Darts-Profi Mensur Suljovic im Interview: "Ich spiele die WM nicht gerne"

Mensur Suljovic geht nicht mit einem guten Gefühl in die Darts-WM
© pdc

Mensur Suljovic hat im Jahr 2017 den Sprung unter die besten Darter der Welt geschafft. Im Interview erklärt der Österreicher, warum er dennoch nicht mit einem guten Gefühl in die Darts-WM (täglich live auf DAZN und im LIVETICKER) geht. Außerdem spricht Suljovic über seine Bereitschaft für die Premier League, Nachteile der steigenden Aufmerksamkeit und die Verarbeitung seines ersten Majortitels.

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SPOX: Herr Suljovic, wenn man Darts-Profis nach Tipps für das eigene Spiel fragt, sagen Sie häufig, jeder müsse spielen, wie er sich am wohlsten fühlt. Haben Sie sich von irgendwem Inspirationen geholt, als Sie begonnen haben?

Mensur Suljovic: Ja, ich habe ein paar Leuten beim Spielen zugeschaut, die wirklich super waren. Die habe ich immer gefragt, wie sie sich auf die Doppel fokussieren können. Auf die Triple kommt man irgendwann einmal und die trifft man wirklich schneller, aber am Schluss wird man immer nervös und stellt sich die Frage: Wie trifft man jetzt die Doppel? Da gibt nicht jeder gerne Tipps, aber ein Spieler hat mir tatsächlich Hinweise gegeben, die mir geholfen haben. Die werde ich Ihnen aber nicht verraten. (grinst) Am allerwichtigsten ist es, jeden Tag die Doppel zu trainieren. Und das mache ich immer noch.

SPOX: Bei Ihnen fällt auf, dass Sie mit der Doppel 14 ein außergewöhnliches Lieblingsdoppel haben. Was ist die Geschichte dahinter?

Suljovic: Beim ersten World Grand Prix habe ich im ersten Spiel versucht, auf die Doppel 16 zu spielen und ich war immer knapp dran, aber es hat einfach nicht funktioniert. Der Dart war immer knapp draußen oder knapp in der Single 16. Irgendwann dachte ich, es ist einfach nicht mein Doppel.

SPOX: Also mussten Sie sich Alternativen überlegen.

Suljovic: Ich habe mir dann gedacht, 14 und 11 sind gleich nebeneinander. Da ist die Chance größer, mit einer vernünftigen Punktzahl einzusteigen, da hatte ich ein gutes Gefühl. Also wollte ich auf die 14 gehen und hatte im Hinterkopf: Wenn es nicht geht, gehst du halt wieder zurück, das ist ja kein Problem.

SPOX: Aber Sie mussten nicht zurück.

Suljovic: Das Feld hat dann top funktioniert. Ich hatte Einstiegsquoten über 70 Prozent. Natürlich überlegt man dann, ob es gut ist, so ein Feld anzuspielen. Aber ich bin ohnehin der Meinung, dass man nicht stur auf Tops oder Doppel 16 spielen, sondern auch ab und zu wechseln sollte. Wir haben auch immer wieder Besonderheiten gesehen. Beispielsweise Simon Whitlock hat eine ganze Zeit die Doppel 13 gespielt und die ist super gelaufen. Man darf nicht stur sein und muss ein bisschen nach seinem Gefühl gehen.

SPOX: Ihr Gefühl leitet Sie dennoch meist zur Doppel 14. Gab es in den letzten Jahren Phasen, in denen Sie überlegt haben, wieder langfristig auf ein anderes Checkout zu setzen?

Suljovic: Ich hatte schon Phasen, in denen ich Schwierigkeiten auf die Doppel 14 hatte und in denen ich eine Zeitlang auf Doppel 16 umgestiegen bin. Aber das darf man auch nicht überbewerten. Gewisse Finishes kann man ja auch nicht heraufbeschwören. Du spielst, eine Zahl bleibt stehen und die spielst du an. Du musst alle Doppel treffen können.

SPOX: Sie haben zwischendurch lange mit einem Mentaltrainer gearbeitet. Wie muss man sich diese Arbeit vorstellen und warum haben Sie vor zwei Jahren damit aufgehört?

Suljovic: Er hat mich sehr weit gebracht, aber irgendwann hast du alles auf einer CD, auf einem Stick oder dem Handy. Dann kannst du immer wieder darauf zurückgreifen und dir vor Augen führen, was du zu tun hast. Beim Einschlafen ist es am besten. Du musst beim Einschlafen einen Neun-Darter im Kopf haben. Du musst ihn richtig sehen. Ich bin überzeugt davon, dass ich es ohne den Mentaltrainer nicht so weit geschafft hätte, wie ich heute bin.

SPOX: In diesem Jahr haben Sie es sehr weit geschafft. Sie haben mit der Champions League in Cardiff Ihren ersten Majortitel gewonnen. Wie lange haben Sie gebraucht, um diesen Erfolg zu verarbeiten?

Suljovic: Ich habe den gesamten nächsten Tag komplett gezittert, mehr als direkt nach dem Match. Gott sei Dank haben wir jede Woche ein Turnier. Deswegen ging es relativ schnell, den Fokus auf das nächste Turnier zu legen. Du vergisst dann automatisch alles, wenn du dich auf deinen nächsten Gegner vorbereitest. Spätestens wenn du das nächste Mal verloren hast, hast du den Erfolg vergessen. Aber bei uns waren natürlich auch jeden Tag Medien zu Gast und ich habe so viele Interviews wie noch nie zuvor in meinem Leben gegeben. Und auf der Straße haben mich Leute angesprochen. Das ist wirklich schön. Ich habe mich wirklich gefreut. Ich habe nie und nimmer geglaubt, dass ich das Turnier gewinnen kann, aber umso mehr freust du dich dann. Das war mein Wochenende.

SPOX: Ist das wirklich nur Vorteil oder kann es auch Nachteil sein, wenn die Aufmerksamkeit und das Interesse an Ihrer Person immer mehr steigt?

Suljovic: Ich muss ehrlich sagen, dass es auch Nachteile hat. Du willst niemanden beleidigen oder vor den Kopf stoßen. Dann kommen so viele Anfragen zu Interviews. Wenn du dich den ganzen Tag mit verschiedenen Leuten triffst, kommst du nicht zum Trainieren. Und das brauche ich, um mein Spiel auf einem hohen Niveau zu halten. Wenn ich die Zeit habe, rede ich gerne mit den Medien, denn ohne Medien schafft man es nicht nach oben. Aber die Priorität muss sein: Training, Gewinnen, Erfolge haben und dann kommt die Medienarbeit. Wenn ich in Pension bin, habe ich genug Zeit für Interviews. (lacht)

SPOX: Sie betonen immer wieder, dass Sie ein Familienmensch sind. Was vermissen Sie in den langen Tourwochen am meisten?

Suljovic: Die ganze Familie, aber vor allem natürlich meine Kinder. Mein Sohn ist jeden Tag, wenn ich zu Hause bin, mit mir unterwegs. Er ist der einzige, der sich freut, wenn ich verliere. Der Papa kommt nach Hause. Für mich ist es immer das Wichtigste, dass es in der Familie passt.

SPOX: Ihre großen Erfolge haben Sie mittlerweile auf Platz fünf der Order of Merit gespült. Steigert das die Trainings-Motivation oder läuft man Gefahr, es im Erfolg auch mal schleifen zu lassen?

Suljovic: Diese Gefahr besteht auf jeden Fall, nachzulassen oder weniger zu trainieren. Aber dessen bin ich mir bewusst. Und für mich gilt eher das Gegenteil: Jetzt muss ich noch mehr trainieren als früher, denn jetzt ist der Druck noch größer. Ich möchte nicht abfallen und das geht schnell. Die Rangliste ist so eng. Wenn du ein paar Turniere nichts gewinnst, bist du sofort raus aus den Top 16. Und wenn das passiert, ist es wirklich sehr hart. Es ist ein riesiger Vorteil, sich nicht mehr für jedes Turnier qualifizieren zu müssen. Wir reisen bei der European Tour am Freitag an und spielen am Samstag. Das ist eine riesige Erleichterung. Aber ich habe auch hart dafür gearbeitet, genauso wie jeder andere auf der Tour.

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