"Auf den letzten 15 Metern kam das Adrenalin"

Von Interview: Stefan Petri/Florian Schimak
Jason Lezak jubelt nach seinem sensationellen Gold-Endspurt in der Staffel
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SPOX: Schauen Sie sich die Staffel heute noch ab und zu an?

Lezak: Daheim schaue ich es mir nicht alleine an. Aber trotzdem sehe ich sie sogar ziemlich oft, wenn ich unterwegs bin und man es zeigt, bevor ich eine Rede halte, oder auf Schwimmcamps. Dann sehe ich das Rennen als Fan, aber manchmal trifft es mich plötzlich und ich denke mir: "Wow, das warst du!" Es ist ziemlich cool, eine solche bleibende Erinnerung zu haben.

SPOX: Wie sieht es mit einer Reunion aus, in der sie das Rennen als Quartett Revue passieren lassen?

Lezak: Wir sind Freunde, aber wenn wir uns heute sehen, dann reden wir über die Dinge, über die Freunde eben so reden. Da kommen unsere Rennen nicht vor. Wir reden über das Leben, was gerade so los ist, über unsere Kinder und solche Sachen. Manchmal treffe ich Cullen oder Garrett auf Vorträgen, dann sprechen wir zusammen über das Rennen, was sehr viel Spaß macht. Es ist definitiv lustiger, mit meinen Teamkollegen über das Rennen zu sprechen als ganz allein.

SPOX: Das bleibende Bild der Staffel war der anschließende Jubel von Michael Phelps. Er bekam einen Bonus von einer Million Dollar von Speedo für seine acht Goldmedaillen. Hat er den mit Ihnen geteilt?

Lezak: (lacht) Nein, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Für mich war es einfach toll, dass ich bei ein paar Gold-Staffeln in seinem Team sein konnte. Er wusste: Ich kann bei Olympia fünfmal Gold gewinnen - aber für die drei anderen brauche ich meine Teamkollegen. Wir hatten einfach alle richtig gute Wettbewerbe und konnten ihm dabei helfen, achtmal Gold zu holen. Es musste alles perfekt passen, und das hat es auch, obwohl es einmal im Einzel und einmal in unserer Staffel sehr eng war. Das waren perfekte Spiele für ihn. Vielleicht werden wir nie wieder sehen, wie ein Sportler acht Goldmedaillen gewinnt - und ich war ein Teil davon.

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SPOX: Phelps wird in Rio wieder an den Start gehen. Er ist mittlerweile auch schon 31. Sind erneut mehrere Goldmedaillen möglich?

Lezak: Es wird schwer. Ich hoffe, dass er Erfolg hat und wünsche ihm alles Gute. Aber das ist wird eine riesige Herausforderung. Wenn man sich den Rest der Welt anschaut, dann haben die Anderen bei vielen Events enorm aufgeholt. Es gibt nicht mehr so viele Schwimmer, die ihre Strecken derart dominieren wie es vielleicht früher der Fall war. Ich hoffe, dass er alles gewinnt, aber die Konkurrenz ist wirklich auf jeder Strecke enorm stark.

SPOX: Wird es also keinen zweiten Michael Phelps mehr geben? Sind seine Rekorde unantastbar?

Lezak: Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber mein Tipp ist nein. Es gibt mittlerweile so viele starke Athleten, und immer mehr spezialisieren sich. Michael musste gegen Schwimmer antreten, die sich auf einzelne Strecken spezialisiert hatten, und er konnte sie trotzdem schlagen. Aber heutzutage werden diese Spezialisten immer besser. Deshalb wäre es mittlerweile eine noch größere Herausforderung, so viele Spezialisten auf ihren eigenen Strecken zu schlagen.

SPOX: Wer wird nach ihm der nächste Superstar des Schwimmsports werden?

Lezak: Das weiß ich nicht. Ich glaube, wir haben derzeit keinen so vielseitigen Athleten. Es gibt einige, die drei Goldmedaillen gewinnen können, vielleicht auch vier. Aber so viele Medaillen zu gewinnen ist unglaublich, das sehe ich momentan einfach nicht. Vielleicht Ryan Murphy, der die Rückenstrecken und die Staffel gewinnen kann. Oder Caleb Dressel, der 2020 vielleicht die 50 und 100 Meter Freistil und ein paar Staffeln gewinnen könnte. Michael Andrew ist ein weiteres großes Talent. Aber das ist schwer vorherzusagen. Man muss abwarten, wie sie sich entwickeln.

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SPOX: Was erwarten Sie von Rio?

Lezak: Ich erwarte, dass sich die Amerikaner wieder sehr gut verkaufen werden, so wie eigentlich immer. Aber der Rest der Welt ist so gut geworden, dass wir vielleicht die dominanteste Nation mit den meisten Medaillen werden, aber darunter nicht mehr so viele Goldmedaillen sind wie früher. Die Leistungsdichte im Schwimmen ist mittlerweile unheimlich groß - es ist nicht mehr so einfach wie früher.

SPOX: Die superschnellen High-Tech-Anzüge wurden abgeschafft. Fanden Sie die Entscheidung richtig?

Lezak: Das war eine schwere Entscheidung. Ich wünschte mir, Sie hätten die Anzüge behalten, aber dafür gesagt: "Bis hierher und nicht weiter." Stattdessen hat man sie komplett zurückgezogen, und das ist schade, weil viele Weltrekorde nun auf sehr lange Zeit kaum angreifbar sein werden. Die Frauen haben in dieser Hinsicht einen Vorteil, weil sie weiter High-Tech-Anzüge tragen. Vielleicht nicht so gut wie die alten, aber sie sind trotzdem ziemlich gut, und sie bedecken sehr viel mehr als bei den Männern. Man hätte die alten Anzüge einfach behalten sollen.

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