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Vom Handtuchwedler zum Closer

Von Robert Arndt
Dennis Schröder war neben Paul Millsap einer der beiden Matchwinner für die Atlanta Hawks
© getty

Die Atlanta Hawks haben die Serie mit den Washington Wizards ausgeglichen. Dennis Schröder spielte dabei in der ersten Halbzeit lediglich neun Minuten, doch eine starke Bank und Dwight Howard ebneten den Hawks den Weg. In der Crunchtime war der deutsche Spielmacher dann wieder zur Stelle.

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Atlanta-Coach Mike Budenholzer musste nach acht Minuten eine Entscheidung treffen. Sein Point Guard Dennis Schröder hatte gerade sein zweites Foul kassiert, doch Bud vertraute dem Deutschen, auch wenn Jose Calderon sich schon bereit machte und am Scorers Table stand. Doch Schröder ist eben erst 23 Jahre und spielt seine ersten Playoffs als Starter.

Wall attackierte den Deutschen und nahm den Kontakt mit der Hüfte dankend an. Der Pfiff ertönte und Atlantas Nummer 17 bekam das dritte Foul. In diesem Moment sprach wenig für die Hawks. Die Gäste kontrollierten das Tempo, erarbeiteten sich eine Führung nach dem ersten Viertel (die Erste der Serie) und mit Calderon musste nun ein 35-Jähriger ran, der bislang keine Rolle spielte und defensiv wie offensiv (zuvor 85,8 OffRtg) über einen längeren Zeitraum nicht tragbar war.

Dennoch war es eben jener Calderon, der im Verbund mit Kent Bazemore für eine doch unerwartete Wende sorgte. Zwar fehlte ohne Schröder der Speed in den Aktionen der Hawks, doch mit dem Veteran als Spielmacher lief der Ball besser durch die Reihen der Hawks, wodurch die Wizards mehr rotieren mussten.

Ein Podium für Calderon

Gleichzeitig zwangen die Hawks den Gästen ein langsameres Halfcourt-Spiel auf. Washingtons gefährliche Fast Breaks waren eingedämmt, da Atlanta blitzschnell umschaltete. Die Wizards verloren komplett den Faden und begingen satte 8 Turnover. Dabei standen nicht nur die Reservisten für Washington auf dem Court. Wizards-Coach Brooks versuchte durch Schröders Abwesenheit Kapital zu schlagen und ließ Wall in der ersten Halbzeit nur zwei Minuten draußen, das zweite Viertel spielte er komplett durch.

"Er hat sehr gut gespielt und die Offensive der Hawks sehr gut angeführt", musste Brooks die Leistung des Spaniers nach der Partie anerkennen. So war Calderon einer der Schlüssel des Spiels und durfte nach der Partie auch mal wieder an einer Pressekonferenz teilnehmen. "Ich gehe immer davon aus, dass ich auf dem Podium sitzen werde", erklärte der Spanier verschmitzt. "Ich versuche einfach, da zu sein, wenn ich gebraucht werde."

Das war dem Veteran anzumerken. Er warf sich in jedem Loose Ball hinterher, kämpfte sich bei der Jagd von Beal aufopferungsvoll um Blöcke und nutzte seine Erfahrung, um gleich zwei Offensiv-Rebounds unter dem Korb zu ergattern, die den Hawks wichtiges Momentum lieferten. Der Spanier stand sinnbildlich für den Umschwung und leitete die Bankspieler an, die in den drei Spielen zuvor noch sehr blass geblieben waren.

Bazemore als Wall-Stopper

Der zweite entscheidende Faktor für die Hawks war Bazemore. Der große Flügelverteidiger konnte Wall zumeist vor sich halten und nahm Washington so die wichtigste Waffe. Die Offense der Wizards erlahmte. Der Weg in die Zone war, auch dank die Präsenz von Dwight Howard, versperrt. Ganze fünf Abschlüsse nahm Washington in der Zone, keiner ging durch die Reuse. Stattdessen versuchten die Wizards ihr Glück mit dem Jumper, doch weder Wall (1/6 FG) noch jemand anderes, hatte ein heißes Händchen (5/20 FG im zweiten Viertel).

So robbten sich die Hawks langsam wieder heran, auch wenn es zunächst ein wenig hölzern wirkte. Doch im Laufe des Viertels fielen die Würfe, die Phillips Arena erwachte zum Leben - nicht zuletzt als Howard häufiger gesucht wurde. Der Center, der zuvor in der Serie mickrige 6 Punkte aufgelegt hatte, wirkte agil und trat plötzlich auch wieder als Scoring-Option auf. Dabei profitierte er vor allem von Bazemore, der ihm gleich mehrere Lobs zuwarf.

