Martin Schindler im Interview: "Mag die Vergleiche mit Max nicht"

Martin Schindler startet jetzt bei der Darts-WM 2019.
© Lawrence Lustig/PDC
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SPOX: Man hat bei der WM gesehen, dass jeder Erfolg in Deutschland einen kleinen Darts-Hype auslöst. Merken Sie selbst, dass das Interesse größer wird?

Schindler: Die Entwicklung ist stärker denn je und es wird noch lange dauern, bis sie stagniert. Für den deutschen Darts-Sport ist es entscheidend, dass einer von uns - egal ob Kevin, Max oder ich - oben angreift. Einer müsste mal bei der WM ins Viertel- oder sogar Halbfinale einziehen. Obwohl Deutschland bei Darts noch nicht oben dabei ist, habe ich vor der WM um die 50 Interviewanfragen bekommen.

SPOX: Welche Sie alle abgelehnt haben, um Ihre Vorbereitung nicht zu stören. Würden Sie das wieder so machen? Immerhin birgt die Zeit vor der WM das größte Marketing-Potenzial...

Schindler: Ich brauche keinen Trubel um meine Person. Eine gewisse Aufmerksamkeit ist gut, diese will ich durch spielerische Leistungen erreichen. Klar ist aber auch: Je präsenter man in den Medien ist, desto bessere Sponsorenverträge bekommt man. Angesichts der anfallenden Kosten rund um ein Turnier finanzieren die Sponsoren das Leben.

SPOX: Seit wann können Sie von Darts leben?

Schindler: Seit Anfang des Jahres, als ich mir meine Tour Card erspielt habe. Mein Risiko hält sich zum Glück in Grenzen. Mein Manager Ioannis Selachoglou übernimmt alle Reisekosten, im Gegenzug erhält er einen prozentualen Anteil von meinen Preisegeldern. Außerdem lebe ich bei meinem Vater und will so viel Geld wie möglich sparen, um dann mit einem guten Polster auszuziehen und das Darts-Leben richtig starten. Vor rund eineinhalb Jahren sah das noch anders aus.

SPOX: Damals hatten Sie Ihr Abitur in der Tasche und wollten eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolvieren.

Schindler: Genau, ich habe rund 80 Bewerbungen geschrieben und wurde auch zu einigen Vorstellungsgesprächen eingeladen, aber es hat nie geklappt. Im Moment ist das ein Glücksfall, weil ich jetzt als Darts-Profi meine Brötchen verdienen kann, aber mit einem Plan B würde ich mich schon wohler fühlen. Wenn es im schlimmsten Fall in ein paar Jahren mit Darts nicht mehr klappt, wird es nicht einfach, mit dann 25 Jahren einen Ausbildungsplatz zu finden. Ich habe vor ein paar Monaten noch ein Verkehrswesen-Studium bei der TU Berlin angefangen, aber das ging zeitlich überhaupt nicht. Deshalb setze ich jetzt alles auf die Karte Darts.

SPOX: Das zahlt sich im Moment aus. Sie haben einige Erfolge gefeiert und sind im letzten Jahr in der Rangliste gestiegen. Warum lief 2017 so gut?

Schindler: Ein Faktor war natürlich die Tour Card, die ich mir Anfang des Jahres sichern konnte. Aber der ausschlaggebende Grund für meine Leistungsexplosion war der World Cup of Darts. Max Hopp und ich haben Nordirland und Brasilien geschlagen, das hat mir Selbstvertrauen gegeben und plötzlich habe ich kontinuierlich meine Erfolge eingefahren. Seit dem World Cup habe ich keine Qualifikation für ein European-Tour-Event verpasst.

SPOX: Beim World Cup of Darts waren Sie ganz nah dran an der riesen Sensation, als Sie 2:0 gegen van Gerwen in Führung gingen.

Schindler: Ja, das war grandios. Ich habe das Match mit meiner ersten 180 vor laufenden TV-Kameras überhaupt begonnen. Gleichzeitig war es meine erste Aufnahme gegen van Gerwen in meiner Karriere und dann direkt eine 180. Da habe ich ein paar persönliche Highlights gesetzt.

SPOX: Max Hopp und Sie sind die beiden erfolgreichsten Darts-Spieler in Deutschland. Naturgemäß werden da Vergleiche gezogen. Spielt das für Sie irgendeine Rolle?

Schindler: Ich mag die Vergleiche mit Max nicht. Für mich geht es nicht darum, die Nummer eins in Deutschland zu sein, das ist eine Nebensache. Max kann meinetwegen die Nummer eins von Deutschland sein, wenn wir im Gleichschritt Richtung Spitze marschieren. Ich kann von dem, was ich liebe, leben - und darauf kommt es an.

SPOX: Ist es für Sie ein Vorteil, dass Hopp immer sinnbildlich für die Entwicklung von Darts in Deutschland steht?

Schindler: Ich kenne es nur so, aber ich kann mir gut vorstellen, dass mir das geholfen hat. Während er immer den Ansprüchen gerecht werden musste, konnte ich mich in Ruhe in Max' Schatten entwickeln. Auf der anderen Seite hatte er eben auch früher größere Sponsorenverträge.

SPOX: Sie sind im letzten Jahr Platz für Platz nach oben geklettert und dürften nach der WM wohl wieder rund zehn Plätze gut machen (davor: 75). Haben Sie für das nächste Jahr ein konkretes Ziel?

Schindler: Das langfristige Ziel ist die Top 32, aber ob ich das 2018 schaffe, ist natürlich fraglich. Nächstes Jahr möchte ich meine Erfolge wiederholen und wieder beim World Cup of Darts, der European Darts Championship und der WM dabei sein.

SPOX: Wie groß ist die Lücke zu den Top-32?

Schindler: Spielerisch fehlt nicht viel. Aber ich muss mental besser werden und meinen Gegnern öfters eine Nackenschelle geben. Auch wenn das phänomenal aussieht, wenn ein van Gerwen 110 Punkte ins Brett knallt, der Average ist Nebensache. Das richtige Timing entscheidet die Matches und da sind die Top-Spieler gnadenlos.

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