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Der Fluch des Iso-Balls

DeMar DeRozan und Kyle Lowry wollen nach der Pleite im ersten Spiel zurückschlagen
© getty

Die Toronto Raptors haben das erste Spiel der Serie gegen die Milwaukee Bucks verloren und setzen damit eine unrühmliche Tradition fort. Besonders All-Star Kyle Lowry spielte einmal mehr unter seinen Möglichkeiten. SPOX beleuchtet den Fluch des ersten Spiels.

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16. April 2016: Kyle Lowry steigt am Elbow hoch zum Jumper - klonk. Der Spalding prallt vom hinteren Ring zurück ins Feld. Der nächste Jumper - zu kurz. Sein Layup-Versuch - geblockt. Es ist einer von 13 Würfen, die Lowry in Spiel 1 der Erstrundenserie gegen die Pacers nimmt. Er trifft drei von ihnen. Indiana holt sich als 7-Seed den Sieg und klaut Toronto den Heimvorteil.

15. April 2017: Kyle Lowry zieht über die Baseline und hebt zum Floater ab - geblockt. Ein Dreier vom Flügel - weit rechts. Offener Midrange-Jumper - nothing but iron. Es ist einer von elf Würfen, die Lowry in Spiel 1 der Erstrundenserie gegen die Bucks nimmt. Er trifft zwei von ihnen. Milwaukee holt sich als 6-Seed den Sieg und klaut Toronto den Heimvorteil.

Wie schon im Jahr zuvor haben die Raptors ihren Playoff-Auftakt gehörig vermasselt und gehen mit großem Druck in das zweite Duell mit den Bucks. Das hat im hohen Norden schon Tradition. Auf den Kanadiern scheint ein seltsamer Fluch zu liegen. Lediglich ein einziges Spiel 1 konnte Toronto in den letzten elf (!) Playoff-Serien gewinnen.

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Die Suche nach der Form

"Es wird immer schlimmer", sagte Kyle Lowry im Anschluss an die Pleite. Es war seine sechste im sechsten Spiel 1 seiner Karriere. Ein Zufall? Eher nicht. Denn vor allem der dreifache All-Star sucht zum Start einer Serie regelmäßig nach seiner Form. Aber auch generell baut der bullige Point Guard ab Mitte April ab, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.

In den Playoffs kommt Lowry auf eine Trefferquote von 37,9 Prozent. Von allen aktiven Spielern, die mindestens 500 Würfe in der Postseason genommen haben, ist das der zweitschlechteste Wert. Dabei hatte der 31-Jährige diese Saison mit 46,4 Prozent aus dem Feld sein mit Abstand bestes Jahr in Sachen Effizienz hingelegt.

Die 4-Punkte-Performance vom Samstag reiht sich in die unrühmlichen Auftritte der vergangenen Jahre ein. Hätte er einen schwarzen Hoodie mitgehabt, Lowry wäre nach dem Spiel vermutlich bis Mitternacht in der Halle geblieben, um zu werfen. So wie nach der Zweitrundenpleite gegen die Miami Heat 2016.

"Es ist total frustrierend. Es ist verrückt", sagte er nach dem Spiel, sichtlich enttäuscht: "Es ist immer und immer wieder ein Deja-vu." Mit großer Wahrscheinlichkeit spielt sein Kopf bei diesem Trugbild inzwischen die größte Rolle und macht ihm selbst das Leben schwer.

Historisch schlecht

Besonders von Downtown geht gar nichts bei Lowry. Nach sechs weiteren Fehlwürfen vom Perimeter ist er der Spieler mit der zweitschlechtesten Dreierquote (25,6 Prozent) in der ersten Playoff-Runde. Nicht dieses Jahr. Sondern seit Einführung der Dreierlinie im Jahr 1979.

