NBA

Viel Lärm um (fast) nichts

Von Robert Arndt
Carmelo Anthony und Kristaps Porzingis spielen nach aktuellem Stand auch in der kommenden Saison zusammen
© getty

Bei den New York Knicks hat die Entlassung von Phil Jackson für mächtig Wirbel gesorgt. Anschließend beruhigte sich die Lage ein wenig, obwohl Melo immer noch da ist. Ansonsten gibt's einen neuen Hoffnungsträger sowie einen fragwürdigen Vertrag. Die Offseason-Analyse.

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Die Transaktionen der New York Knicks

Die Knicks waren in der Offseason beständig in den Schlagzeilen, passiert ist aber vergleichsweise wenig. An Nummer acht wurde Point Guard Frank Ntilikina aus Frankreich geholt. Spieler wie Dennis Smith Jr., Malik Monk oder Donovan Mitchell wurden verschmäht. Ob dies richtig war, wird erst die Zukunft zeigen.

Der Franzose war der erklärte Wunschspieler von Präsident Phil Jackson, da Ntilikina als perfekter Guard für die Triangle Offense angesehen wurde. Nur wenige Tage nach dem Draft musste der Zen-Master seinen Hut im Big Apple nehmen. So war der Rekord-Meistertrainer nicht mehr Teil der Planungen, was Free Agents anging. Die Entscheidung mag richtig sein, der Zeitpunkt jedoch fragwürdig.

In der Free Agency sorgten die Knickerbockers dann für Aufsehen, als sie Restricted Free Agent Tim Hardaway Jr. für vier Jahre 71 Millionen Dollar anboten. Der Shooting Guard wurde vor zwei Jahren von Jackson für die Draftrechte von Jerian Grant weggetradet. Die Verantwortlichen der Hawks trauten wahrscheinlich ihren Augen nicht und zogen nicht mit.

Am 16. Juli stellten die Knicks dann endlich den neuen GM vor. Nachdem Ex-Cavs-GM David Griffin absagte, holte man Scott Perry von den Sacramento Kings und schickte dafür einen Zweitrundenpick nach Kalifornien.

Des Weiteren wurde Guard Ron Baker (zwei Jahre, 8,9 Millionen Dollar) gehalten, womit der Großteil des Capspace verbraucht war. Der Spielmacher der vergangenen Saison, Derrick Rose, schloss sich dagegen den Cleveland Cavaliers an. In NY gab es auch wenig Interesse an einer weiteren Beschäftigung.

Dafür holten sich die Knicks noch die Free Agents Michael Beasley und Ramon Sessions zum Minimum in den Madison Square Garden. Center Luke Kornet unterschrieb einen Two-Way-Contract.

Die wichtigste Personalie wurde im Sommer aber noch nicht geklärt. Über Wochen hielten sich Trade-Gerüchte um Carmelo Anthony hartnäckig. Der Top-Verdiener hätte bei einem Wechsel nach Houston sogar seine No-Trade-Klausel fallen gelassen, doch bislang fanden die Knicks keinen passenden Deal.

Die Strategie der New York Knicks

Dass Melo keine große Zukunft mehr in New York hat, machte bereits Jackson klar, der seinen Star in den Medien mehrfach attackierte. Auch unter dem neuen Regime scheint die Anwesenheit des Franchisespielers nicht mehr erwünscht. Auf den Plakaten für die neue Saison fehlte Melo erstmals seit seiner Ankunft in New York.

Stattdessen soll Kristaps Porzingis noch prominenter im Scheinwerferlicht platziert werden. Die Knicks hatten mit 13 Millionen Capspace wenig Spielraum, das meiste wurde für THJ investiert. Dazu wurde der Roster mit günstigen Veteranen aufgefüllt.

Neben Porzinigs soll Ntilikina zum Co-Star aufgebaut werden, in Sessions steht ihm ein guter Mentor zur Seite. Hardaway soll für mehr Scoring von der Shooting-Guard-Position sorgen, was in der vergangenen Saison noch eine Schwäche des Teams von Jeff Hornacek war.

In diesem Jahr kann es also nur darum gehen, den Youngstern so viel Spielpraxis wie möglich zu garantieren. Sie sollen Teil der Knicks sein, wenn die dicken Checks für Noah (noch drei Jahre), Lee (noch drei Jahre) oder auch Lance Thomas (noch drei Jahre) nicht mehr geschrieben werden müssen. Erst dann beginnt die Zukunft - was man allerdings schon sehr lange aus dem Big Apple hört.

Die Schwachstellen der New York Knicks

Das große Problem der Knicks in der vergangenen Saison war die Defense (Rating: 108,7, Platz 25) , daran hat auch diese Offseason wenig verändert. Ntilikina hat die Anlagen, wird sich aber noch akklimatisieren müssen. Mit Hardaway ist ein weiterer schwacher Verteidiger nach Manhattan gekommen.

Der einst als defensiver Anker verpflichtete Joakim Noah ist dauerverletzt und obendrein noch von der Liga wegen Dopings für die ersten zwölf Spiele der Saison gesperrt. Zwar waren seine Leistungen alles andere als vielversprechend, doch das Rebounding des Franzosen fehlte merklich. Kein Team reboundete schlechter als die Knicks am defensiven Brett.

Mit Ausnahme von Porzingis fehlt zudem ein guter Verteidiger im Frontcourt, wobei selbst der Lette, abgesehen von einigen Highlight-Blocks, noch nicht sein volles Potenzial ausgeschöpft hat. Es besteht zumindest die Hoffnung, dass der letztjährige Rookie Willy Hernangomez in der kommenden Spielzeit in dieser Hinsicht einen Schritt in die richtige Richtung macht.

Anthony als Schwachstelle auszumachen, wäre natürlich zu hart, jedoch stört seine Dominanz am Ball den Fluss der Offense und nimmt obendrein Porzingis zahlreiche Würfe weg.

Der Hoffnungsträger der New York Knicks

An dieser Stelle kommt man nach wie vor nicht um Kristaps Porzingis herum. Der Lette, der derzeit bei der EuroBasket durch die Lüfte fliegt, ist trotz seines mäßigen Sophomore-Jahres der talentierteste Big Man im Osten.

Sollte durch Jacksons Abgang etwas Ruhe in den Big Apple kommen, wird das seiner Entwicklung hoffentlich gut tun. Seine Zukunft sieht der 22-Jährige übrigens durchaus in New York, trotz der Scharmützel nach dem Ende der vergangenen Saison, als er Exit-Interviews schwänzte und in die Heimat floh. "Ich hoffe, dass ich meine komplette Karriere bei den Knicks verbringen kann", hatte er Anfang August erklärt.

Das Fazit

Es gab erneut einige fragwürdige Entscheidungen in diesem Sommer bei den Knicks. Warum wurde Jackson nicht vor dem Draft entlassen? Warum zahlt das Team so viel Geld an Hardaway Jr.? Auf der anderen Seite ist Jax nun (endlich) weg und Melo wird nicht mehr täglich öffentlich an den Pranger gestellt.

Außerdem waren die Alternativen auf dem Free-Agent-Markt äußerst bescheiden und die Knicks wollten Porzinigs zumindest ein wenig Perspektive bieten. Ob dies wirklich gelungen ist, darf bezweifelt werden. Noah steht noch drei Jahre in den Bücher, THJ nun vier. Der Lette nähert sich seiner Prime und die Knicks haben auch dann noch Durchschnittsspieler mit fetten Bezügen unter Vertrag stehen.

Im schwachen Osten könnten sich die Knicks vielleicht sogar ein wenig verbessern, aber die Chancen, ein respektables Playoff-Ergebnis in den nächsten Jahren zu erreichen, sind nicht besser geworden. Wie so oft im emotionalen New York wurde vieles heißer gekocht, als es letztendlich war.

Die Note: 4-

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