlwürfe, den eine Mannschaft am defensiven Brett einsammelt. Dabei hilft es natürlich, dominante Big Men auf dem Platz zu haben. Andre Drummond und die Pistons sicherten sich in der abgelaufenen Saison über 81 Prozent der möglichen Defensivrebounds. Die Celtics und Warriors spüren dagegen die Folgen ihrer oft kleinen Aufstellungen, gehören mit einer DRB% von rund 75 Prozent zu den Schlusslichtern der Liga und erlauben ihren Gegnern so deutlich mehr Chancen, nach Offensivrebounds zu Punkten zu kommen.

ORtg und DRtg: Was zählt, ist die Effizienz

Geht es nach Bill Russell, ist das beste Team der Liga das Team mit den meisten Siegen - und natürlich ist das normalerweise auch korrekt. Dennoch lohnt sich ein etwas genauerer Blick in die Statistiken. Die wohl entscheidende Zahl bei der Bewertung der offensiven Qualität beziehungsweise Effizienz ist das Offensiv-Rating (ORtg), das die erzielten Punkte pro 100 Ballbesitze erfasst.

In der vergangenen Saison waren - wenig überraschend - die Warriors das offensivstärkste Team. Mit ihrem ORtg von 115,6 erzielten sie auf 100 Ballbesitze gerechnet stolze 6,8 Punkte mehr als der Liga-Durchschnitt (108,8). Die "schlechteste", genauer gesagt ineffizienteste Offensive stellten die Philadelphia 76ers mit 103,2 Punkten pro 100 Angriffen.

Das Defensiv-Rating (DRtg) ist das genaue Spiegelbild seines offensiven Gegenparts. Die San Antonio Spurs ließen 2016/17 pro 100 gegnerischen Ballbesitzen nur 103,5 Punkte zu und stellten damit die effizienteste Defensive der NBA, Schlusslicht waren die Los Angeles Lakes mit einem DRtg von 113.

NetRtg: Aussagekräftiger als die Bilanz?

Vereint man die offensive und defensive Effizienz, erhält man das sogenannte Net-Rating (NetRtg), also die Punktedifferenz eines Teams und seiner Gegner über 100 Ballbesitze. Gegenüber dem einfachen Blick auf die Bilanz soll dieser Wert eine etwas genauere und aussagekräftigere Beurteilung von Teams ermöglichen, da es neben der gespielten Pace auch die Höhe ihrer Siege einbezieht.

So zogen beispielsweise die Spurs 2010 mit einer Bilanz von 50-32 Siegen als Siebter in die Western Conference Playoffs ein. Dort trafen sie in Runde eins auf Dirk Nowitzkis Mavericks, die sich mit 55 Siegen den Heimvorteil gesichert hatten. Der Blick auf die offensive und defensive Effizienz zeigte jedoch ein anderes Bild. Die Spurs wiesen ein um 1,2 Punkte besseres NetRtg auf als der Rivale aus Dallas - der gleiche Unterschied trennte in der vergangenen Saison beispielsweise die Cleveland Cavaliers und die Washington Wizards - und zogen letztlich mit 4-2 in die zweite Runde ein.

Natürlich gibt es zahllose Beispiele, in denen sich statistisch "schlechtere" Mannschaften durchsetzen, Favoriten einbrechen und Überraschungsteams ihre prognostizierten Leistungen übertreffen. Gerade in einzelnen Spielen oder Playoff-Serien kann keine Zahl der Welt das Ergebnis zuverlässig vorhersagen. Aber zumindest ermöglicht das NetRtg eine etwas genauere Einschätzung vergangener Leistungen, auch wenn die wichtigste Statistik letztlich doch das Endergebnis bleibt.

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