NBA

"Mein Job: In den Kopf des Gegners kommen"

Von Interview: Dirk Sing
Patrick Beverley gilt als einer der fiesesten Verteidiger der NBA
© getty

Patrick Beverley gibt bei den Houston Rockets den giftigen Backcourt-Partner von James Harden. SPOX sprach mit dem Guard über seinen Superstar-Kollegen, den neuen Coach Mike D'Antoni und die wichtigsten Aspekte von Defense. Außerdem: Warum er nicht mehr über Dwight Howard sprechen will.

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SPOX: Patrick, wie würden Sie grundsätzlich einen Top-Verteidiger beschreiben und charakterisieren?

Patrick Beverley: Ich denke, ein richtig guter Verteidiger hat viele Facetten. Man benötigt dazu natürlich vor allem schnelle Beine und Hände. Darüber hinaus muss man aber auch sehr gut antizipieren können, sprich in der Lage sein, die Aktion eines direkten Gegenspielers möglichst vorherzusehen, um darauf reagieren zu können. Als Verteidiger muss man einfach immer versuchen, den Vorteil des ballbesitzenden Spielers so gut es geht auszugleichen. Wichtig ist es natürlich auch, dass man das Spiel lesen kann - gerade abseits des Balles, um in der Lage zu sein, rechtzeitig auszuhelfen. Das Ganze ist also schon sehr komplex.

SPOX: Welche aktuellen NBA-Akteure imponieren diesbezüglich?

Beverley: Nun, wenn es gegen den Ball geht, macht beispielsweise mein Teamkollege Trevor Ariza einen erstklassigen Job. Mit seiner Aggressivität setzt er den ballführenden Akteur immer unter Druck und gibt ihm das Gefühl, ständig da zu sein. Das ist schon ein ziemlich unangenehmes Gefühl. Wenn es ums Antizipieren oder auch das Schließen der Passwege geht, imponiert mir aber auch Kawhi Leonard. Gegen ihn zu spielen, macht sicherlich keinen Spaß. (lacht)

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SPOX: In einem Interview Ende des vergangenen Jahres haben Sie sich selbst als aktuell besten Verteidiger in der NBA bezeichnet. Können Sie uns verraten, wie Sie zu dieser Erkenntnis gekommen sind?

Beverley: Naja, diese Aussage wurde vielleicht im einen oder anderen Medium ein bisschen falsch dargestellt. Ich sehe mich jetzt nicht als besten Verteidiger in der gesamten Liga, sondern ausschließlich unter den Point Guards! Ich denke, dass man eine solche Einschätzung hinsichtlich der verschiedenen Positionen unterscheiden sollte. Wenn du den gegnerischen Aufbauspieler verteidigst, brauchst du schlichtweg ganz andere Fähigkeiten, als es zum Beispiel gegen einen Center oder Forward der Fall wäre. Aber ich bin schon so selbstbewusst, um zu sagen, dass ich in meinen Augen derzeit der beste Defender auf der Point Guard-Position bin.

SPOX: Ihre direkten Gegenspieler heißen dabei unter anderem Stephen Curry, Chris Paul, Russell Westbrook oder Kyrie Irving. Wie bereiten Sie sich speziell auf solche Matchups vor?

Beverley: Mein Vorteil ist, dass ich nun doch schon seit einigen Jahren gegen diese Jungs spiele und daher in der Regel weiß, über welche Stärken sie jeweils verfügen und welche Moves oder Aktionen sie bevorzugen. Aber klar, jeder ist von seiner Spielweise und vom Stil her natürlich etwas anders. Man schaut sich im Vorfeld eines Duells schon nochmals einige Video-Sequenzen an, um auf dem neuesten Stand zu sein und keine Überraschung zu erleben. Grundsätzlich hast du das Meiste allerdings schon im Kopf und weißt, worauf es ankommt.

SPOX: Wie wichtig ist beim Verteidigen neben der physischen auch die psychische Komponente?

Beverley: Die Psyche ist mit Sicherheit der wichtigste Aspekt. (grinst) Mein Job ist es, in den Kopf meines Gegners zu kommen. Die Rolle des Point Guards ist zweifelsohne die wichtigste in einem Team. Er gibt letztlich die Struktur des Spiels vor. Je mehr es dir gelingt, seine Konzentration auf dich als verteidigenden Gegenspieler zu lenken, umso mehr nimmst du ihm den Fokus auf sein eigenes Spiel. Bei der vorhandenen Klasse und Qualität der Point Guards in dieser Liga ist das aber freilich nicht einfach. Du musst ganz einfach versuchen, deinen Job immer so gut wie möglich zu machen. Je besser dir das gelingt, umso mehr hilfst du deiner Mannschaft.

SPOX: Haben Sie mittlerweile eigentlich einen Lieblings-Gegenspieler, gegen den Sie besonders motiviert sind?

Beverley: Nein, eigentlich nicht. Ich nehme alle, wie sie gerade kommen. (lacht)

SPOX: Wenn Sie auf die Anfänge Ihrer Karriere zurückblicken: Waren Sie bereits während Ihrer High School- und College-Zeit ein Spieler, der sich vor allem über die Defense definiert hat?

Beverley: Ja, definitiv! Ob in der High School, im College oder in der NBA ist von der Qualität her nahezu jeder Spieler in der Lage, in der Offensive entscheidende Akzente zu setzen. Ich habe mir deshalb überlegt, mir etwas anderes zu suchen, mit dem ich mit von vielen anderen Akteuren unterscheide und mich darauf zu konzentrieren - und das war dann eben die Defense.

SPOX: Würden Sie demzufolge sagen, dass Ihre Defense letztlich auch Ihr Türöffner für die NBA war?

Beverley: Ja, das kann man sogar zu 100 Prozent so sagen! Meine Defense hat mir letztlich sehr viele Türen und Gelegenheiten in meiner bisherigen Laufbahn geöffnet - eben auch die zur NBA. Auf das Spiel selbst bezogen, gibt es mir die Möglichkeit, sehr viel Verantwortung im und für mein Team zu übernehmen. Wie ich schon erläutert habe, hängt immer viel davon ab, wie man gegen den gegnerischen Point Guard verteidigt. Machst du einen guten Job, profitiert deine Mannschaft davon. Gelingt dir das nicht, hat dein Team wahrscheinlich ein Problem. Dementsprechend trägst du schon eine große Verantwortung.

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