"Da kommt Samba-Feeling auf"

Von Interview: Frederick Müller
Mareen Apitz beim Shooting für einen Vereinskalender
© getty

Die Volleyball-Damen stehen kurz vor der Europameisterschaft in Belgien/Niederlande (26.09-04.10.). Zuspielerin Mareen Apitz spricht über die deutschen Chancen und erklärt, warum Rio 2016 schon ein wichtiges Thema ist. Mit SPOX sprach die 28-Jährige außerdem über ungewöhnliche Trainingsmethoden, leere Hallen in Baku, kräftezehrende Reisen und das Flair von Rio.

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SPOX: Frau Apitz, Männer-Bundestrainer Vital Heynen hat vor kurzem mit einer "Höllenwoche" für Aufmerksamkeit gesorgt. Es wurde unter anderem Sprech- und Handyverbot erteilt, zudem gab es mehrere Teambuilding-Maßnahmen. Wäre das auch was für das Frauen-Team und haben Sie schon ähnliche Erfahrungen gemacht?

Mareen Apitz: Zuletzt vielleicht im Jugendbereich. Ich habe Vital in Baku bei den European Games kennengelernt. Und ich muss sagen: Das passt zu ihm. (lacht) Das passt als Einfluss auf das Team. Wenn er so etwas macht, dann ist das nicht erzwungen, sondern hat Hand und Fuß. Ich halte es für eine coole Aktion. Die Männer werden im Oktober eine erfolgreiche EM spielen.

SPOX: Die Frauen sind schon vorher dran. Gelingt nach Silber 2011 und 2013 diesmal der große Coup mit dem Titel?

Apitz: Da denkt im Moment keine von uns dran. Das ist zwei beziehungsweise vier Jahre her, da waren die Konstellationen anders. Es wäre natürlich wünschenswert, Europameister zu werden. Aber wir gehen das Turnier in kleineren Schritten an.

SPOX: Warum so zurückhaltend?

Apitz: Wir haben ein junges Team und einen neuen Trainer. Man darf keine Wunder erwarten. Im Sommer erzielten wir außerdem keine überraschend guten Ergebnisse. Insofern gehen wir Step-by-Step durch die EM. Und die fängt direkt mit dem Kracherspiel gegen Serbien an. Die Serbinnen qualifizierten sich erst kürzlich für Olympia und sind bärenstark drauf. Gegen Tschechien und Rumänien müssen wir gewinnen - und dann geht die EM so richtig los.

SPOX: Sie haben den neuen Trainer angesprochen. Was hat sich denn seit der Amtsübernahme von Luciano Pedulla im Februar verändert?

Apitz: Mir persönlich hat er technisch-taktisch mit kleinen Hinweisen viel geholfen. Das muss ich jetzt in die Mannschaft einbringen. Er muss mit jungen Spielerinnen arbeiten, die diesen Sommer auf internationalem Level spielen müssen. Dafür ist viel Arbeit nötig. Er steht stundenlang mit uns in der Halle, arbeitet sehr akribisch, gleichzeitig aber mit großer Ruhe. Das zahlt sich dann hoffentlich bald aus.

SPOX: Pedullas Vorgänger Giovanni Guidetti ist dagegen eher als Heißsporn bekannt. Was ist Ihnen lieber?

Apitz: Wir müssen uns auf den Trainer einstellen, so wie der Trainer sich auf uns einstellen muss. Ich komme mit beiden sehr gut klar. Bei Pedulla vermisse ich jedenfalls nichts. Das sind seine Eigenschaften und damit arbeite ich. Er pflegt einen sehr professionellen Umgang, der sehr angenehm ist.

SPOX: Fakt ist: Bei der Copa Rio International im Sommer gab es keinen einzigen Sieg, was die EM-Erwartungen gedämpft hat. Dennoch soll es im nächsten Jahr wieder nach Brasilien gehen. Wie groß ist der Traum von Olympia?

Apitz: Olympia ist der größte Traum überhaupt. Im Hinterkopf sind die Spiele seit langer Zeit präsent. Wir wollen da unbedingt hin. Ein knappes Jahr vorab an der Copacabana gewesen zu sein, war ein tolles Erlebnis. Auch bei den Spielen in der Halle, in der das Endspiel stattfinden wird, konnte man das Flair schon ein bisschen aufnehmen. Trotzdem muss noch einiges passieren in dem Land. So viele Sportstätten habe ich auf unseren Wegen noch nicht wahrgenommen. Da kommt noch jede Menge Arbeit auf das Land zu. Insgesamt war es aber ein toller Vorgeschmack. Die wenigen Leute, die das kleine Turnier in der Halle verfolgten, haben angedeutet, was für ein Samba-Feeling aufkommen kann.

SPOX: Korea, Rio, Hongkong: Insgesamt sind Sie mit der Nationalmannschaft viel unterwegs. Entschädigt die Reiserei manchmal die harte Arbeit, oder ist es eher eine zusätzliche Belastung?

Apitz: Wenn man eine lange Reise hinter sich hat, geht es meistens direkt in die Halle. Da beschwert sich der Körper schon manchmal und scheint zu sagen: So kurz nach dem Flug, muss das sein? Aber es ist doch toll, die verschiedenen Länder durch den Sport erleben zu dürfen. Es ist schön, Einblicke in andere Nationen zu bekommen.

SPOX: Also mehr Belohnung als Belastung.

Apitz: Auf jeden Fall. Man wächst ja auch damit auf. Früher waren es die kleineren Strecken, heute sind wir eben weltweit unterwegs. Reisen, aus der Tasche leben, an Feier- oder Geburtstagen unterwegs sein, das gehört alles zu einem Sportlerleben dazu. Aber irgendwann ist das ja auch vorbei.

Seite 1: Apitz über außergewöhnliches Training, Olympia und die viele Reiserei

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