NBA

"Mein Job: In den Kopf des Gegners kommen"

Von Interview: Dirk Sing
Patrick Beverley gilt als einer der fiesesten Verteidiger der NBA
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Nun ist die Defense natürlich nur die Hälfte des Spiels - wie schwer fällt es Ihnen, die richtige Balance zwischen einer harten und aggressiven Defense auf der einen sowie gleichzeitig einer strukturierten und produktiven Offense auf dem Court zu finden?

Beverley: Das ist in der Tat mit die größte Herausforderung auf dem Feld. Letztlich versuche ich, in der Verteidigung hart und aggressiv zu arbeiten, um mir dann für die Offense die nötige Energie und das Selbstvertrauen zu holen. Wenn wir dann in Ballbesitz sind, lasse ich das Spiel einfach auf mich zukommen, um dann situativ die hoffentlich richtigen Entscheidungen zu treffen.

SPOX: Bevor Sie im Januar 2013 Ihr NBA-Debüt bei den Rockets gefeiert haben, waren Sie seit 2008 in Europa bei BK Dnipro Dnipropetrowsk, Olympiakos Piräus und Spartak St. Petersburg aktiv. Inwieweit hatte diese Erfahrung Einfluss auf Ihre jetzige Karriere in der NBA?

Beverley: Nun, auch wenn sich der Basketball in der NBA von dem in Europa schon grundsätzlich unterscheidet, war es auch im Nachhinein die absolut richtige Entscheidung, dass ich diesen Schritt gewagt habe. Zum einen habe ich mich in meiner Persönlichkeit und als Mensch weiterentwickelt - aber natürlich auch als Spieler. Ich habe während dieser Zeit bei meinen Klubs viel Verantwortung übernommen und auch im Training viel an meinen Skills gearbeitet. Von dem her möchte ich diese Erfahrung niemals missen.

SPOX: Lassen Sie uns über die Gegenwart sprechen. Wenn man die Spielweise Ihrer Rockets kurz zusammenfasst, könnte man sagen: Hohes Tempo, viele und schnelle Würfe von draußen - und demzufolge auch viel Verteidigungsarbeit! Das müsste doch genau nach Ihrem Geschmack sein...

Beverley (lacht): Oh ja, da haben Sie verdammt recht! Das sind alles Dinge, die ich auf dem Court liebe. Viel Speed, schnelle Wurfsituationen für sich oder seine Teamkollegen kreieren, immer wieder hart verteidigen - aber gleichzeitig auch am Ende eines knappen Spiels Ballbesitze erarbeiten. Diese Mischung macht schon sehr viel Spaß!

SPOX: Dem General Manager der Rockets, Daryl Morey, schwebt dieser Spielstil ja schon lange vor. Ist der neue Headcoach Mike D'Antoni mit seiner Philosophie das entscheidende Puzzleteil für die Umsetzung des "Moreyballs"?

Beverley: Mike ist aufgrund seiner großen Erfahrung ein absoluter Trainer-Guru. Ich denke, dass er für unsere Mannschaft zum jetzigen Zeitpunkt eine ideale Lösung ist! Es macht viel Freude, mit ihm und seinem gesamten Trainerstab jeden Tag zu arbeiten. Und seine Handschrift ist durch die Art und Weise, wie wir auftreten, deutlich sichtbar. Er vertraut den Spielern und wir Spieler vertrauen ihm.

SPOX: Wie wichtig war die Tatsache, dass die Rockets im bisherigen Verlauf mit ihrem Moreyball bereits Topteams wie die Spurs, Clippers und Warriors besiegen konnten - gerade im Hinblick auf das Vertrauen und die Überzeugung in eben diese Spielweise?

Beverley: Das hilft natürlich schon enorm. Wir haben gesehen, dass wir in der Lage sind, die von Ihnen genannten Mannschaften zu schlagen, wenn wir unseren Plan von der ersten bis zur letzten Minute umsetzen und durchziehen. Unser Ziel ist es ganz klar, das beste Team in der NBA zu werden beziehungsweise zu sein. Natürlich wissen wir auch, dass zwischen der Regular Season und den Playoffs nochmals ein großer Unterschied ist. Aber wir sind überzeugt, dass wir mit unserer Spielweise den Titel holen können.

SPOX: Eben jene Überzeugung schien bei den Rockets der Saison 2015/2016 nicht wirklich vorhanden gewesen zu sein. Wie lassen sich die beiden Teams aus dem vergangenen und diesem Jahr miteinander vergleichen?

Beverley: Die letzte Saison ist Vergangenheit - und deshalb möchte ich darauf auch gar nicht mehr zu sprechen kommen! Ich konzentriere mich einzig und alleine mit meiner Mannschaft auf diese Spielzeit. Was war, ist Geschichte.

SPOX: Denken Sie, dass die jetzige Spielweise der Rockets auch möglich wäre, würde ein Dwight Howard nach wie vor im Kader stehen?

Beverley: Das war ein guter Versuch von Ihnen. (lacht) Aber ich denke, dass man diese Frage nicht beantworten kann. Wie gesagt, meine Konzentration liegt einzig und alleine auf unserem aktuellen Team und der jetzigen Saison.

SPOX: Abschließend sei aber dennoch ein weiterer Vergleich erlaubt: Hat sich in Ihren Augen das Auftreten von Ihrem Teamkollegen James Harden sowohl auf als auch neben dem Spielfeld in dieser Saison nochmals entscheidend verändert?

Beverley: Ja, das würde ich schon sagen! James war eigentlich schon immer ein großartiger und einzigartiger Basketball-Spieler, der gerade in der Offensive unberechenbar ist. Er hat einen verdammt guten Wurf sowohl von der Drei-Punkte-Linie als auch Mitteldistanz, kann exzellent das Brett attackieren, hat dabei aber auch immer das Auge für den freien Mitspieler. Dementsprechend sind auch seine Pass-Qualitäten erstklassig. Seine Fähigkeiten kommen jetzt in unserem System noch besser zum Tragen. Darüber hinaus tritt er nun noch intensiver als unser Leader auf und trägt die Mannschaft auf seinen Schultern. James ist einfach ein wahrer Anführer.

Patrick Beverley im Steckbrief

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema