NBA

Traumduo gegen das Imperium

Von Robert Arndt
Chris Paul und James Harden bilden den Backcourt der Rockets
© getty

Die Houston Rockets haben in der Offseason mit dem Trade für Chris Paul für den ersten großen Knall gesorgt. Die erhoffte Big Three mit Carmelo Anthony wurde es aber nicht. Doch auch so zählen die Texaner zu den Herausforderern der Warriors im Westen. Die Offseason der Rockets in der Analyse.

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Die Transaktionen der Houston Rockets

Kurz vor Beginn der Free Agency sorgten die Rockets für einen gewaltigen Knall. Zunächst einmal sammelte Daryl Morey alle kleinen und nicht-garantierten Verträge ein. Ryan Kelly (später gewaived), DeAndre Liggins, Darrun Hillard, Shawn Long und Tim Quarterman wurden gegen ein wenig Cash in den Kader geholt.

Denn damit konnte der ultimative Trade abgeschlossen werden. Sam Dekker, Patrick Beverley, Lou Williams, Liggins, Hillard, Kyle Wiltjer, Montrezl Harrell, ein Erstrundenpick 2018 und Cash gingen zu den Los Angeles Clippers, im Gegenzug kam der neunfache All-Star-Aufbau Chris Paul. Der hatte vor dem Trade noch schnell seine Spieleroption für das kommende Jahr gezogen, damit der Deal über die Bühne gehen konnte.

Zudem unterschrieb Franchise-Spieler James Harden die Designated Veteran Player Extension und ist nun für eine Rekordsumme von 228 Millionen bis 2023 an die Texaner gebunden.

Doch damit hatte sich der große Sturm noch nicht gelegt. Houston baggerte auch den kompletten Sommer an Carmelo Anthony. Der Trade stand laut Melo kurz vor dem Abschluss, platzte letztlich aber doch noch. Stattdessen wurde Melo nach Oklahoma City verschifft. Auch das Werben um Warriors-Allrounder Andre Iguodala blieb ohne Erfolg.

So begnügten sich die Rockets mit einigen kleineren Free Agents. Nene wurde weiterverpflichtet (3 Jahre, 11 Mio.) , auch PJ Tucker (4 Jahre, 31,9 Mio.) und Luc Mbah a Moute (1,4 Mio.) unterschrieben und sollen Defense auf dem Flügel bringen. Mit Tarik Black wurde ein solider Backup für die Fünf zu einem guten Tarif geholt (3,3 Mio.).

Im Draft zogen die Rockets in der zweiten Runde Isaiah Hartenstein (#43), der aber aller Voraussicht nach in der G-League spielen wird. Die Rechte an No.45-Pick Dillion Brooks wurden gegen einen zukünftigen Zweitrundenpick nach Memphis geschickt. Demetrius Jackson (zuvor Celtics) wurde mit einem Two-Way-Contract ausgestattet.

Troy Williams überzeugte in der Summer League (22 Punkte im Schnitt) und bekam einen zu Teilen garantierten Vertrag über drei Jahre (insgesamt 4,7 Mio.), dazu ist der Vertrag des chinesischen Centers Zhou Qi für ein Jahr garantiert (0,8 Mio.).

Neben all den Transaktionen tat sich auch noch etwas neben dem Feld. Besitzer Leslie Alexander verkaufte das Team nach 23 Jahren an den texanischen Milliardär Tilman Fertitta. 2,2 Milliarden Dollar wurden überwiesen. So viel wurde noch nie für eine NBA-Franchise gezahlt.

Die Strategie der Houston Rockets

Das Credo von GM Morey ist bestens bekannt. Der Meister der Zahlen ist stets auf der Suche nach einem Move, um - im Idealfall - eine Big Three zu bilden. Schon nach dem Aus in den Playoffs kündigte Morey an, dass er mehr als nur ein Ass im Ärmel habe. Der Trade für Chris Paul war ein Geniestreich, kaum erwartet, aber auch ein großes Risiko, da Pauls Vertrag nächsten Sommer ausläuft. Es ist nicht klar, ob CP3 den Super-Max will, also eine Verlängerung a la Harden, allerdings war er es, der den Tarif als Gewerkschaftsführer der Spieler durchdrückte.