DeMar DeRozan stärkte seinem Backcourt-Partner trotz der schwachen Leistung den Rücken: "Niemand will am Ende vier Punkte auf dem Konto haben. Aber er wird zurückschlagen. Auch, wenn es vielleicht nicht mit Punkten ist. Er beeinflusst unser Spiel in vielerlei Hinsicht: Er bringt alles ins Rollen, er reboundet, macht Tempo und gibt uns die Möglichkeit, in der Offensive in der richtigen Position zu sein."

Die Struktur in der Offensive ist allerdings nun wirklich nicht das, was bei den Raptors momentan ein Lob verdient hätte. Der prähistorische Iso-Ball macht es dem Team in den Playoffs besonders schwer und ist ein wichtiger Grund für die Niederlage.

Die Abhängigkeit der Kanadier von Lowry und DeRozan ist allgemein bekannt, dementsprechend engagiert war Milwaukees Defensive in der Hilfe. Da die Raptors-Rollenspieler die daraus entstehenden offenen Würfe nicht trafen, machten die Bucks die Zone immer enger. Ihre langen Armen wurden zu unüberwindbaren Hindernissen. Am Ende verlor Toronto wieder einmal den Heimvorteil.

Wer hat den Star-Status?

"Es ist nur ein Spiel", versucht Coach Dwane Casey sich wie jedes Jahr in Standard-Floskeln: "Ich denke, wir sollten nicht überreagieren. Jeder hat mal einen schwierigen Abend. Und ich weiß, dass Kyle wieder zu seinem Star-Status zurückfinden wird."

Diesen Status von Anfang an verdient hat sich Giannis Antetokounmpo. Der Bucks-Anführer legte gegen die Raptors eine fabelhafte Performance hin, traf 13 seiner 18 Würfe und dunkte so ziemlich über jeden Spieler von Toronto.

"Er versucht immer, in die Zone zu kommen", sagte P.J. Tucker, der den Greek Freak immerhin ab und zu aufhalten konnte: "Wir haben ihm immer den Wurf angeboten, aber er hat nicht angebissen. Er will in die Zone, also müssen wir sie dicht machen. Er ist wie Russell Westbrook und schaltet einfach einen Gang hoch, um zum Korb zu kommen. Von fast überall auf dem Court ist er nur einen Schritt davon entfernt, zu dunken. Also muss man die Winkel berücksichtigen und ihm den Weg abschneiden."

Das gelang den Raptors nicht einmal im Ansatz. Besonders in Transition machte Antetokounmpo die Verteidigung regelmäßig nass (17:4 Fastbreak-Punkte). Und das Obwohl Coach Casey die Marschroute ausgegeben hatte, zugunsten der Transition Defense auf fast jeglichen Einsatz am offensiven Brett zu verzichten. Es half alles nichts.

Comeback-Experten

Es gibt jedoch auch Hoffnung für Spiel zwei und darüber hinaus. 2016 drehten die Raptors die Serien gegen Indy und Miami und siegten trotz des frühen Dämpfers. Und dann wäre da noch das Zusammenspiel.

Durch die Handgelenksverletzung von Lowry, die ihn 21 Spiele kostete, konnte sich Midseason-Verpflichtung Serge Ibaka noch nicht gut auf den Spielmacher einstellen. Die Starter standen insgesamt erst vier Spiele gemeinsam auf dem Court. Es ist also davon auszugehen, dass die Harmonie mit jedem Spielzug besser wird.

Doch viel Zeit zum Einspielen bleibt nicht. Eine weitere Niederlage in der Nacht auf Mittwoch und die Hürde für ein Comeback könnte für Playoff-Lowry - das ist kein Kompliment - und Co. bereits zu hoch sein.

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Der Schlachtplan steht

Wie Lowry das 0-2 verhindern will, hat er sich auch schon überlegt. "Meine Teamkollegen wollen, dass ich aggressiver bin. Also werde ich mehr Würfe erzwingen. So einfach ist das."

Das soll der Plan sein? Dann müssen sich die Raptors nicht mehr lange über die Verteidigung von Giannis den Kopf zerbrechen, sondern können noch vor der zweiten Runde ihren Urlaub buchen.

Das Playoff-Bracket im Überblick

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