NBA

Der ultimative Problemlöser

Nicht nur NBA-TV-Moderatorin Kristen Ledlow schaut zu LeBron James auf
© getty

Die Cleveland Cavaliers sind weit davon entfernt, ein perfektes Team zu sein - das haben sie mit dem Rest der Eastern Conference gemein. Spiel 3 gegen die Pacers hat jedoch gezeigt, warum sie sich trotzdem in einer anderen Stratosphäre bewegen als Toronto, Boston oder auch Washington. LeBron James gleicht jede Schwäche aus.

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LeBron James war ziemlich gut gelaunt, als er sich nach Spiel 3 auf der Pressekonferenz den gängigen Reporter-Fragen stellte. Freundlich dreinblickend hörte er sich die Fragen an, bevor er ernster Mine diktierte, warum dies ein wichtiger Sieg gewesen sei, was man am Anfang falsch und was man am Ende richtig gemacht hatte, welchen Einfluss die Bankspieler Kyle Korver und Deron Williams gehabt hatten, und so weiter.

Und dann konnte er sich wichtigeren Themen widmen. Ein Reporter fragte ihn aus irgendeinem Grund, was er vom neuen Album von Kendrick Lamar halte ("Damn."). LeBron grinste breit: "Ich habe nichts anderes gehört, seitdem er es mir geschickt hat." Mit dann wieder ernsterer Miene erklärte er im Anschluss, was die Musik des Rappers ihm bedeutet.

Warum auch hätte man mehr über eins der zwei größten Playoff-Comebacks der NBA-Geschichte sprechen sollen? Über eine der besten individuellen Halbzeiten, die der Sport jemals gesehen hat? Es wusste doch sowieso jeder, was passiert war. LeBron war involviert, da kann man das Unmögliche schonmal erwarten. Been there, done that.

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Unmöglich gibt es nur für andere

Es ist beileibe nichts Neues, dass LeBron ziemlich selbstbewusst ist und die eigenen Rekorde und Erfolge gerne mal schulterzuckend hinnimmt, da sie ihn nicht mehr überraschen. Aber in dieser Saison strahlt er dabei noch einmal eine Extra-Portion Selbstverständlichkeit aus, die man vorher noch nicht in dem Maß kannte.

In der Regular Season gab es dafür ein perfektes Beispiel, als er im Spiel gegen Washington einen absurden Turnaround-Dreier zur Overtime traf und John Wall im Anschluss sagte, von solchen Würfen ginge "einer von einer Million" tatsächlich rein. "Bei jemand anderem vielleicht. Nicht bei mir", war damals LeBrons Retourkutsche. Das war nicht scherzhaft gemeint.

In Spiel 3 gegen Indiana lieferte James nun das jüngste Playoff-Beispiel. Nachdem seine Cavs eine absolut erbärmliche erste Halbzeit hingelegt hatten und bereits mit 26 Punkten hinten lagen. Nachdem seine Co-Stars Kyrie Irving und Kevin Love entweder unsichtbar waren oder negativ auffielen, nahm er die Geschichte kurzerhand einfach selbst in die Hand.

Alles nur ein Witz

LeBron scorte und assistierte, im Verbund mit (unter anderem) J.R. Smith und Kyle Korver knabberte er Bissen für Bissen an der allem Anschein nach uneinholbaren Führung der Pacers. Diese betrug rund viereinhalb Minuten vor Ende des dritten Viertels immer noch 20 Punkte, nachdem LeBrons alter Freund Lance Stephenson einen Dreier getroffen hatte. James ließ sich davon allerdings nicht beirren (auch wenn Born Ready es selbstverständlich lautstark versuchte).

Die Cavs legten defensiv eine große Schippe drauf und blieben vorne unaufhaltsam, während die Pacers minutenlang ohne Punkt blieben. Mit noch rund einer Minute zu spielen trabte James dann nach vorne und versenkte einen Dreier aus dem Dribbling - und grinste. Nach Freiwürfen auf der anderen Seite ging er nochmal genau zur gleichen Position und versenkte den nächsten Dreier - nun musste er fast lachen.

Es waren nur noch 5 Punkte und James war voll in seinem Element. Zu diesem Zeitpunkt schien er bereits komplett davon überzeugt zu sein, dass er dieses Spiel noch gewinnen würde - zumindest strahlte er dies aus. Warum sollte man auch Angst vor 26 Punkten Rückstand gegen die Pacers haben, wenn man vor einem Jahr nach 1-3-Rückstand die Finals gewonnen hat?

Das Schreckgespenst der Eastern Conference

Selten hat ein Spiel so verdeutlicht, was LeBron vom gesamten Rest der Liga unterscheidet. Er hat mittlerweile schlichtweg alles gesehen und so ziemlich alles erreicht, was man erreichen kann - für ihn ist alles nur ein weiteres Problem, dass er irgendwie lösen muss.

Mindestens in der Eastern Conference ist er gewissermaßen ein Schreckgespenst: Überspitzt formuliert waren viele seiner Konkurrenten noch in der Schule, als er zum letzten Mal die Finals verpasst hat. Nicht, dass die Pacers der große Maßstab wären - aber abgesehen von mit Abstrichen Paul George wirkte im letzten Viertel keiner von ihnen mehr zuversichtlich, dass man dieses vermeintlich längst entschiedene Spiel wirklich gewinnen könnte.

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Eine uneinholbare Führung? Für jemanden anderen vielleicht. Nicht für mich. So denkt LeBron, so denkt aber kein anderer. Während die angeblichen Herausforderer Toronto und Boston bereits ums Überleben kämpfen, machen die Cavs einfach das, was LeBrons Teams immer machen. Seit 2012 haben sie kein Erstrundenspiel mehr verloren, seit 2010 keine Serie mehr in der Eastern Conference.

Nicht der große Favorit

Das soll nicht heißen, dass die Cavs deswegen in diesem Jahr der Topfavorit auf den Titel wären. Spiel 3 offenbarte schließlich nicht nur LeBrons fortwährende Alleinstellung in der NBA, sondern auch all die Probleme, die dieses Team hat. Die miese Defense, vor allem dann, wenn Love und Irving auf dem Court stehen. Das bisweilen lustlose Auftreten, die Abhängigkeit vom Dreier und Einzelaktionen.

All dies trug ja dazu bei, dass LeBrons galaktische zweite Halbzeit (28 Punkte, 6 Rebounds, 7 Assists, 0 Turnover!) überhaupt erst nötig war. Während die Cavaliers gegen die mittelmäßigen Pacers noch kein Spiel deutlich gewinnen konnten, brauchen die Warriors nicht einmal Kevin Durant (oder gute Leistungen von Stephen Curry und Klay Thompson), um über Portland hinwegzufegen. Sie sind nach allen Kalkulationen Stand jetzt das bessere Team und der haushohe Favorit.

Auch ist ja überhaupt nicht sicher, dass die Cavs (und Warriors) überhaupt wieder die Finals erreichen. In den nächsten Wochen kann noch viel passieren. Aber, Hand aufs Herz: Wer würde, spätestens nach Spiel 3, ernsthaft gegen den King wetten?

LeBron James ist der ultimative Problemlöser der NBA, der weiterhin mit Abstand beste Spieler der Welt. Es ist in seiner DNA, wie Kendrick Lamar sagen würde.

LeBron James im Steckbrief