Die Rockets nehmen dies aber in Kauf. Während spekuliert wurde, ob es nicht klüger wäre, die Dynastie der Warriors auszusitzen, schalteten die Texaner in den Angriffsmodus. Das aggressive (und erfolglose) Werben um Melo oder Iggy unterstrich dies noch einmal.

Mit Harden haben die Rockets mit oder ohne Paul einen echten Superstar langfristig gebunden, weswegen Houston aller Voraussicht nach über Jahre um die Spitze im Westen spielen wird. Die kommende Saison ist ein Experiment, doch Morey und Co. gehen dieses mit gutem Gewissen ein.

Die Schwachstellen der Houston Rockets

Bereits letzte Saison zeigte sich, dass die Rockets nicht besonders tief sind. Coach Mike D'Antoni ließ in den Playoffs oft nur acht Spieler von der Leine. Offensiv war die Truppe zu abhängig von Harden und dem Distanzwurf. Mit der Paul-Verpflichtung wurde zumindest dies ausgemerzt, am dünnen Kader hat sich nichts geändert.

Spannend wird auch zu sehen sein, wie die Combo Paul-Harden funktionieren wird. Gerade CP3 eilt der Ruf voraus, dass er nicht immer der pflegeleichteste Mitspieler ist. Auch das Fehlen von Patrick Beverley könnte sich bemerkbar machen. Der Kettenhund bearbeitete Spiel für Spiel die hochklassigen Guards im Westen. Diese Aufgabe muss nun Paul übernehmen.

Dass er dies kann, ist unbestritten, schließlich war er gleich siebenmal im First All-Defensive-Team. Allerdings ist CP3 nun auch schon 32 Jahre alt, womit auch gewisse Zweifel bestehen, ob er defensiv dieses konstante Level wie Beverley über eine Saison abrufen kann und will.

Der Hoffnungsträger der Houston Rockets

In diesem Fall dürfen wir zwei Personalien in eine fassen, den Backcourt. Mike D'Antoni hat nun den Luxus 48 Minuten lang einen Spielmacher der Extraklasse auf dem Court zu haben, wenn er die Minuten des Barts und Pauls vernünftig staffelt.

Harden wird weniger Minuten gehen müssen und kann endlich auch ein wenig Verantwortung abtreten. In den Playoffs war zu sehen, dass der Tank gegen die San Antonio Spurs völlig leer war.

Motiviert werden beide Akteure sein. Chris Paul haftet der Makel an, als einer der besten Point Guards der Geschichte, noch nicht einmal ein Conference Final erreicht zu haben, während Hardens Leistungen in den Playoffs immer wieder einbrachen. Die Hoffnung besteht, dass sie im Verbund diese Schatten beseitigen können.

Das Fazit

Es ist ein wenig kurios. Durch die Blockbuster-Trades von Boston und Oklahoma City ging die Offseason der Rockets beinahe ein wenig unter, auch weil sie die Liga bereits früh vor vollendete Tatsachen stellte. Dabei wären die Texaner fast jeden anderen Sommer der absolute Gewinner gewesen.

Doch auch so fällt die Bewertung durchweg positiv aus. Das Experiment mit Chris Paul mag gewagt sein, doch der Ertrag könnte umso größer sein. Neben CP3 tätigten die Rockets einige kleine Deals, die zwar unter dem Radar flogen, aber definitiv der Franchise helfen. Mbah a Moute, Nene, Black oder Tucker sind alles exzellente Rollenspieler, die Houston trotz der Gefahr der Luxussteuer im Kader begrüßen konnte.

Zwar gelang der Melo-Coup nicht, doch Houston wird Champion Golden State sicherlich ein wenig kitzeln, auch wenn die Warriors mit Sicherheit immer noch das beste Team stellen. Der Liga kann das Aufrüsten nur gut tun. Die Rockets glauben an ihre Chance und sie haben auch das Recht dazu.

Die Note: 1

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