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Howard plötzlich wichtig

D8 wusste sich nach der Partie auch artig zu bedanken und stellte sich selbst nicht in den Mittelpunkt. "Ich muss mich bei den zwei Jungs neben mir [Bazemore und Calderon] bedanken. Sie haben mich immer wieder toll eingesetzt und ich konnte das dann nutzen." 10 Punkte (4/5 FG) und 5 Rebounds steuerte der einstige Superman im zweiten Viertel bei, dazu zeigte er sich auch an der Linie verbessert (4/5 FT).

Auch Budenholzer registrierte mit Wohlwollen, dass sich sein Big Man aktiver als zuletzt präsentierte. "Es war offensichtlich sein bestes Spiel", zeigte sich Bud zufrieden. "Wir haben mehr von ihm gebraucht und er hat geliefert. Er hat gute Defense gespielt und war unter den Brettern aktiv." So durfte Howard auch wichtige Minuten im Schlussviertel spielen. Das war in dieser Saison oft nicht der Fall. Diesmal blieb Howard aber drauf und half fleißig in der Defense mit, obwohl er offensiv keinerlei Touches mehr sah.

"Dieses Spiel war sehr wichtig für uns", unterstrich Howard noch einmal die Bedeutung. "In den ersten beiden Partien haben uns kleine Fehler das Genick gebrochen. Diesmal haben wir zusammengehalten und hart gespielt." Das galt auch für Howard, der 16 Punkte und 15 Rebounds auflegte. Zur Erinnerung: In den ersten drei Spielen waren es zusammen 18 Zähler und 32 Bretter. Schon zur Pause hatte Howard sein 80. Playoff-Double-Double verbucht.

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Schröder der Mann für die Crunchtime

Eine blanke Null stand dagegen bei Dennis Schröder, der wegen seiner Fouls lange auf der Bank schmoren musste. Allerdings war er auch dort aktiv und wedelte mit einem Grinsen auf dem Gesicht wie ein zwölfter Mann mit dem Handtuch, als die Second Unit der Hawks einen 13:3-Run in den ersten sechs Minuten des zweiten Viertels initiierte.

Doch auch seine Zeit kam noch. Zwar hatte Schröder weiterhin seine Schwierigkeiten mit Wall, doch wenigstens ließ er sich diesmal keine dummen Fouls anhängen. Stattdessen fand er auf der anderen Seite sein Mojo und kam endlich zum Ring. Auch, als er zweites Mal von Otto Porter abgeräumt wurde, verunsicherte das den Aufbau nicht.

So waren es der Point Guard und ein erneut starker Paul Millsap, die im vierten Viertel jegliche Träume der Gäste zunichtemachten. Je 10 Punkte steuerten die beiden Go-to-Guys bei. Millsap schuftete hart am Zonenrand und sorgte mit einem Putback and one im Fallen für das Highlight der Partie.

Das war Teil des vorentscheidenden 14:3-Runs Mitte des vierten Viertels, der den Willen der Wizards brach - auch wenn sich Wall lange Zeit dagegen stemmte. Gleichzeitig gelang es ihm aber auch nicht mehr, den nun heißen Schröder zu stoppen. Da sein Gegenüber zuvor kalt geblieben war (2/8 FG bis dahin), ging Wall immer wieder unter dem Screen hindurch, was der Deutsche auf einmal bestrafen konnte. Schröders eiskalte Dreier versetzten den Wizards den Dolchstoß.

Wizards entschlüsselt?

So hatte Dennis nach einer katastrophalen ersten Hälfte doch noch sein Happy End und ging wie das Team gestärkt aus Spiel 4 hervor. Besonders die Tatsache, dass er nach dem frühen Frust durch die Foulbelastung einen kühlen Kopf bewahrte und in der Schlussphase die richtigen Plays gemacht hat, zeigt seinen Reifeprozess. Das macht Hoffnung für die weiteren Spiele der Serie.

"Unser Selbstvertrauen ist nun sehr groß", bestätigte Millsap. "Ich denke, wir wissen, wie man dieses Team schlägt. Es liegt an uns, ob wir weiter so spielen wie zuletzt." Genau das ist der Knackpunkt. Atlanta braucht einen starken Supporting Cast, wenn sie ein Spiel in Washington klauen wollen. Anders kann das Budenholzer-Team die erste Playoff-Runde nicht überstehen. Beim Stand von 2-2 geht es nun wieder in den Norden nach Washington.

Die Stärke der Hawks muss in der Tiefe liegen. Millsap und Schröder können das Team über Strecken tragen, doch im Idealfall sitzen auch in den kommenden Spielen Akteure wie Jose Calderon auf dem Podium, um Fragen zu ihren guten Leistungen zu beantworten.

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